Studie

So gefährlich sind Handys am Steuer

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    Smartphones und Co. haben laut Expertenmeinung den Alkohol als wichtigste Unfallursache abgelöst.
    Smartphones und Co. haben laut Expertenmeinung den Alkohol als wichtigste Unfallursache abgelöst. Foto: Stefan Heigl/Allianz

    Es sollte ein fröhlicher Facebook-Beitrag werden. „Der Happy-Song macht mich glücklich“, hatte die junge Frau während der Fahrt in ihr Smartphone getippt. Nur wenige Sekunden später war sie tot. Die 32-jährige Amerikanerin hatte beim Schreiben die Mittellinie überfahren, ihr Auto prallte daraufhin mit einem Müllwagen zusammen. Ihren letzten Beitrag hatte sie um 8.33 Uhr gepostet, keine Minute später ging der erste Notruf bei der Polizei ein.

    Die tragische Geschichte ging vor zwei Jahren um die Welt. Sie ist aber schon lange kein Einzelfall mehr. Das Handy wird seit einigen Jahren mehr und mehr zum Unfallrisiko. Nachdem es lange Zeit immer weniger Verkehrstote auf deutschen Straßen gab, klettert die Zahl seit 2014 wieder nach oben. Glaubt man Experten, dann liegt das vor allem an der Ablenkung durch Smartphone, Navigationssystem oder Bordelektronik. Die Macher der Sicherheitsstudie der Allianz-Versicherung gehen nun noch einen Schritt weiter: Ablenkung, heißt es in dem Papier, sei mittlerweile gefährlicher als Alkohol am Steuer.

    Mit konkreten Zahlen aus Deutschland können die Wissenschaftler ihre These allerdings nicht untermauern. Denn die sogenannten Ablenkungsunfälle werden in der bundesweiten Unfallstatistik nicht erfasst – ein Umstand, den Experten schon seit Langem anprangern. Die Forschung bedient sich deshalb Schätzwerten. So gehen die Macher der Allianz-Studie davon aus, dass mindestens jeder zehnte tödliche Unfall von einem abgelenkten Autofahrer verursacht wird. Bei 3500 Menschen, die im vergangenen Jahr auf deutschen Straßen ums Leben kamen, wären das 350 Unfallopfer. Zum Vergleich: Die Zahl der Menschen, die bei Alkoholunfällen ums Leben kamen, lag im gleichen Zeitraum bei 256.

    Jeder zweite nutzt das Handy am Steuer

    Anders als beim Alkohol sind allerdings deutlich mehr Autofahrer potenziell durch Ablenkung gefährdet. Für die Sicherheitsstudie wurden in einer repräsentativen Umfrage 1600 Autofahrer in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt, wodurch sie sich im Auto ablenken lassen. Jeder zweite von ihnen gab dabei an, regelmäßig am Steuer das Handy zu benutzen. Knapp jeder vierte liest am Steuer Textnachrichten, 15 Prozent tippen während der Fahrt. Bei den Befragten, die jünger als 24 Jahre alt sind, ist die Zahl sogar doppelt so hoch.

    Mathias Scheuber, Schaden-Vorstand bei der Allianz, fordert nun ein Umdenken bei Autofahrern – ähnlich, wie es dies in den vergangenen Jahren auch beim Alkohol gegeben habe. „Früher war es nicht verwerflich, nach mehreren Gläsern Wein Auto zu fahren“, betont er. „Das ist gesellschaftlich heute nicht mehr akzeptiert, und zu dieser Haltung müssen wir auch bei der Smartphone-Nutzung am Steuer kommen.“

    Auch die Politik will strenger gegen die Handynutzung am Steuer vorgehen. Verkehrsminister Alexander Dobrindt plant, das Verbot auch auf Geräte wie Tablets oder E-Book-Reader auszuweiten und die Bußgelder für Handyverstöße anzuheben – von 60 auf 100 Euro. In schwereren Fällen sollen sogar 200 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot drohen.

    Viele Menschen sind sich allerdings oft gar nicht bewusst, dass sie etwas Verbotenes tun – und geben der Macht der Gewohnheit nach. Christoph Lauterwasser, Leiter des Allianz-Technikzentrums, rät Autofahrern, ablenkende Tätigkeiten vor der Fahrt zu erledigen. So könnten beim Navigationssystem Fahrtziel und Routenoption vor Beginn der Fahrt eingestellt werden. Auch das Smartphone könne schon vor der Fahrt mit der Freisprechanlage vernetzt werden. Autofahrern, die fast wie automatisch regelmäßig auf ihr Smartphone schauen, empfiehlt Lauterwasser, das Handy ganz bewusst wegzuräumen: „Am besten an einen Ort, an den man während der Fahrt ganz sicher nicht herankommt.“

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