Die "Bild"- Zeitung veröffentlichte am Mittwoch den Brief, der damals an alle Amateurtanzkapellen ging. Die Verfügung bestand nur aus dem einzigen Satz: "Ich gebe ihnen zur Kenntnis, daß bei Tanzveranstaltungen das Spielen des Titels "Sonderzug nach Pankow" nicht gestattet ist." Die Behörde für Stasi-Unterlagen wertete dies als historischen Fund. Rock-Legende Lindenberg sagte: "Ja, ich war damals ein anerkannter Staatsfeind".
Lutz Gundlach, damals als Discjockey in den Tanzsälen des Kreises Apolda unterwegs, hatte das Schreiben aufbewahrt und zufällig wieder entdeckt. Unterzeichnet wurde sie von Manfred Lüttig. Der heutige Rentner war von 1972 bis zum Ende der DDR Ratsmitglied für Kultur im Kreis Apolda. "Die Anweisung dafür kam wohl von der übergeordneten staatlichen Stelle, das war der Rat des Bezirkes Erfurt", erinnert er sich. Lüttig vermutet, dass dabei das SED-Politbüro seine Hand im Spiel hatte. "Wahrscheinlich sogar Erich Honecker selbst."
Lutz Gundlach hält das interessante Zeitdokument nicht für einen Einzelfall. "So etwas haben alle DJs in der DDR bekommen." Eigentlich habe es einer ausdrücklichen Anweisung aber gar nicht bedurft. "Als Discjockey durfte man sowieso nur offiziell lizenzierte Titel spielen", erklärte der Endvierziger. "Und der 'Sonderzug' war nicht lizenziert, also war der Fall klar: verboten", sagt Gundlach. Wer seinen Status als Discjockey nicht riskieren wollte, habe sich auch daran gehalten. "Mir hat einmal einer 20 Mark aufs Pult gelegt, damit ich den 'Sonderzug' spiele - aber ich hab's nicht gemacht. Und ich kenne auch keinen, der den Song gespielt hat."