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Stuttgart-21: Polizeieinsatz kostet rund vier Millionen Euro

Stuttgart-21

Polizeieinsatz kostet rund vier Millionen Euro

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    Etwa 600 Demonstranten versammelten sich am Freitag, um den Südflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs zu blockieren.
    Etwa 600 Demonstranten versammelten sich am Freitag, um den Südflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs zu blockieren.

    Der Polizeieinsatz zum Schutz der Stuttgart-21-Baustelle am Südflügel des Hauptbahnhofes hat das Land rund vier Millionen Euro gekostet. Die Polizisten waren von Freitag bis Montag insgesamt rund 59 000 Stunden im Einsatz. Das verursachte Kosten von 2,7 Millionen Euro, sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Mit einem massiven Aufgebot von 2200 Beamten hat die Polizei den Weg für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten am Stuttgarter Hauptbahnhof frei gemacht.

    Lob für besonnenen Polizeieinsatz

    Im Gegensatz zum Einsatz im Herbst 2010 gab es in der Nacht jedoch keine gewalttätigen Auseinandersetzungen mit S-21-Gegnern. 2200 Beamte räumten das Gebiet um den Südflügel des Hauptbahnhofs ohne größere Zwischenfälle. Nach dem heftig umstrittenen Einsatz von Wasserwerfern und Pfefferspray gegen Demonstranten am 30. September 2010 – weithin bekannt als „Schwarzer Donnerstag“ – wollte die Polizei dieses Mal jede Eskalationvon vornherein unterbinden. Schon im Vorfeld hat der besonnene Polizeichef Thomas Züfle das Gespräch mit den Aktivisten gesucht, in der Nacht redeten Anti-Konflikt-Teams und Kommunikationsmanager auf die Demonstranten ein. Regierung und S-21-Gegner lobten den besonnenen Polizeieinsatz.

    Forderungen nach Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte bleibt bestehen

    Rund 600 Stuttgart-21-Gegner hatten sich in der Nacht zum Freitag der Polizei beim Absperren der Baustelle am Stuttgarter Hauptbahnhof in den Weg gesetzt und Barrikaden errichtet. Um kurz nach 3 Uhr waren die Polizeibeamten, darunter 400 Bundespolizisten im Einsatz. Am frühen Morgen begann die Polizei dann, die Demonstranten vor dem Südflügel des Bahnhofs wegzutragen. Zuvor hatten Beamte bereits Barrikaden aus Holz, Pappe und Möbeln geräumt. Einige Polizisten trugen dabei fast am ganzen Körper besondere Schutzkleidung.

    Chronologie: Großprojekt Stuttgart 21

    November 1995: Bahn, Bund, Land und Stadt unterzeichnen eine Rahmenvereinbarung, in der auch die Finanzierung des auf fünf Milliarden Mark (rund 2,5 Milliarden Euro) veranschlagten Projekts festgelegt wird.

    November 1997: Das Düsseldorfer Architektenbüro von Christoph Ingenhoven erhält den Zuschlag für den Umbau in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof mit großen Lichtaugen.

    Oktober 2001: Das Planfeststellungsverfahren beginnt.

    Juli 2004: Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung der Bahn gibt die neuen Kosten von Stuttgart 21 mit 2,8 Milliarden Euro an.

    April 2006: Das oberste Verwaltungsgericht Baden-Württembergs weist drei Klagen gegen den geplanten Umbau des Hauptbahnhofs ab.

    20. Dezember 2007: Der Gemeinderat der Landeshauptstadt lehnt einen Bürgerentscheid über das Milliardenprojekt mit großer Mehrheit ab. Rund 67.000 Bürger, dreimal mehr als notwendig, hatten dafür votiert.

    2008: Die Landesregierung erwartet Verteuerung auf 3,076 Milliarden Euro - der Bundesrechnungshof kommt auf mehr als fünf Milliarden Euro.

    2. April 2009: Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Bahn-Vorstand Stefan Garber unterzeichnen die Finanzierungsvereinbarung.

    2. Februar 2010: Die Bauarbeiten beginnen.

    27. Juli 2010: Bahnchef Grube gibt für die Schnellbahntrasse nach Ulm eine Kostensteigerung um 865 Millionen Euro auf 2,9 Milliarden Euro bekannt.

    11. August 2010: Das Umweltbundesamt sieht für Stuttgart 21 und die neue Schnellbahntrasse eine weitere Kostenexplosion auf bis zu elf Milliarden Euro.

    25. August 2010: «Baggerbiss» am Nordflügel des Hauptbahnhofs.

    September 2010: Die oppositionelle SPD, die wie die schwarz-gelbe Regierung für das Vorhaben ist, will die Bürger entscheiden lassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärt die Landtagswahl zur Abstimmung über das Bahnprojekt. Der Konflikt eskaliert. Bei der Räumung des Schlossgartens werden weit mehr als 100 Demonstranten verletzt, einige davon schwer. Auch Dutzende von Polizisten erleiden Verletzungen. Kurz nach Mitternacht werden die ersten Bäume gefällt.

    06. Oktober 2010: Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) schlägt den früheren CDU-Generalsekretär Heiner Geißler als Schlichter vor.

    09. Oktober 2010: Der Protest wächst weiter: Rund 65.000 Menschen gehen nach Schätzungen der Polizei gegen das Bahnprojekt auf die Straße. Die Veranstalter sprechen von 90.000 bis 100.000 Teilnehmern.

    22. Oktober - 27. November 2010: Acht Runden öffentlicher Schlichtung.

    30. November 2010: Geißler spricht sich in seinem Schlichterspruch für den Weiterbau des Projekts aus, verlangt aber Nachbesserungen. So schlägt er einen Stresstest vor, der zeigen soll, ob der geplante Tiefbahnhof wie behauptet 30 Prozent leistungsfähiger ist als der Kopfbahnhof. Die Ergebnisse werden im Sommer 2011 erwartet.

    10. Januar 2011 : Die während der Schlichtung unterbrochenen Bauarbeiten werden fortgesetzt - begleitet von Protesten.

    27. März 2011: Bei der Landtagswahl siegen Grüne und SPD.

    29. März 2011: Zwei Tage nach dem Regierungswechsel verkündet die Bahn einen Bau- und Vergabestopp bis zur Regierungsbildung im Mai.

    27. April 2011: Grüne und SPD präsentieren ihren Koalitionsvertrag. Die beiden Parteien einigen sich, über die Zukunft von Stuttgart 21 per Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Im Juni soll außerdem ein Stresstest zeigen, ob der Bahnhof teuer nachgerüstet werden muss.

    12. Mai 2011: Winfried Kretschmann wird nach dem Wahlsieg erster grüner Ministerpräsident der deutschen Geschichte.

    3. Juni 2011: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann fordert in einem Gespräch mit Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer einen längeren Bau- und Vergabestopp. Ramsauer lehnt dies ab.

    14. Juni 2011: Die Deutsche Bahn nimmt die nach dem Regierungswechsel unterbrochenen Bauarbeiten wieder auf. Erneut kommt es zu kleineren Demonstrationen und Blockaden.

    9. Juli 2011: Erneut kommt es zu größeren Demonstrationen. Tausende Menschen fordern einen «Baustopp für immer».

    21. Juli 2011: Der geplante Bahnhof besteht den von einer Schweizer Firma durchgeführten Stresstest.

    29. Juli 2011: Das Ergebnis des Stresstests wird offiziell präsentiert. Auch das Aktionsbündnis gegen das Bahnhofsprojekt nimmt an dem Termin teil, nachdem zunächst ein Boykott erwägt worden war.

    27. November 2011: Eine Mehrheit hat sich für den Tiefbahnhof Stuttgart 21 entschieden. Rund 7,6 Millionen Stimmberechtigte waren aufgerufen, über das S21-Kündigungsgesetz abzustimmen. 58,9 Prozent stimmten gegen den Ausstieg des Landes aus der Projektfinanzierung, 41,1 Prozent stimmten für den Ausstieg.

    23. März 2012: Die Bahn gibt bekannt, dass der Bahnhof voraussichtlich erst mit einem Jahr Verzögerung im Jahr 2020 in Betrieb geht - und sieht die Bausumme nach wichtigen Vergaben bei 4,3 Milliarden Euro.

    3. Dezember 2012: Aus Kreisen des Bahn-Aufsichtsrats heißt es, Stuttgart 21 könne rund eine Milliarde Euro teurer werden. Summe damit etwa: 5,5 Milliarden Euro.

    6. Dezember 2012: Noch einmal 500 Millionen Euro mehr. Ein Vertreter des Bahn-Konzerns sagt dem Hessischen Rundfunk: "Insgesamt läuft es auf Kosten von sechs Milliarden hinaus."

    12. Dezember 2012: Nun zwei Milliarden Euro mehr? Unter Berufung auf Regierungskreise zitiert die "Stuttgarter Zeitung" Studien, wonach die Mehrkosten mindestens bei 1,3 Milliarden Euro, schlimmstenfalls bei 2 Milliarden Euro liegen.

    Immer wieder wurden in der Vergangenheit Forderungen nach einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte laut, die die Gewerkschaftsvertretungen der Polizei bisher vehement ablehnen. In Berlin und den USA gehört die namentliche Kennzeichnung der Polizisten längst zur Normalität.

    Als die Polizisten kamen, bildeten viele Sitzblockaden. Mit Trompeten spielten Demonstranten die deutsche Nationalhymne. Andere riefen: "Oben bleiben!", "Schämt euch!" und "Kretschmann weg!". Von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatten sie auch nach der verlorenen Volksabstimmung mehr Engagement gegen das auf 4,1 Milliarden Euro veranschlagte Projekt erwartet.

    Grüne verteidigen Fortsetzung des Bahnprojekts

    Zuletzt hatten nach Polizeiangaben noch rund 300 Gegner des Milliarden-Projekts Stuttgart 21 versucht, die Beamten bei ihrem Einsatz zu blockieren. Einige Demonstranten waren der Aufforderung der Polizei gefolgt und hatten das Gelände vor dem Südflügel freiwillig verlassen. Dieses soll mit Absperrgittern abgeriegelt werden. Die Bahn will den Gebäudeteil in den kommenden Tagen entkernen und abreißen lassen.

    Nach dem verlorenen Volksentscheid und dem Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner haben die Bundestags-Grünen den Weiterbau des umstrittenen Bahnprojekts verteidigt. Die Grünen stünden dafür, dass das, was entschieden wird, umgesetzt werde, sagte Fraktionschefin Renate Künast nach einer Fraktionsklausur in Weimar. Das ändere nichts daran, dass das vorgesehene Geld damit verkehrt ausgegeben werde. (dpa/AZ)

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