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Studie: Interview: Warum Österreicher Deutsche nicht mögen

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Interview: Warum Österreicher Deutsche nicht mögen

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    Einer Studie zufolge kämpfen viele Deutsche mit Vorurteilen in Österreich.
    Einer Studie zufolge kämpfen viele Deutsche mit Vorurteilen in Österreich. Foto: Michael Kappeler, dpa (Symbolfoto)

    Der deutsche Wissenschaftler Thomas Köllen hat sich für die Wirtschaftsuniversität Wien mit der Frage beschäftigt, ob Deutsche, die in Österreich leben und arbeiten mit Ressentiments zu kämpfen haben. Das Ergebnis seiner Studie: "Die alltägliche Wahrnehmung einer anti-deutschen Grundstimmung wird von vielen Deutschen in Österreich geteilt." Im Interview erklärt er, welche Gründe er dafür sieht.

    In Ihrer Studie fallen Begriffe wie „Anti-Germanismus“ oder der „arrogante Deutsche“. Außerdem begegnet ein Teil Ihrer Befragten Ressentiments und Anfeindungen im Alltag. Warum mögen uns die Österreicher nicht?

    Thomas Köllen: In einem Satz kann man sagen: Weil wir so was wie ihr Gegenbild sind.

    Das Gegenbild wovon? Wie sehen sich die Österreicher selbst?

    Köllen: Sie sehen sich als charmant, selbstrelativierend, leise und beliebt. Das sind alles Adjektive, die sie den Deutschen nicht zuschreiben.

    Kitsch- und Heimatfilme prägen das Bild von Österreich

    Sie benutzen in Ihrer Studie den Begriff „Zuckerguss“, um Österreich zu beschreiben. Entspricht das dem Selbstbild, das die Österreicher von sich haben?

    Köllen: Ja, sehr viele zumindest. Das wird sogar dadurch bestärkt, dass es von den Deutschen zurückgespielt wird, dieses Kitsch- und Zuckerguss-Bild.

    Woher kommt das?

    Köllen: Dazu hat auch der deutsche Rundfunk beigetragen, weil er sehr viele österreichische Kooperationen hat und sich dazu instrumentalisieren ließ, Bilder zu transportieren. Denken Sie an das „Schloss am Wörthersee“. Und die zahlreichen Heimatfilme in den 1950ern, etwa die Sissi-Filme, die für den Österreich-Tourismus wunderbar waren.

    Und die der wahren Geschichte der Kaiserin Elisabeth nicht entsprechen.

    Köllen: Ja, dieses Narrativ von Österreich als etwas primär Nicht-Deutschem wurde auch durch den Rückbezug auf die Habsburger Zeit gestärkt. Eine Epoche zu der Sissi gehörte und die schöngefärbt wurde, weil sie scheinbar nichts mit Deutschland zu tun hatte.

    Abgrenzung hat historische Gründe

    Aber woher genau kommt denn der Wille, sich so von Deutschland abzugrenzen? Sie nur für arrogant zu halten, reicht da ja nicht aus.

    Köllen: Wenn Sie das die Österreicher selbst fragen würden, würden die meisten das wohl gar nicht klar beantworten können. Dann würde - je nachdem wie offen darüber gesprochen wird - gesagt werden, dass man es halt in die Wiege gelegt bekommen und mit der Muttermilch eingesaugt hat. Dass sie eben einfach gelernt haben, Deutschland nicht zu mögen und alles Deutsche kritisch zu beäugen. 

    In Ihrer Studie nennen Sie historische Gründe für diese Abgrenzung.

    Köllen: Es gibt Studien, die versucht haben, das greifbar zu machen. Da kommt klar heraus, dass dieses Bild, das heute existiert, nach dem Zweiten Weltkrieg erzeugt wurde in bewusster politischer Abgrenzung zu Deutschland und allem, was mit Deutschland verbunden schien. Eben auch die Kriegsgeschichten und die NS-Zeit. Es gehörte zur Staatsräson, die Verbindungslinien zu kappen. Auch in dem Bestreben, als Österreicher positiv dazustehen. Die Medien spielen ganz stark eine Rolle, weil sie den Diskurs prägten.

    Die NS-Zeit ist ja jetzt schon einige Jahre her, ändert sich etwas an dem Diskurs?

    Köllen: Die Medien sind zumindest nicht mehr die Brandbeschleuniger. Man sieht, dass da schon im Moment was passiert.

    Und wie sieht es bei jungen Österreichern aus, die mit der historischen Vergangenheit kaum noch etwas zu tun haben? Bewegen die sich auch langsam weg vom „Anti-Germanismus“?

    Köllen: Das, denke ich, kann man schon feststellen. Vor allem die Generation, die jetzt an den Unis ist oder an der Schule oder noch jünger. Da ist die Notwendigkeit nicht mehr so groß, sich über Deutschland zu definieren wie für die Generation davor.

    Der Deutsche als "Piefke"

    Sie haben untersucht, wie sich diese Abgrenzung im Berufsalltag der Deutschen, die in Österreich arbeiten, äußert. Wie äußert sie sich denn?

    Köllen: Im Bild von „wir Österreicher“, die diese positiven Attribute transportieren und „ihr, die Deutschen“. Wenn es dann am Arbeitsplatz um scheinbar ganz alltägliche Dinge geht und Deutsche involviert sind, heißt es oft „wir“ und „ihr“. Da reichen schon Kleinigkeiten, um dann zu generalisieren. Mit dem Effekt, dass die Deutschen in diesem Moment abgewertet werden. Das kristallisiert sich auch sehr stark in dem Begriff „Piefke“.

    Das ist der Name, den die Österreicher den Deutschen gegeben haben. Woher kommt er?

    Köllen: Schwer zu sagen, darüber gibt es verschiedene, unterschiedliche Berichte. Das ist aber etwas, das viele Österreicher selbst nicht genau wissen. Für sie ist es zweitrangig, weil sie ja wissen, was damit gemeint ist. Als Deutscher läuft man jedoch Gefahr, ihn als niedlicher oder positiver zu interpretieren, als er gemeint ist.

    Wie haben die Deutschen, die Sie befragt haben, auf solche Ausgrenzungen reagiert?

    Köllen: Es braucht eine gewisse Art von Leidensdruck, bis man sagt: „Okay, da ist was.“ Dann kann man es auch nicht mehr mit alltäglichen Erklärmustern wie „Ach, der ist halt so“ - erklären. Es gibt durchaus auch welche, die weghören oder selber einen Scherz machen.

    Aber geht es auch so weit, dass Deutsche Österreich wieder verlassen?

    Köllen: Ja klar, dafür gibt es ganz viele Beispiele. Wir haben die gleiche Studie auch in der Schweiz gemacht. Da kam heraus, dass die Deutschen, je länger sie dort lebten, ein positiveres Bild von der

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