Achtung: Unsere Kritik zum Finale von "Game of Thrones" enthält Spoiler zur letzten Folge der Serie.
Auch das Finale von "Game of Thrones" ändert nichts daran: Eine der besten Serien der Welt endet mit einer überhasteten letzten Staffel, die hinter ihren Möglichkeiten bleibt. Als Jon Schnee seine Königin Daenerys Targaryen ersticht und deren letzter Drache Drogon den umkämpften Eisernen Thron mit seinem Feuer einschmilzt, ist gerade einmal die Hälfte der 80 Minuten langen Folge erzählt - die bessere Hälfte.
Trotz der zu schnellen Erzählweise bietet die finale Folge 6 von Staffel 8 bis zu diesem Moment viele starke Szenen und zeigt einmal mehr, warum "Game of Thrones" als außergewöhnliche Serie noch lange in Erinnerung bleiben wird und jede Kritik Jammern auf hohem Niveau ist. Als Tyrion Lennister vorbei an Asche, Schutt und verbrannten Leichen durch das zerstörte Königsmund läuft, lassen sich an seiner Mimik die Abgründe in seinem Inneren ablesen. Neben Wut und Trauer gehört auch Schuld dazu. Schließlich hatte sein ganzer Werdegang der vergangenen Staffeln dazu beigetragen, dass Daenerys völlig grundlos Tausende unschuldige Menschen verbrannt hat.
Als Tyrion die Leichen seiner Geschwister Jamie und Cersei findet, werden diese Gefühle noch um ein Vielfaches verstärkt, ohne dass dafür Worte nötig wären. Schauspieler Peter Dinklage spielt im Finale von "Game of Thrones" noch einmal seine ganze Klasse aus und eröffnet die letzte Folge hervorragend.
"Game of Thrones": Finale beleuchtet Wandlung von Daenerys kaum
Auch Daenerys' Machtdemonstration wird stark inszeniert. Vor den Ruinen der zerstörten Hauptstadt spricht sie voller Inbrunst zu ihren Soldaten. Ihre selbstgerechten Worte unter dem Targaryen-Banner und die jubelnden Massen unterstreichen den Eindruck, dass die "Sprengerin der Ketten" endgültig zur Diktatorin geworden ist. Oder vielleicht war sie es schon immer, wie Tyrion als ihr Gefangener andeutet. Schließlich war die Königin der Drachen beim Besiegen ihrer Feinde immer gnadenlos, nur dass es sich bisher nicht um Unschuldige gehandelt hatte.
Dass Daenerys für ihren Machtanspruch jenseits aller Moral über Leichen geht, wurde im Verlauf von "Game of Thrones" immer wieder angedeutet. Ihre Wandlung zur Massenmörderin in der vergangenen Folge ging dann aber doch zu schnell. Leider verzichtet auch das Finale darauf, ihre Beweggründe und ihr Innenleben genauer zu beleuchten. Fühlt sie doch Reue, da sie selbst Kinder grundlos verbrannt hat? Gibt es einen inneren Kampf? Diese Fragen bleiben unbeantwortet, da Daenerys schnell durch die Hand von Jon stirbt.
Auch Jons Wandlung vom treuen Geliebten der Königin zu ihrem Mörder geht zu schnell. Es hallen noch Tyrions Worte nach, dass manchmal die Pflicht der Tod der Liebe ist. Aber wie so viele große Momente in Staffel 8 von "Game of Thrones" hätte auch der Tod von Daenerys eine bessere Hinführung verdient gehabt.
Kritik zu Folge 6 von Staffel 8: "Game of Thrones" hätte sich mehr Zeit nehmen müssen
Die letzte Staffel von "Game of Thrones" hätte sich zehn statt sechs Folgen Zeit nehmen sollen, um ihre sehr gute Geschichte besser zu erzählen. Das wird in der zweiten Hälfte des Finales noch deutlicher. Nach einem Zeitsprung sind plötzlich viele wichtige Charaktere wie Sansa, Bran, Sam, Brienne oder Gendry in Königsmund versammelt.
Und dann geht alles wirklich schnell: Die Anwesenden einigen sich binnen Minuten auf eine neue politische Ordnung: "Künftig werden Könige nicht mehr geboren, sondern von den Lords und Ladys gewählt." Dann einigen sich alle auch noch ohne Diskussion darauf, dass "Bran, der Gebrochene" gekrönt werden soll - zumindest als Herrscher der sechs Königslande, da Sansa die Unabhängigkeit des Nordens durchsetzt. Alle sind zufrieden. Nicht einmal Grauer Wurm wehrt sich dagegen, dass so mit dem Erbe von Daenerys umgegangen wird. Das ist ein unglaubwürdiges Ende für das "Game of Thrones", das acht Staffeln lang gnadenlos gespielt wurde.
Finale von "Game of Thrones": Letzte Folge gibt vielen Charakteren ein versöhnliches Ende
Insgesamt fällt das Ende für viele Charaktere versöhnlich aus: Sansa wird Königin des Nordens, Bran regiert die sechs Königslande und Tyrion wird seine Hand - was zwar als Bestrafung gedacht, aber sicherlich nicht das härteste Schicksal ist. Überraschend bedeutungslos bleibt die Rolle von Arya. Ihr war zu Beginn der Folge anzumerken, dass sie Rache an Daenerys wollte. Doch genau wie bei Cersei kam ihr jemand zuvor. Ihre Geschichte war schon zur Hälfte der Staffel erzählt, als sie den Nachtkönig tötete.
Jon nimmt als Mörder von Daenerys eine viel zentralere Rolle ein. Seine Herkunft als wahrer Erbe des Throns spielt aber keine große Rolle mehr. Sie diente in der letzten Staffel nur dazu, Daenerys zu verunsichern und in Richtung Wahnsinn zu treiben. Am Ende muss er zurück zur Nachtwache, die eigentlich keine Bedeutung mehr hat. Und so endet die Serie dort, wo alles begann: jenseits der Mauer.
Es hat eine gewisse Ironie, dass in den letzten Minuten der Serie die Buchvorlage benannt wird. "Das Lied von Eis und Feuer" ist eine Niederschrift der Ereignisse seit dem Tod von König Robert. Zumindest in der Fantasy-Welt von Westeros hat es jemand geschafft, diese Geschichte komplett aufzuschreiben. Schade, dass das George R. R. Martin bis zum Ende der Serie nicht gelungen war. Gestützt auf die Buchvorlage hätte das Finale von "Game of Thrones" die hohen Erwartungen vielleicht besser erfüllen können, die die Serie im Verlauf von acht Jahren selbst aufgebaut hatte.
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