Der neue Papst ist ein moderner Papst. Als Franziskus im März 2013 sein Amt antrat, versprühte er eine gewisse Aufbruchstimmung. Ein Papst, dem seine Schäfchen wichtig sind. Das zeigt auch die Umfrage, die der Vatikan in Auftrag gab. Überall auf der Welt sollten Gläubige einen Fragenkatalog beantworten. Die Themen: Sex, Liebe und Glauben. Nun gibt es erste die Ergebnisse, wie das Magazin Der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe berichetet. Und die seien "vernichtend".
86 Prozent der Menschen in Bayern sehen keine Sünde darin, die Pille zu nehmen
"Wir wollen wissen, was die Menschen denken und wie sie leben", formulierte es die Kurie. Ein Wunsch, den man im Nachhinein vielleicht etwas bereut. Denn laut Spiegel sehen zum Beispiel 86 Prozent der Gläubigen in Bayern keine Sünde darin sehen, die von der Kirche verurteilte Pille zu nehmen oder ein Kondom zu verwenden.
Die Umfragen sind dabei nicht zentral gesteuert. Mancherorts befragte der Pfarrer seine Gläubigen, andererorts machten Jungendorganisationen Befragungen. Beim Bund der deutschen Katholischen Jugend beteiligten sich rund 10.000 Mitglieder. In einer Stellungnahme des BDKJ heißt es anschließend: "Die kirchliche Sexualmoral spielt bei neun von zehn katholischen Jugendlichen keine Rolle. Sex vor der Ehe und Verhütung gehören zu ihrem Beziehungsleben selbstverständlich dazu." Angst vor einem Leben in Sünde? Fehlanzeige. 96 Prozent der Jugendlichen ist diese Ansicht der Kirche völlig egal. Trotzdem gehen sie zum Gottesdienst. Kein Wiederspruch für die Jugend der heutigen Zeit.
Versuchte die Kirche die Umfrage zu zensieren?
Mancher wollte es man gar nicht so genau wissen: Erzbischof Robert Zollitsch zum Beispiel. Der hatte auf der Deutschen Bischofskonferenz angeordnet, bestimmte Fragen direkt vom Sekretariat beantworten zu lassen und nicht weiterzureichen. Lediglich um Zeit zu sparen, sollten bereits vorformulierte Positionen verwendet werden. Bei den Fragen hat es sich dabei zufällig um die Themengebiete Homosexualität, Verhütung und Abtreibung. Doch der Zensurversuch ging schief, weil Bischöfe in England den kompletten Fragebogen bereits online gestellt hatten.
Das Verhalten sehen viele kritisch. So auch der Freiburger Pfarrer Klaus Zedtwitz. "Das hat ein Gschmäckle. Warum sollen sich die Gläubigen auch nicht zu homosexuellen Partnerschaften äußern dürfen?" Sie durften und sie taten. Viele Meinungen dürften allerdings nicht nach dem Geschmack der katholischen Kirche sein. Denn kaum jemand lebt heutzutage noch so, wie es die Kirche es gerne hätte. "Realitätsblind", "weltfremd", "Verbote im Vordergrund" oder "Sexualmoral als Glaubenshindernis" liest man in den Berichten.
Bistum Augsburg klagt: "Die Menschen fühlen sich als Sünder behandelt"
Viele Informationen erhielt der Spiegel auch direkt von den Bistümern. Auch das Bistum Augsburg gab wohl Informationen zur Umfrage preis. Außerdem ist man dort der Meinung: "Die Menschen fühlen sich vielfach als Versager und Sünder behandelt". Eine bittere Erkenntnis, die die Frage offen lässt, was die Kirche mit den Ergebnissen zu tun gedenkt.