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Spektakulärer Kunstfund: Nazi-Raubkunst: Gibt es noch mehr Bilder in München?

Spektakulärer Kunstfund

Nazi-Raubkunst: Gibt es noch mehr Bilder in München?

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    In diesem Mehrfamilienhaus in München lagen 1500 Gemälde jahrzehntelang in einer Wohnung.
    In diesem Mehrfamilienhaus in München lagen 1500 Gemälde jahrzehntelang in einer Wohnung. Foto: Marc Müller, dpa

    Möglicherweise sind noch nicht alle Kunstwerke der Sammlung in der Münchner Messi-Wohnung entdeckt worden. Der Focushatte berichtet, dass bereits 2011 in einer Wohnung zwischen lauter Müll 1500 Werke von Meistern der klassischen Moderne gefunden wurden, darunter Gemälde von Pablo Picasso, Franz Marc oder Max Beckmann. Verschollen geglaubte, echte Gemälde. Und zwar bei einer Zollfahnder-Aktion, die geheim gehalten werden konnte  - bis Sonntag.

    Augsburger Staatsanwaltschaft hält sich bedeckt

    Im Spätsommer 2011 habe der Besitzer das Gemälde "Löwenbändiger" von Max Beckmann zur Auktion abgegeben, bestätigte das Kölner Kunsthaus Lempertz am Montag. Dabei fanden die Experten heraus, dass es aus dem Nachlass des legendären jüdischen Kunstsammlers Alfred Flechtheim stammte. Nach einer Einigung mit den Erben Flechtheims sei der "Löwenbändiger" daraufhin für 864.000 Euro mit Aufschlag versteigert worden.

    Bisher gibt es noch keine Stellungnahme der Behörden. Ein Sprecher der Augsburger Staatsanwaltschaft, die für den Fall zuständig ist, sagte am Montag, er könne weder bestätigen, noch dementieren.

    Augsburg ermittelt wohl deshalb, weil der Grenzübergang Lindau-Hörbranz, an dem der Münchner zum ersten Mal einer Zollkontrolle auffiel, im Zuständigkeitsbereich liegt.

    Kunsthistorikerin informiert über Gemäldefund

    Die Kunsthistorikerin Meike Hoffmann, die die Werke inzwischen auf Altbesitzer und Wert untersucht, will ihre Erkenntnisse zu den Werken morgen in Augsburg vorlegen. Hoffmann fahndet an der Forschungsstelle "Entartete Kunst" der Freien Universität Berlin nach dem Verbleib von mehr als 20.000 Bildern und Skulpturen.

    Bisher haben die Kunsthistorikerin und ihre Kollegen das Schicksal von rund 10.000 Werken nachgezeichnet, die von den Nationalsozialisten aus Museen und Privatsammlungen für die Münchner Propaganda-Schau 1937 beschlagnahmt wurden.

    Messi-Wohnung gehört Nachfahre bekannter Kunsthandelsfamilie

    Die spektakulärsten Kunstfunde der vergangenen Jahre

    2003 findet die New Yorker Schriftstellerin Elizabeth Gibson auf einem Sperrmüllhaufen ein abstraktes Gemälde. Später stellt sich heraus, dass es sich um das 20 Jahre zuvor gestohlene Meisterwerk "Drei Menschen" des mexikanischen Künstlers Rufino Tamayo handelt. Das Bild geht an die Besitzer zurück, die es beim Auktionshaus Sotheby's für über drei Millionen Dollar versteigern. Gibson erhält einen Finderlohn und einen kleinen Anteil am Auktionserlös.

    2006 bemerkt eine Wuppertalerin erst im letzten Moment, welch wertvolles Gemälde sich in ihrem Besitz befindet. Eigentlich wollte sie das Ölbild für 20 Euro auf einem Flohmarkt verkaufen. Beim Verpacken bemerkt sie auf der Rückseite jedoch eine Signatur. In einer Galerie stellt sich schließlich heraus, dass es sich um die "Weiße Tulpe" von Franz Radziwill handelt. Der Wert des Gemäldes wird auf rund 15.000 Euro geschätzt.

    Als ein Rentner in Baden-Württemberg 2006 den Speicher seiner verstorbenen Tochter ausräumt, findet er ein mit "Nolde" signiertes Frauenporträt. Der Vater übergibt das Gemälde der Polizei, die herausfindet, dass das Bild zwischen 1977 und 1979 aus einem Lagerhaus einer Spedition in Freiburg entwendet worden ist. Das Bild des Künstlers Emil Nolde gehörte dem Kunstverleger und Sammler Ernest G. Rathenau, dessen Erben das Gemälde zurückerhalten. 2007 wird das Bild in München für 2,58 Millionen Dollar versteigert.

    Nach mehr als 100 Jahren taucht 2011 erstmals wieder ein Gemälde von Leonardo da Vinci auf. Bei dem in New York entdeckten Werk, das einen Christus mit zum Segen erhobener rechter Hand zeigt, soll es sich nach der Meinung einiger Experten um das Bild «Salvator Mundi» handeln. Die Existenz des Leonardo-Gemäldes war seit langem bekannt, jedoch hielt man es für zerstört.

    2012 finden Kunstexperten des Madrider Prado-Museums eine "Zwillingsschwester" der berühmten Mona Lisa - eine Kopie, die gleichzeitig mit dem Original in der Werkstatt von Leonardo da Vinci gemalt worden sein soll. Das Bild hatte seit Jahren an einer Wand in der Madrider Pinakothek gehangen, sein Wert war aber lange nicht erkannt worden. Der Maler ist wahrscheinlich Francesco Melzi, der zu den bedeutendsten Schülern da Vincis zählt.

    Im November 2013 wird bekannt, dass ein 80-jähriger Münchner in seiner vermüllten Wohnung über Jahrzehnte einen schier unbezahlbaren Kunstschatz aufbewahrt hat - darunter Gemälde von Picasso, Dürer Matisse und Nolde. Bereits 2011 waren bayerische Zollfahnder offenbar auf den einmaligen Kunstschatz gestoßen. Die Fahnder beschlagnahmten etwa 1500 verschollen geglaubte Bilder von Meistern der klassischen Moderne. Darunter Werke von Pablo Picasso, Henri Matisse, Marc Chagall, Emil Nolde, Franz Marc, Max Beckmann, Paul  Klee, Oskar Kokoschka, Ernst Ludwig Kirchner und Max Liebermann. Aufgekauft hatte die Werke offenbar der Kunsthändler Hildebrand G. in den dreißiger und vierziger Jahren. Dessen Sohn Cornelius G. hat die Bilder wohl über ein halbes Jahrhundert in seiner Schwabinger Wohnung gehortet.

    Doch wie kommen die Kunstwerke von Picasso, Matisse, Chagall, Nolde, Marc, Beckmann, Klee, Liebermann, Kirchner, ja auch Dürer in die Münchner Messi-Wohnung? Der Besitzer bis zur Beschlagnahmung war der Einzelgänger Cornelius Gurlitt, 80, Nachfahre einer bekannten deutschen Künstler- und Kunsthandelsfamilie.

    Und sein Vater war Hildebrand Gurlitt, der als Kunsthändler die Gemälde laut Focus in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts aufgekauft hatte – teilweise zumindest als entartete und als enteignete Kunst, die im Auftrag der Nazis im Ausland verkauft werden sollte. Nach Kriegsende aber habe Hildebrand Gurlitt behauptet, die Kunst in seinem Besitz sei bei der Dresdner Bombardierung verbrannt. Tatsächlich wurde sie nach München überführt, wo sie bis 2011 versteckt blieb.

    Spektakulärer Kunst-Fund: Die Sache flog auf einer Zugfahrt auf

    Die Sache flog auf, weil Cornelius Gurlitt auf einer Zugfahrt von der Schweiz nach München bei einer zufälligen Zollkontrolle auffiel – offenbar hatte er viel Bargeld bei sich. Das machte ihn verdächtig. Die Beamten sahen weiteren Ermittlungsbedarf, durchsuchten seine Wohnung – und räumten sie. Die Mühe hätten sich die Fahnder sparen können, er würde doch ohnehin bald sterben, soll Cornelius Gurlitt die Aktion kommentiert haben. Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt laut Focus gegen ihn wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.

    Offenbar hat Gurlitt ohne Steuern zu zahlen immer wieder Bilder der Sammlung verkauft, um vom Erlös zu leben. (AZ/dpa)

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