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Selbstmord: Experten zu Robin Williams: "Erfolg schützt nicht vor Depressionen"

Selbstmord

Experten zu Robin Williams: "Erfolg schützt nicht vor Depressionen"

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    Abschied von einem ganz Großen: Hollywood-Star Robin Williams.
    Abschied von einem ganz Großen: Hollywood-Star Robin Williams. Foto: Charles Sykes/Invision/AP/son

    Er war einer von vielen Betroffenen: Oscar-Preisträger Robin Williams litt an Depressionen. Jetzt hat sich der 63-Jährige nach bisherigen Erkenntnissen der Behörden das Leben genommen. Wie passt das zusammen: Der ruhmreiche Star, der "lustigste Mensch der Welt" - und eine solche psychische Erkrankung?

    Robin Williams war erfolgreich. Manche mögen sich daher wundern: Ausgerechnet er hatte Depressionen?

    "Es ist eine Krankheit, die jeden treffen kann", sagt der Vorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Prof. Ulrich Hegerl. Den Erfolgreichen, den Arbeitslosen, den Künstler, den Handwerker, den Prominenten. "Dass man Erfolg hat oder eine nette Familie, das schützt nicht vor Depressionen." Eine große Rolle für das Risiko, an Depressionen zu erkranken, spielt die genetische Veranlagung. Eine Veranlagung für die Krankheit kann aber auch erworben werden, etwa durch Missbrauchserfahrungen oder Traumata in der Kindheit.

    Robin Williams galt als der "lustigste Mensch der Welt". Wie schafft man es, trotz Depressionen als Komiker aufzutreten?

    Das war Schauspieler Robin Williams

    Schauspieler Robin Williams hat sich am 11. August 2014 allem Anschein nach das Leben genommen.

    Robin Williams wurde 63 Jahre alt.

    Der Schauspieler mit der markanten Nase und dem ebenso markanten Kinn war wandlungsfähig wie wenige andere.

    Robin Williams wurde für «Good Morning, Vietnam» (1987), «Der Club der toten Dichter» (1989) und «König der Fischer» (1991) dreimal für den Oscar nominiert.

    Er bekam Hollywoods höchste Ehre 1998 schließlich ausgerechnet als Nebendarsteller und ausgerechnet für ein Drama: In «Good Will Hunting» spielte er, bärtig und ungewohnt still, einen einfühlsamen Psychotherapeuten, der einem jungen Genie (Matt Damon) aus dem Arbeitermilieu den Weg weist.

    2006 bekannte sich Robin Williams öffentlich zu seinen Alkoholproblemen, legte eine Drehpause ein und ging in Behandlung.

    Er sei 20 Jahre trocken gewesen, habe jetzt aber wieder mit dem Trinken begonnen, sagte er damals. Nach seinem plötzlichen Erfolg als Fernsehkomiker Ende der 70er Jahre hatte er nach eigenen Angaben reichlich Kokain und Alkohol konsumiert.

    2009 musste er sich einer Herzoperation unterziehen, im Jahr zuvor war die zweite Ehe des dreifachen Vaters geplatzt.

    Im Oktober 2011 hatte Robin Williams aber wieder geheiratet, die Grafikdesignerin Susan Schneider.

    «Ich hoffe, in den Erinnerungen wird nicht sein Tod vorherrschen», sagte die Witwe, «sondern die unzähligen Momente des Spaßes und des Lachens, das er Millionen gab».

    Robin Williams litt unter Depressionen. Er nahm sich vermutlich das Leben. Tod durch Ersticken, hieß es nach einer ersten Einschätzung.

    In jemandem, der nach außen komisch und fröhlich wirkt, könne sich viel Traurigkeit verbergen, sagt Hegerl. "Das Bild des traurigen Clowns ist ja uralt." Nach Ansicht des Göttinger Psychiatrie-Professors Borwin Bandelow gibt es noch einen weiteren Aspekt: Bei Stars finde man häufig eine sogenannte emotional-instabile Persönlichkeitsstörung. "Sie prädestiniert dazu, dass man süchtig wird - und ein berühmter Star."

    Was genau kennzeichnet dieses Persönlichkeitsmuster?

    Eine solche Persönlichkeitsstörung - auch als Borderline-Störung bekannt - sei verbunden mit Ängsten, extremen Stimmungsschwankungen, Leergefühlen und auch Suizidgedanken, erklärt Bandelow. Es handele sich meist um Menschen, die zu wenig Endorphine hätten. Endorphine gelten unter anderem als Schmerzstiller. Mit Suchtmitteln wie Alkohol oder Kokain könnten die Betroffenen ihr Level an Endorphinen nach oben schrauben - oder aber durch Applaus, wenn sie auf der Bühne stehen. Ihre oft übertriebene Suche nach Anerkennung gebe ihnen aber auch Energie, an sich zu arbeiten und die Konkurrenz auszustechen. Auch Williams habe jahrzehntelang gegen seine Alkohol- und Kokainsucht angekämpft, sagt Bandelow.

    Wie häufig kommen Depressionen denn vor?

    Etwa fünf Prozent der Menschen in Deutschland sind laut Hegerl betroffen. "Es ist eine extrem häufige Erkrankung." Depressionen seien schon immer so oft vorgekommen, der Umgang damit sei allerdings heute viel offener. So seien vor 30 Jahren acht Prozent der Frühverrentungen auf psychische Erkrankungen - vor allem Depressionen - zurückzuführen gewesen, inzwischen seien es 42 Prozent. Im gleichen Zeitraum habe sich die Suizidrate von 18 000 pro Jahr auf weniger als 10 000 reduziert, vermutlich weil sich mehr Betroffene Hilfe holen.

    Hat auch der Selbstmord des Torwarts Robert Enke vor fast fünf Jahren den Umgang mit Depressionen verändert?

    Enkes Suizid löste damals eine breite Diskussion über psychische Erkrankungen aus. An seinem Fall habe man sehen können, dass Erfolg nicht vor Depressionen schützt, betont Hegerl. Und auch, dass die Krankheit lebensgefährlich ist.

    Was sind Symptome einer Depression?

    Robin Williams: Das waren seine größten Rollen

    Als Außerirdischer Mork vom Planeten Ork wurde er in Deutschland zum gefeierten Superstar.

    In "Garp und wie er die Welt sah" spielt Robin Williams 1982 den skurrilen Schriftsteller T.S. Garp.

    In "Good Morning Vietnam" brilliert Williams 1987 als Discjockey eines Soldatensenders.

    Als unkonventioneller Lehrer stellt er in "Der Club der toten Dichter" (1987) eine Privatschule auf den Kopf.

    In "Zeit des Erwachens" erforscht Robin Williams 1990 als Dr. Malcolm Sayer die Europäische Schlafkrankheit.

    Das Großstadtmärchen "König der Fischer" (1991) zeigt Robin Williams als Obdachlosen, der durch den Tod seiner Frau aus der Bahn geworfen wurde.

    In Steven Spielbergs "Hook" (1991) überzeugt Robin Williams als erwachsen gewordener Peter Pan.

    Das stachelige Kindermädchen "Mrs. Doubtfire" bringt ab 1993 ganze Generationen zum Lachen.

    Als homosexueller Armand Goldman sorgt Robin Williams in "The Birdcage – Ein Paradies für schrille Vögel" für Begeisterung.

    Als Psychologe gibt er in "Good Will Hunting" (1997) einem hochbegabten, aber beziehungsgestörten Jungen Halt...

    ... und wird dafür in der Kategorie "Bester Nebendarsteller" mit einem Oskar belohnt.

    Wandlungsfähig: Als psychopathischer Mörder und Erpresser wechselt Robin Williams in "Insomnia" (2002) in das Lager des Bösewichts.

    Zu den Diagnosekriterien zählen etwa die Unfähigkeit, Freude zu empfinden, Hoffnungslosigkeit, Erschöpfungsgefühle, eine gedrückte Stimmung und Schlafstörungen. "Die Leute liegen in den frühen Morgenstunden grübelnd im Bett", sagt Hegerl. Viele neigten zudem zu Schuldgefühlen - und sähen schließlich als einzigen Ausweg, sich selbst etwas anzutun.

    Wie wird eine Depression in der Regel behandelt?

    Bei schweren Depressionen verschreiben Ärzte den Patienten zunächst Antidepressiva, wie Hegerl erklärt. Die zweite wichtige Säule der Behandlung ist die Psychotherapie. Die Medikamente machten nicht abhängig, betont der Psychiatrie-Professor. Ein Problem sei eher, dass sie nicht sofort wirken, sondern erst nach einigen Wochen.

    Wie können Angehörige Betroffene unterstützen?

    Nach Hegerls Ansicht sollten sich Angehörige und Betroffene gründlich über die Erkrankung informieren, um verändertes Verhalten und Erleben besser einordnen zu können. Angehörige könnten den Patienten zudem Mut machen, sich behandeln zu lassen und die Behandlung konsequent durchzuziehen. Hegerl empfiehlt zudem den Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen, etwa über das Diskussionsforum der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Aber trotzdem müsse klar sein: "Auch der liebevollste Partner kann keine Depression zum Abklingen bringen." dpa/AZ

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