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Studien: Medikamente sollen in den 50ern an Heimkindern getestet worden sein

Studien

Medikamente sollen in den 50ern an Heimkindern getestet worden sein

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    Laut einer Studie wurden in den 1950er Jahren Medikamente an Heimkindern getestet.
    Laut einer Studie wurden in den 1950er Jahren Medikamente an Heimkindern getestet. Foto: Friso Gentsch, dpa

    An Essener Heimkindern sollen nach Recherchen von Experten Ende der 1950er Jahre Medikamente getestet worden sein. Das berichten das ARD-Magazin Fakt und der WDR. Die Ergebnisse gehen auf Recherchen im Archiv des Pharmaunternehmens Merck zurück.

    Medikamenten-Tests: Beruhigungsmittel an Heimkindern ausprobiert?

    Nach Recherchen von Experten in den 1950ern sollen demnach Medikamente an Heimkindern getestet worden sein. 28 Kinder hatten laut diesen im katholischen Franz-Sales-Haus das beruhigende Neuroleptikum Decentan bekommen, das nach Angaben von Arzneimittelexperten typischerweise bei Psychosen oder Schizophrenien eingesetzt wird. Als Folgen vermutlich zu hoher Dosierungen wurden unter anderem Schrei- und Blickkrämpfe oder auch psychische Veränderungen festgehalten.

    Die Ergebnisse gehen auf Recherchen im Archiv des Pharmaunternehmens Merck zurück. Ein Sprecher des Konzerns bestätigte am Mittwoch auf Anfrage, es gebe entsprechende Unterlagen im Archiv. Nach seinen Angaben gibt es aber keine Hinweise, dass die Tests im Auftrag des Unternehmens stattgefunden hätten.

    Merck habe unterschiedlichsten Einrichtungen "die Testung des Arzneimittels ermöglicht". Die Verantwortung liege bei dem Arzt, der das Medikament verabreicht habe. "Nach unserer Kenntnis hat Merck nicht rechtswidrig gehandelt. Daher stellt sich die Frage nach Wiedergutmachung nicht", stellte der Konzern fest. Merck unterstütze die Aufarbeitung der Fälle.

    Franz Sales Haus Essen will Kontakt zu möglichen Betroffenen aufnehmen

    Das Essener Franz Sales Haus wehrt sich gegen Vorwürfe, wonach in dem katholischen Behindertenheim Versuche mit Medikamenten an Kindern erfolgt seien. Im historischen Archiv des Hauses fänden sich keinerlei Hinweise auf solche Medikamententest, teilte die Pressestelle am Mittwoch mit. Das Essener Heim kündigte aber auch an, Kontakt zu den möglicherweise Betroffenen aufzunehmen. Bei der Aufarbeitung im Jahr 2012 von historischen Missbrauchsfällen in dem Heim sei die "Medikamentenvergabe" ein Thema gewesen, sagte eine Sprecherin. Externe Experten hätten aber keine Hinweise auf Medikamententests gefunden, sagte Barbara Steiner weiter.

    "Es war ja tatsächlich so, dass Medikamente an die Kinder ausgegeben worden sind, auch regelmäßig. Es hat sich im Archiv aber nichts gefunden, was auf Tests hingedeutet hat", sagte Steiner. Das Heim sei gesprächsbereit und werde auf die Betroffenen zugehen.

    Aufgedeckt hatte die Pharmazeutin Sylvia Wagner Tests an deutschen Heimkindern. Sie hatte Archive und historische Fachzeitschriften ausgewertet und Belege für bundesweit etwa 50 Versuchsreihen gefunden. Demnach wurden zwischen 1950 und 1975 Impfstoffe, Psychopharmaka und Libido hemmende Präparate an Kindern getestet. Für diese Arbeit hatte sie auch im Merck-Archiv recherchiert.

    Die Pharmazeutin stieß auch auf eine Versuchsreihe in der Jugendpsychiatrie Viersen-Süchteln am Niederrhein. Dort seien 30 Kinder im Alter zwischen 12 und 13 Jahren "aus ungünstigen Verhältnissen" mit dem Neuroleptikon Dipiperon behandelt worden, in Erwartung, dass sich "kindliche Verhaltensstörungen" besserten. Der Landschaftsverband Rheinland teilte mit, es habe früher in Einrichtungen immer wieder "Medikamentengaben" gegeben, aber von Medikamententests sei nichts bekannt.

    Wurden Medikamente an Heimkindern getestet? Studie soll geprüft werden

    Die nordrhein-westfälische Landesregierung kündigte eine Prüfung und Aufarbeitung der Studie an. "Unerlaubte Medikamententestes darf es nicht geben - damals wie heute nicht", sagte das Ministerium dem WDR.

    Zuvor hatte schon die Landesregierung in Schleswig-Holstein die Aufarbeitung von zwei Fällen in Schleswig-Holstein angekündigt. In der Schleswiger Jugendpsychiatrie des damaligen Landeskrankenhauses soll ein mittlerweile toter Arzt zwei Medikamente an insgesamt 95 Kindern und Jugendlichen erprobt haben. Die Landesregierung stellte eine Entschädigung in Aussicht. dpa/kna

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