Wegen der Einschränkungen in der Corona-Pandemie ist die Zahl der Verkehrstoten auf bundesdeutschen Straßen im März auf den tiefsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken.
Bei Unfällen kamen 158 Menschen ums Leben, im März 2019 waren es noch 234 Verkehrstote gewesen, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden nach vorläufigen Ergebnissen mitteilte. "Noch nie seit der deutschen Vereinigung im Jahr 1990 wurden in einem Monat weniger Menschen bei Verkehrsunfällen getötet als im März 2020", hieß es. In der Regel sterben monatlich den Angaben einer Sprecherin zufolge mehr als 200 Verkehrsteilnehmer.
Aufgrund der Corona-Krise waren seit Mitte März deutlich mehr Menschen zu Hause geblieben, was sich auch im Straßenverkehr bemerkbar gemacht hatte. "Viele Leute mussten nicht mehr zur Arbeit fahren, der Berufsverkehr fand praktisch nicht mehr statt", sagt Unfallforscher Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Wegen gestrichener Reisen sei zudem der Verkehr auf Landstraßen und Autobahnen zurückgegangen. Und auch der Güterverkehr habe aufgrund der geschlossenen Grenzen stark abgenommen.
Laut dem Statistischen Bundesamt ging die Zahl der Verletzten bei Verkehrsunfällen in diesem März im Vergleich zum Vorjahresmonat um 27 Prozent auf rund 20.400 zurück. Die Zahl aller Verkehrsunfälle lag im März bei 166.000 (minus 23 Prozent). Zudem ist es der niedrigste Wert in einem März seit rund 30 Jahren. Das Bundesamt erfasst erst seit der Wiedervereinigung Monatszahlen in seiner Verkehrsstatistik, somit können für die Jahre davor keine Vergleichswerte gemacht werden.
Insgesamt registrierte die Polizei im ersten Quartal 2020 rund 564.000 Verkehrsunfälle, das entspricht einem Rückgang von 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Auch bei den ADAC-Luftrettern gingen die Zahlen zurück. So waren sie von Januar bis Anfang Mai rund 1300 Mal bei Verkehrsunfällen im Einsatz, wie ein Sprecher kürzlich sagte. Das seien rund 200 Einsätze weniger gewesen als im gleichen Zeitraum im Vorjahr - ein Rückgang von fast 15 Prozent.
"Wir haben zum ersten Mal einen Hinweis, was die geringe Verkehrsmenge im Unfallgeschehen bewirkt", sagte Brockmann. "Da im März eigentlich nur der halbe Monat betroffen war, erwarten wir für April sogar noch stärkere Rückgänge." Im Mai sei das Verkehrsaufkommen dann allerdings wieder deutlich gestiegen.
Der Unfallforscher beobachtete auch, dass aufgrund der fehlenden Touristen der Einsatz von E-Scootern deutlich zurückgegangen sei. Zudem seien viele Menschen vom Öffentlichen Nahverkehr auf das Fahrrad umgestiegen. "Dadurch, dass sie erst einmal gezwungen waren, den ÖPNV nicht mehr zu benutzen, haben sie vielleicht das Fahrrad dauerhaft für sich entdeckt." Um die Unfallgefahr einzudämmen, sei es deshalb noch dringlicher, die Infrastruktur für Radfahrer auszubauen. So seien in Berlin während der Corona-Krise bereits Pop-up-Radwege angelegt worden.
Nach Einschätzung von Brockmann werden die Unfallzahlen mit der Rückkehr zum früheren Verkehrsaufkommen wieder das alte Niveau erreichen - oder sogar etwas steigen. Denn aufgrund der Corona-Krise könnte die Zahl der Fahrradfahrer längerfristig wachsen, sagte er. Zudem könnte wegen der Online-Bestellungen der Lieferverkehr dauerhaft zunehmen. (dpa)