Was bleibt, sind Erinnerungen: An eine ältere Dame, die ihre Rollen mit einem Augenzwinkern spielte, die weit davon entfernt war, so was wie die Mutter oder Oma der Nation zu werden. Rosemarie Fendel war eine richtige Dame. Rosemarie Fendel, die zähe, sich allen Klischees verweigernde Darstellerin von Frauen, die ihr Leben unter oft schwierigen Umständen bewältigen, wurde 85 Jahre alt. Am Mittwoch starb die Schauspielerin nach kurzer schwerer Krankheit in ihrem Haus in Frankfurt.
Rosemarie Fendel wirkte mit ihren feinen Gesichtszügen, ihrer aufrechten Haltung und ihrem sorgfältig frisierten Haar stets vornehm und diszipliniert. Doch das war nur ein Teil von ihr.
Fendels Zigarettchen draußen vor der Tür
Fendels andere Seite waren ihre Vitalität, ihre spontane Herzlichkeit und ihre Impulsivität, die sie auch in ihre vielen Rollen im Film und im Theater einbrachte. Wenn sie bei Presse-Vorführungen aus dem Saal verschwand, wusste jeder, dass sie sich draußen ein Zigarettchen anzündete. Nie kehrte sie den Star heraus. In den Pausen von Dreharbeiten huschte die zierliche Person so unauffällig aus dem Studio ins Freie, dass sie von Journalisten oft übersehen wurde.
Ihr schauspielerisches Credo: „Ich laufe als offenes Buch durch die Welt. Wenn ich Kummer habe, halte ich damit nicht hinter dem Berg“, sagte sie mal. Nun ist die Schauspielerin, Regisseurin und Drehbuchautorin Rosemarie Fendel in ihrem Frankfurter Haus gestorben.
Rosemarie Fendels letzter Auftritt in "Das Adlon"
Mehr als 65 Jahre hatte Fendel, die 1927 in Metternich bei Koblenz geboren wurde, auf der Bühne oder vor einer Kamera gestanden. Ihr Debüt gab sie 1946 an den Kammerspielen in München. Nach einem Engagement in Tübingen holte Gustaf Gründgens sie nach Düsseldorf ans Schauspielhaus. Es folgten Auftritte in Darmstadt, München und Frankfurt am Main. 1968 drehte sie an der Seite von Erik Ode für die Krimiserie „Der Kommissar“. Sie war die eher unauffällige Ehefrau. Obwohl Rosemarie Fendel ihren Schwerpunkt im Fernsehen hatte, spielte sie auch in Kinofilmen. In „Trotta“ (1972) etwa, wo ihr langjähriger Lebensgefährte Johannes Schaaf Regie führte. Ihren letzten Auftritt hatte Fendel im ZDF-Dreiteiler „Das Adlon“ im Januar dieses Jahres.
Tochter Suzanne von Borsody war ihr wichtig
An ihrem Beruf schätzte sie vor allem die Möglichkeit, in andere Rollen zu schlüpfen. „Man grübelt ja immer über die Figuren, die man spielt. Diese Nabelschau, dazu bin ich überhaupt nie gekommen in meinem Leben“, sagte sie einmal. Eine selbstverliebte Diva war Fendel in der Tat überhaupt nicht. Viel wichtiger als der Ruhm war ihr ihre Tochter Suzanne von Borsody, die selber eine erfolgreiche Schauspielerin wurde.
Mutter und Tochter machten aufgrund ihrer ähnlichen Stimme oft Anrufern das Leben schwer. „Ja, das war lustig“, sagte Rosemarie Fendel einmal im Interview mit unserer Zeitung: „Die Leute sind oft reingefallen und haben geglaubt, sie sprechen mit mir, wenn Suzanne am Telefon war.“
Fendel lieh Elizabeth Taylor ihre Stimme
Suzanne stammt aus Fendels Ehe mit dem Regisseur und Schauspieler Hans von Borsody. Nach der Scheidung 1962 begann Rosemarie Fendel zu synchronisieren und lieh Stars wie Elizabeth Taylor, Jeanne Moreau und Annie Girardot ihre Stimme. Aber wie gut sie als Schauspielerin war, sah man noch 2010 in Margarethe von Trottas Film „Die Schwester“, wo die Fendel sich einen großartigen Schlagabtausch mit Cornelia Froboess lieferte. (mit dpa)