Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Sinus-Jugend-Studie: Kein Bock auf Rebellion? So ticken Deutschlands Teenager

Sinus-Jugend-Studie

Kein Bock auf Rebellion? So ticken Deutschlands Teenager

    • |
    Politikverdrossen und wild auf Konsum? Oder total vernetzt und Öko-korrekt? Die Sinus-Studie schaut sich intensiv das Leben der Teenager.
    Politikverdrossen und wild auf Konsum? Oder total vernetzt und Öko-korrekt? Die Sinus-Studie schaut sich intensiv das Leben der Teenager. Foto: Julian Stratenschulte (dpa)

    Noch nie seit der Nachkriegszeit sind die deutschen Jugendlichen so wenig rebellisch wie heute gewesen. Das ist ein Hauptergebnis der neuen Sinus-Jugendstudie, die Sozialwissenschaftler am Dienstag in Berlin vorstellten. Die Sehnsucht nach Geborgenheit und Orientierung in einer zunehmend unübersichtlichen Welt lasse Teenager eine ungewöhnlich große Nähe zur Elterngeneration suchen, lautet eine Erklärung dafür. "Das geht schon in Richtung Überanpassung", sagt Jugendforscher Klaus Hurrelmann.

    Forscher werten den ungewöhnlichen Kuschelkurs der Jugendlichen, den es so seit der Nachkriegszeit nicht mehr gab, nicht als Bequemlichkeit. Sie deuten die spürbare Sehnsucht nach Halt und Geborgenheit vielmehr als eine Reaktion auf Wirtschaftskrisen, Terrorgefahr und eine unübersichtlichere, globalisierte Welt.

    Jugend-Studie: Teenager folgen dem Mainstream

    Zu weiteren Ergebnissen zählt, wie sehr Teenager das Thema Flüchtlinge interessiert und wie tolerant viele der Zuwanderung gegenüberstehen. Gewundert hat die Forscher, dass junge Leute zunehmend ein wenig online-müde werden. Zum dritten Mal seit 2008 haben Jugendforscher im vergangenen Jahr 14- bis 17-Jährige nach ihren Meinungen und Gefühlen gefragt.

    Überrascht hat die Wissenschaftler der ausgeprägte Mainstream in der jungen Generation. Viele Teenager, mit und ohne Migrationserfahrung, wollen sein "wie alle". Auffällige Szene- und Subkulturen sind verschwunden. "Die" Jugend gibt es dennoch nicht: Es bleiben Gruppierungen von Konservativen über Ökos und Spaßfraktion bis hin zu Frustrierten, die sich abgehängt fühlen.

    Die Ergebnisse der Studie basieren auf langen und persönlichen Interviews mit 72 Teenagern aus verschiedenen Milieus, erläuterte Projektleiter Marc Calmbach. Die Forschung schätzt diese Methode wegen ihrer Tiefenschärfe als seriös ein. Für die repräsentative Befragungen der Shell-Studie werden weit mehr Jugendliche interviewt. Alle vier Jahre wird die Sinus-Studie durchgeführt.

    Die Ergebnisse der Jugend-Studie im Überblick:

    ZUWANDERUNG: Toleranz wird im Ergebnis in fast allen Jugendmilieus groß geschrieben. Anders als in der Welt der Erwachsenen ist die Sorge vor Zuwanderung kein großes Thema, Teenager zeigten eher Mitgefühl mit Flüchtlingen. Dazu kommt ein Pragmatismus, den die Forscher der jungen Generation generell attestieren. Zuwanderung sehen viele Jugendliche nur so lange als akzeptabel an, wie die Kapazitäten für eine gelungene Integration ausreichen. Ressentiments gegen Flüchtlinge fanden sich auch - allerdings häufig in Form von Stereotypen, die Teenager vom Hörensagen kannten. Die Wissenschaftler erklären sich die Offenheit auch mit der multi-ethnischen Wirklichkeit, in der viele Jugendliche heute aufwachsen, vor allem in großen Städten.

    WERTE: Oben auf der Prioritätenliste stehen Gemeinschaft, Familie, Sicherheit und Wohlstand. Dazu kommen Freiheit, Toleranz und soziale Werte. Für die Planbarkeit von Leben und Karriere nehmen Jugendliche klassische preußische Tugenden wie Pflichterfüllung in Kauf. Was nicht heißt, dass sie auf Ich-Fixierung, Spannung, Spaß und Risiko bis zur Ekstase verzichten. "Hart feiern, aber gute Noten", lautet ein Credo.

    DIGITALE WELT: Für Teenager gibt es kein Dasein ohne Internet und Smartphone. Leben heißt "online sein". Ohne soziale Medien drohe Ausgrenzung, lautet ein Fazit. Die bedingungslose Faszination aber beginnt zu bröckeln: Der Umgang mit neuen Medien ist mit Blick auf die Herausgabe persönlicher Daten zunehmend kritisch und selbstbestimmt. Zum ersten Mal wächst eine Minderheit, die sich der digitalen Dynamik mit dem Wunsch nach Entschleunigung zeitweise entziehen will. "Die Jugendlichen sind bestens mit Geräten ausgestattet und wunschlos glücklich", sagt Calmbach.

    LIEBE: Es gibt einen breiten Konsens, dass Vertrauen, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit zentrale Voraussetzungen für eine Partnerschaft sind. Der große Wunsch ist eine stabile Beziehung bis spätestens Mitte 30. Auch der Wunsch nach einer eigenen Familie ist früh da - viele Jugendliche koppeln die Idee aber an einen sicheren Job und guten Lebensstandard. dpa

    Studie

    Presse

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden