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Sterbehilfe für Minderjährige: Belgien gewährt erstmals Minderjährigem Sterbehilfe - Kritik aus dem Vatikan

Sterbehilfe für Minderjährige

Belgien gewährt erstmals Minderjährigem Sterbehilfe - Kritik aus dem Vatikan

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    Mittel für die Sterbehilfe in Belgien. Das Land hat zum ersten Mal Sterbehilfe für eine Minderjährige gewährt.
    Mittel für die Sterbehilfe in Belgien. Das Land hat zum ersten Mal Sterbehilfe für eine Minderjährige gewährt. Foto: Etienne Ansotte/Archiv (dpa)

    In Belgien hat zum ersten Mal ein minderjähriger Patient Sterbehilfe bekommen. Es handelt sich nach Angaben von Nachrichtenagenturen um einen 17-jährigen Patienten, über das Geschlecht machten Behörden demnach noch keine Angaben. Damit ist die gesetzlich erlaubte Sterbehilfe für Jugendliche zum ersten Mal angewandt worden, wie der Vorsitzende der staatlichen Sterbehilfe-Kommission, Professor Wim Distelmans, am Samstag mitteilte. Man habe ihn innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist informiert.

    Sterbehilfe: Die Rechtslage in Deutschland

    Der Bundestag will die Sterbehilfe in Deutschland reformieren. Ein Überblick über Rechtslage und Reformüberlegungen:

    Aktive Sterbehilfe: Sie ist in Deutschland strafbar. Wer jemanden auf dessen Wunsch tötet, wird wegen Tötung auf Verlangen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft.

    Passive Sterbehilfe: Gemeint ist der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen. Laut Bundesgerichtshof dürfen Ärzte die Maßnahmen auch dann abbrechen, wenn der Patient noch nicht kurz vor dem Tod steht.

    Indirekte Sterbehilfe: Die Gabe starker Schmerzmittel, die durch ihre Wirkung auf geschwächte Organe das Leben verkürzen können, ist nicht strafbar, wenn sie dem Patientenwillen entspricht. Eine Übersicht über die solche Fälle in Kliniken gibt es nicht.

    Beihilfe zum Suizid: Ein Mittel zur Selbsttötung bereitzustellen, das der Betroffene selbst einnimmt, ist nicht strafbar. Die Ärzteschaft hat sich allerdings in ihrem Berufsrecht das Verbot auferlegt, Hilfe zur Selbsttötung zu leisten.

    Reformpläne: Organisierte Sterbehilfe soll verboten werden. Vereinigungen sollen keine Tötungshilfe als Serviceangebot anbieten dürfen. Doch die unterschiedlichen Positionen verlaufen quer durch die Fraktionen des Bundestages. Es wird wahrscheinlich mehrere Gruppenanträge von Abgeordneten geben und am Ende eine Abstimmung ohne Fraktionszwang.

    Heftige Kritik gibt es vor allem aus dem Vatikan. Das belgische Sterbehilfe-Gesetz nehme Kindern das Recht auf Leben, kritisierte Kardinal Elio Sgreccia laut Radio

    Kritik aus Vatikan: Minderjährige erhält erstmals Sterbehilfe in Belgien

    Bekannt ist nur, dass es sich um einen todkranken, 17-jährigen Patienten handelt. Über das Geschlecht machten die Behörden zunächst keine Angaben. Der flämische Sender VRT gab lediglich bekannt, es gehe in dem Fall eher um einen Teenager als um ein Kind.

    Nicht nur im Vatikan gibt es Kritik an der seit 2014 erlaubten und nun erstmals angewandten Sterbehilfe für Minderjährige. "Die Tötung auf Verlangen von Kindern hat nichts mit würdigem Sterben zu tun", kritisierte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch.. "Damit verlässt der Beneluxstaat die menschenrechtlichen Standards der EU. Aber die europäischen Institutionen schweigen."

    Seit 2014 dürfen in Belgien auch Minderjährige Sterbehilfe erhalten

    In Belgien ist seit 2002 ein Sterbehilfe-Gesetz in Kraft, das als besonders liberal gilt. Es erlaubt Ärzten, die Tötung auf Verlangen von erwachsenen, unheilbar kranken Patienten, sofern die Mediziner ihnen unerträgliche Leiden bescheinigen. Von aktiver Sterbehilfe spricht man, wenn ein Arzt einen schwer kranken Patienten auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin tötet.

    Anfang 2014 dehnte das Parlament die Sterbehilfe auf Minderjährige aus, wenn die Eltern zustimmen. In diesem Fall müssen aber die Eltern ihr Einverständnis geben. Das passiert offenbar selten. "Glücklicherweise gibt es nur wenige Kinder, auf die das zutrifft, aber das bedeutet nicht, dass wir ihnen das Recht auf einen würdevollen Tod verwehren sollten", sagte Distelmans der Zeitung "Het Nieuwsblad", die als erste über den Fall berichtet hatte.

    Aktive Sterbehilfe ist in den meisten Ländern verboten. In der Europäischen Union erlauben nur die Niederlande, Luxemburg und Belgien ausdrücklich die Tötung auf Verlangen. Die passive Sterbehilfe, der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen, ist in zahlreichen Ländern erlaubt beziehungsweise wird geduldet - auch in Deutschland.

    Sterbehilfe-Fälle nehmen insgesamt zu

    In den letzten Jahren ist die Zahl der Sterbehilfe-Fälle stark gestiegen: Im Jahr 2003 gab es 235 Fälle, zehn Jahre später waren es schon 1807. Laut einer Studie aus dem Jahr 2010 wird jedoch nur etwa jeder zweite Fall im flämischsprachigen Teil Belgiens auch gemeldet.

    In der Mehrzahl der Fälle sind die Betroffenen älter als 70 Jahre und leiden unheilbar an Krebs. Die Leiden des Patienten müssen laut Gesetz "anhaltend, unerträglich und unlinderbar" sein. Das gilt nicht nur für Krebskranke im Endstadium, sondern auch für Menschen mit bestimmten chronischen Krankheiten. In den vergangenen Jahren wurde etwa einer 24-jährigen Depressiven und einem psychisch kranken Sexualverbrecher Sterbehilfe versprochen.

    dpa/AZ

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