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Computerspiele: So werden Zocker von Spiele-Herstellern süchtig gemacht 

Computerspiele

So werden Zocker von Spiele-Herstellern süchtig gemacht 

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    Der neunjährige Mingus spielt auf einem Laptop das Open-World-Computerspiel Minecraft: Jungen haben ein deutlich höheres Suchtrisiko.
    Der neunjährige Mingus spielt auf einem Laptop das Open-World-Computerspiel Minecraft: Jungen haben ein deutlich höheres Suchtrisiko. Foto: Symbolbild: Georg Wendt, dpa

    Wenn der erste Gedanke morgens dem Bau der virtuellen Festung gilt, wenn am Abend der Schlaf verdrängt wird, weil noch ein paar Monster zu töten sind, und wenn sich auch dazwischen alles ums Computerspiel dreht, dann ist aus dem vermeintlichen Spaß längst Ernst geworden. Dann liegt womöglich eine Computerspielsucht vor, die massiv auf das Leben des Spielers und seiner Familie durchdrücken kann.

    Der Problemkreis ist groß: Laut einer am Dienstag vorgestellten Studie der Krankenkasse DAK spielen in Deutschland rund drei Millionen beziehungsweise knapp drei Viertel der Minderjährigen regelmäßig Computerspiele wie Fortnite, Fifa oder Minecraft. Rund 465.000 von ihnen zeigen demnach ein riskantes oder pathologisches Suchtverhalten. Mehr als drei Prozent sind regelrecht süchtig.

    Abhängige Spieler leiden an Gereiztheit und Unruhe

    Eltern haben durchaus die Möglichkeit, das Problem rechtzeitig zu erkennen. Ein erstes Warnsignal können Schulprobleme ihres Sprösslings sein. „Elf Prozent der Risiko-Gamer fehlen innerhalb von einem Monat eine Woche oder mehr in der Schule oder Ausbildung“, erklärte Studienleiter Rainer Thomasius, Arzt und Suchtexperte am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

    Als abhängig gelten Spielerinnen und Spieler auch, wenn sie ständig ans Spielen denken müssen, in Spielpausen Entzugserscheinungen wir Gereiztheit, Unruhe, Traurigkeit oder Ängstlichkeit bekommen und nicht mehr in der Lage sind, die Spieldauer selbstständig zu regulieren. Eltern sollten die Daddel-Aktivitäten des Nachwuchses besonders ins Visier nehmen, wenn Hobbys und Freizeitaktivitäten, die vorher noch ganz toll waren, auf einmal nicht mehr interessant sind. Das gilt auch dann, wenn Sohn oder Tochter wegen der Spielerei die Familie belügt oder Beziehungen abbricht.

    Die Spielentwickler haben sich „suchtfördernde Mittel“ einfallen lassen

    Die Risiko-Gruppe unter den Spielerinnen und Spielern ist zudem „deutlich mehr bereit, Geld für Games auszugeben“, wie Thomasius erklärte. Je ausgeprägter das Spielverhalten sei, desto mehr Geld werde in die Spiele investiert. Im Schnitt gaben die von Forsa repräsentativ befragten Kinder und Jugendlichen in den sechs Monaten vor der Befragung 111 Euro für Spiele und Extras aus.

    DAK-Chef Andreas Storm nahm in diesem Zusammenhang die Hersteller ins Visier. „Durch immer neue Tricks und Anreize zieht die Industrie junge Menschen mit ihren Spielen in den Bann – und sprichwörtlich auch das Geld aus der Tasche“, kritisierte er. Der Studie zufolge haben sich die Spielentwickler in der Tat einige „suchtfördernde Mittel“ einfallen lassen. Oft gibt es demnach kein endgültiges Ziel, auf das hingearbeitet werden kann. Der Spieler ist also eigentlich nie fertig.

    Experten empfehlen Eltern zweierlei: Interesse zeigen und gleichzeitig Grenzen setzen

    Viele Spiele werden der Untersuchung zufolge außerdem rund um die Uhr fortgeführt, Spielstände können nicht zwischengespeichert werden. Das erhöhe den Druck, ständig im Spiel sein zu müssen, so die Autoren der Studie. Werden Spiele im Team gespielt, gaukelt das zudem eine soziale Zugehörigkeit vor, die nicht real ist.

    Die Studie fordert von den Herstellern daher technische Lösungen, die beispielsweise den zeitlichen und finanziellen Einsatz begrenzen. Eltern sollten die Chance bekommen, auf Nutzungszeiten und Inhalte Einfluss zu nehmen beziehungsweise sie kontrollieren zu können.

    Damit das Spielen Spaß macht und nicht zum Stress für die gesamte Familie wird, empfehlen die Experten Eltern vor allem zweierlei: Interesse zeigen und gleichzeitig Grenzen setzen. Die Studie verweist auf die empfohlene Nutzungsdauer des Internationalen Zentralinstituts für Jugend- und Bildungsfernsehen: maximal 45 Minuten am Tag für Kinder zwischen sieben und zehn Jahren, maximal eine Stunde für Kinder zwischen elf und 13 Jahren und ab 14 Jahren maximal anderthalb Stunden.

    Der Studie zufolge spielen knapp 90 Prozent aller Jungen, aber nur gut 50 Prozent der Mädchen

    Eltern mit Töchtern können übrigens zumindest bei diesem Thema etwas beruhigter sein als Eltern mit Söhnen. Der Studie zufolge spielen knapp 90 Prozent aller Jungen, aber nur gut 50 Prozent der Mädchen. Wiederum 79 Prozent der Risiko-Gamer sind Jungen.

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