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Soziale Netzwerke: Wie Haustiere ihre Besitzer reich machen können

Soziale Netzwerke

Wie Haustiere ihre Besitzer reich machen können

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    Die berühmteste Katze der Welt, Grumpy Cat, bei der Weltpremiere des Disneyfilms „Cinderella”. Grumpy Cat wurde 2012 durch ein Youtube-Video schlagartig bekannt.
    Die berühmteste Katze der Welt, Grumpy Cat, bei der Weltpremiere des Disneyfilms „Cinderella”. Grumpy Cat wurde 2012 durch ein Youtube-Video schlagartig bekannt. Foto: Nina Prommer, dpa

    Für einen Instagram-Star ist Mr. Pokee ganz schön launisch. Steht selten vor 20 Uhr auf. Lässt sich nur fotografieren, wenn er Lust dazu hat. Bricht das Fotoshooting ab, wenn etwas anderes seine Aufmerksamkeit fesselt. Würmer zum Beispiel. Mr. Pokee ist ein afrikanischer Weißbauchigel, heimisch in einem Terrarium in Mannheim.

    In Deutschland gelten Weißbauchigel noch als Geheimtipp

    „Können wir auch so einen haben?”, wird Talitha Girnus oft gefragt, wenn sie Fotos von ihrem Igel auf Instagram hochlädt. Mr. Pokee im Blumentopf. Mr. Pokee vor Schloss Neuschwanstein. Girnus sagt, sie habe sich gleich in Weißbauchigel verliebt, als sie Fotos von ihnen im Internet entdeckte. In den USA werden sie als Haustiere gehalten. Hierzulande gelten sie noch als Geheimtipp. Sie stehen auf der Liste der gefährdeten Tierarten, deshalb stellen Züchter auch bestimmte Anforderungen an die Halter.

    Talitha Girnus thematisiert das auf dem Blog von Mr. Pokee – auf Englisch und Deutsch. Eine große Reichweite und Einfluss zu haben, bringe eine große Verantwortung mit sich, schreibt die 24-jährige Studentin, die aus Wiesbaden stammt. Mr. Pokee hat hunderttausende Fans im Netz – alleine auf der Plattform Instagram 315.000 Abonnenten. Mehr als Schlagerstar Helene Fischer oder Choupette, die Siamkatze des Modezaren Karl Lagerfeld. Auf der Internetseite www.mrpokee.com gibt es die Rubrik „Collaboration”. Man sei offen für jede Art der Zusammenarbeit inklusive Produkttests, steht da. Es gibt zudem einen Shop – vertrieben werden unter anderem Handyhüllen, Kaffeetassen und T-Shirts mit dem Konterfei des Igels. Vermutlich ist Mr. Pokee das erste deutsche Haustier mit einer eigenen Kollektion von Fanartikeln. Kleinvieh macht eben auch Mist.

    Grumpy Cat soll Einnahmen im siebenstelligen Bereich haben

    Starfotografin Ellen von Unwerth setzte Grumpy Cat und Georgia May Jagger, Tochter von Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger, für den Opel-Kalender 2017 in Szene.
    Starfotografin Ellen von Unwerth setzte Grumpy Cat und Georgia May Jagger, Tochter von Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger, für den Opel-Kalender 2017 in Szene. Foto: Steffen Kugler, obs/Adam Opel AG

    In den USA sogar in Millionenhöhe. Petfluencer, so nennt man Tiere, die bei Instagram, Facebook oder Youtube irgendetwas machen, das mindestens 100.000 Follower, also Abonnenten, interessiert. Was diese Tiere dann wiederum interessant für Firmen macht. Sie suchen Markenbotschafter in den sozialen Netzwerken – gerne auch Vierbeiner. Der bekannteste ist Grumpy Cat, eine Katze, die infolge ihrer Kleinwüchsigkeit an einem Unterbiss leidet, was sie immer so aussehen lässt, als sei sie chronisch schlecht gelaunt. 2012 machte sie ein

    Nun sind Tiere in der Werbung nicht neu. Ob die lila Milka-Kuh oder der Bärenmarke-Bär: Das liebe Vieh lieh sein Gesicht schon in der analogen Steinzeit Marken. Im Internet aber funktionieren Werbespots mit Tieren besonders gut. „Tiere stellen keine steilen Thesen auf. Sie beleidigen keinen. Sie sind einfach nur süß”, sagt Hartwig Keuntje, Gründer der Hamburger Agentur Philipp und Keuntje.

    Als Erfinder einer recht bekannt gewordenen PR-Kampagne für die Biermarke Astra hat er schon selber Tiere als Werbefiguren eingesetzt. 2015 zeigte ein Online-Spot für das Bier-Citrus-Wodka-Getränk „Astra Rakete” Katzen, Hunde, Uhus und Schildkröten, die in einer Kneipe nach einem Schluck aus der Rakete-Pulle feiern. Der Spot zielte auf die junge Generation der Youtube-Nutzer – und erreichte Millionen von ihnen. Trotzdem sagt Keuntje, dass Tiere als Markenbotschafter oder eben Influencer an Grenzen stießen. Langfristig müsse sich der Verbraucher mit der Werbefigur identifizieren können. Und das sei bei Vierbeinern schwierig. Was könne eine Katze denn schon glaubwürdig verkaufen? „Kratzbäume, Katzenfutter oder Flohpulver.”

    In den USA sehen Werber das nicht so eng. Das zeigt das Beispiel Tuna. So heißt ein Chihuahua-Dackel-Mischling mit windschiefen Zähnen, dem auf Instagram 1,9 Millionen Nutzer folgen. Tuna warb bereits für ein Shampoo, das in Parfümerien verkauft wird. Seine Besitzerin, Courtney Dasher, arbeitet inzwischen nicht mehr als Innenausstatterin, um sich ganz um die Vermarktung ihres Hundes kümmern zu können. 15 Dollar für einen Kaffeebecher, 25 Dollar für ein T-Shirt – Kritiker sprechen da von Abzocke; Dasher sagt, sie spende einen Teil ihrer Einnahmen an die American Society for the Prevention of Cruelty to Animals, eine Tierschutzorganisation.

    In Deutschland sind „Petfluencer” noch selten

    Von einem Fulltime-Job als Managerin für ihren Igel Mr. Pokee ist Talitha Girnus noch weit entfernt. Neben ihrem „Innovationsmanagement”-Studium betreut sie die Instagram-Seite einer Werbeagentur. Sie sagt, das Geschäft mit den Fan-Artikeln habe sie vor zwei Monaten an ein Start-up Unternehmen in den USA outgesourced. Auf die Idee hätten sie Mr. Pokees Fans gebracht. „Die haben sich Armbänder oder T-Shirts gewünscht.” Jeden Tag bekomme sie bis zu hundert Anfragen aus aller Welt – zu 80 Prozent von Frauen, sagt sie. „Die meisten sind in meinem Alter.” Wie viel sie mit Mr. Pokee – etwa durch Produktplatzierungen auf Fotos – verdient, will sie nicht sagen. Kaum sei der Igel auf Instagram eingeschlagen, hätten ihr Firmen Uhren, Schmuck, Kosmetika oder Klamotten zugeschickt. „Die Uhr habe ich bei den Shootings mit dem Igel getragen, weil ich die selber schön fand. Aber mit dem Rest konnte ich nichts anfangen. Was hat das mit einem Igel zu tun?”

    Der afrikanische Weißbauchigel Mr. Pokee sonnt sich vor dem Schloss Neuschwanstein.
    Der afrikanische Weißbauchigel Mr. Pokee sonnt sich vor dem Schloss Neuschwanstein. Foto: Screenshot AZ, Mr. Pokee the Hedgehog/Instagram

    In einem Interview mit hessenschau.de erklärte Talitha Girnus im November 2016, sie sei zum ersten Mal kontaktiert worden, als Mr. Pokees Instagram-Auftritt 16.000 oder 17.000 Follower gehabt habe. Das erste Foto von ihm hatte sie im Juni 2015 veröffentlicht. Als das Interview geführt wurde, lag die Zahl der Follower bei 145.000 und Girnus erhielt nach eigenen Angaben ein bis zwei Anfragen pro Tag.

    Beeindruckende Zahlen. Und ein verlockendes Geschäftsmodell? Dennoch steckt „Petfluencer”- Werbung in Deutschland nach wie vor in den Kinderschuhen, sagt Björn Wenzel, geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Agentur Lucky Shareman. Er habe 6000 Influencer in der Kartei. Darunter seien erst einige Tierbesitzer.

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