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Schmähgedicht von Böhmermann: Beleidigung von Staats-Chefs: Das ist der Paragraf 103

Schmähgedicht von Böhmermann

Beleidigung von Staats-Chefs: Das ist der Paragraf 103

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    Der türkische Präsident Erdogan will, dass Jan Böhmermann für seine Schmähkritik zur Rechenschaft gezogen wird.
    Der türkische Präsident Erdogan will, dass Jan Böhmermann für seine Schmähkritik zur Rechenschaft gezogen wird. Foto: Legnan Koula/Archiv (dpa)

    Der Paragraf 103 des Strafgesetzbuches, wegen dem ZDF-Moderator Jan Böhmermann eine Strafe droht, ist durchaus ein scharfes Schwert. Doch seine Anwendung ist an hohe Hürden geknüpft - weshalb es fraglich ist, dass es je zu einer Verurteilung wegen des Schmähgedichts über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan kommen wird.

    Paragraf 103: Welche Strafen sind vorgesehen?

    Der Paragraf 103 aus dem Jahr 1953 sieht bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe für die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes vor. Für den Fall der "verleumderischen Beleidigung" drohen sogar zwischen drei Monaten und fünf Jahren.

    Für den Fall, dass die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften begangen wurde, sieht das Strafgesetzbuch sogar eine öffentliche Bekanntgabe des Urteils vor. Zum Vergleich: Für eine "gewöhnliche" Beleidigung sieht der Paragraf 185 des Strafgesetzbuches eine Höchststrafe von einem Jahr vor - ist eine Tätlichkeit im Spiel, sind bis zu zwei Jahre möglich.

    Welche Bedingungen müssen für eine Strafverfolgung erfüllt sein?

    Dem Paragrafen 104a zufolge darf die Beleidigung nur geahndet werden, wenn Deutschland zum Land des betreffenden Staatsoberhauptes diplomatische Beziehungen unterhält, ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegt und die Bundesregierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt. 

    Welche Verfahrensschritte müssen die Behörden beachten?

    Nachdem die zuständige Staatsanwaltschaft Mainz - dort sitzt das ZDF - Strafanzeigen erhalten hat, ermittelt sie den Sachverhalt. Sie informierte darüber das Bundesjustizministerium, damit diese entscheidet, ob die Ermächtigung für die Strafverfolgung erteilt wird.

    Voraussetzung dafür ist allerdings vor allem, dass die türkische Regierung die Strafverfolgung verlangt - was Ankara inzwischen auch getan hat. Nun muss die Bundesregierung ihre Entscheidung treffen, was in den kommenden Tagen geschehen soll. Nur wenn sie der Strafverfolgung zustimmt, kann mit der eigentlichen Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft begonnen werden.

    Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Meinungsfreiheit, Kunstfreiheit und Beleidigung?

    Kunstfreiheit: Sie ist in Artikel 5 des Grundgesetzes festgeschrieben und gilt als eines der mächtigsten Grundrechte. Satire als eine Form der Kunst darf verzerren, übertreiben, verfremden. Doch auch für sie gelten Grenzen: dann etwa, wenn Menschen mit Schmähkritik überzogen werden. Berühmt ist etwa das sogenannte Strauß-Urteil von 1987: Eine Karikatur, die den Politiker als kopulierendes Schwein darstellte, war demnach nicht von der Kunstfreiheit gedeckt. Ob Satire eine Beleidigung ist, hängt davon ab, ob die sachliche Auseinandersetzung im Vordergrund steht oder der Wille, jemanden verächtlich zu machen.

    Meinungsfreiheit: Auch sie ist in Artikel 5 des Grundgesetzes verankert. Eine Meinung darf polemisch und überspitzt formuliert werden. Auch Amtsträger darf man in personalisierter Weise kritisieren. Nur wenn die Würde einer Person angetastet, sie beleidigt oder mit Schmähkritik überzogen wird, muss die Meinungsfreiheit zurückstehen. Berühmt wurde etwa das Zitat "Soldaten sind Mörder" von Kurt Tucholsky: Der Satz gilt als pauschales Werturteil und ist erlaubt. Die Aussage "Soldat Max Mustermann ist ein Mörder" hingegen kann als Schmähkritik aufgefasst werden.

    Schmähkritik und Beleidigung: Geht es bei einer Meinungsäußerung vor allem darum, eine einzelne Person herabzuwürdigen, spricht man von Schmähkritik. Laut Bundesverfassungsgericht ist sie sehr eng zu definieren, um die Meinungsfreiheit nicht allzu sehr zu beschränken. Daher ist es erlaubt, das Verhalten eines Richters in einem konkreten Fall als "schäbig" zu bezeichnen oder einen Arzt als "Scharlatan". Als strafbare Beleidigung gelten unter anderem Schimpfwörter wie "Schlampe" oder "Arschloch". Die Beleidigung von ausländischen Amtsträgern ist ein eigener Straftatbestand. Jürgen Petzold afp/dpa

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