Antisemitismus ist in Deutschland weit verbreitet: Judenfeindliche Einstellungen sind nach Einschätzung von Experten in "erheblichem Umfang" in der deutschen Gesellschaft verbreitet. Das geht aus dem Antisemitismusbericht hervor, den ein unabhängiger Expertenkreis am Montag auf Einladung von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) in Berlin vorstellt.
Antisemitismus: Internet spielt große Rolle
In dem Bericht heißt es, das Internet spiele bei der Verbreitung von Antisemitismus eine hervorgehobene Rolle. Rechtsextreme, Holocaust-Leugner und extremistische Islamisten nutzten das Netz mit großer Selbstverständlichkeit als Plattform für ihre Propaganda.
Nach einem entsprechenden Bundestagsbeschluss hatte die Bundesregierung den Expertenkreis im Jahr 2009 eingesetzt, um verstärkt gegen Antisemitismus vorzugehen. Der Kreis soll regelmäßig Berichte vorlegen - der Bericht vom Montag ist nun der erste.
Phänomen Antisemitismus auch außerhalb der rechten Szene
Das Phänomen Antisemitismus sei auch außerhalb der rechtsextremen und islamistischen Milieus zu beobachten. Inzwischen gebe es eine "bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitete Gewöhnung an alltägliche judenfeindliche Tiraden und Praktiken". Diese resultiere aus weit verbreiteten Vorurteilen, tief verwurzelten Klischees und auch auf schlichtem Unwissen über Juden und das Judentum.
Rassistische Parolen auf Fußballplätzen "gängige Praxis"
Beispielsweise seien rassistische, rechtsextreme und antisemitische Parolen auch weiterhin auf deutschen Fußballplätzen gängige Praxis. Bei der Verbreitung antisemitischer Einstellung unter der Bevölkerung nehme Deutschland aber im europaweiten Vergleich eine mittlere Position ein. In Polen, Ungarn und Portugal sei Antisemitismus wesentlich mehr verbreitet und im öffentlichen Bewusstsein verankert. (dpa/AZ)