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„Rock am Ring“: Der Untergang des Festivallandes

„Rock am Ring“

Der Untergang des Festivallandes

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    Das gab’s noch nie, das Ende am Sonntagmorgen: Über völlig verschlammte Wege räumen zehntausende Besucher das Festivalgelände von „Rock am Ring“.
    Das gab’s noch nie, das Ende am Sonntagmorgen: Über völlig verschlammte Wege räumen zehntausende Besucher das Festivalgelände von „Rock am Ring“. Foto: Thomas Frey/dpa

    Es ist, als läge ein Fluch über dem neuen Gelände. Schon als im vergangenen Jahr nach Streitigkeiten zwischen den Verantwortlichen „Rock am Ring“ erstmals nicht an seiner ja auch namensspendenden Heimat stattfand, dem Nürburgring, sondern auf einem Flughafen Nahe Mendig, schlugen Blitze auf dem Zeltplatz ein und verletzten etwa 20 Besucher. Und dieses Jahr gleich am ersten Tag nun fast die Katastrophe. Über 80 Verletzte – und immer weitere Unwetterwarnungen. Lebensgefahr!

    Wie ein altes Schlachtengemälde: Das Festival-Gelände in Mendig unter ständig neu heranziehenden Gewitterfronten.
    Wie ein altes Schlachtengemälde: Das Festival-Gelände in Mendig unter ständig neu heranziehenden Gewitterfronten. Foto: Thomas Frey/dpa

    „Rock am Ring“-Vater Marek Lieberberg verkündete schließlich, dass das Festival vor dem dritten Tag erstmals abgebrochen werde. Obwohl in der Festival-Ordnung steht, die Konzerte fänden „unter allen Umständen“ statt; obwohl Plakate mit Sprüchen zur grenzenlosen Party herausforderten: „Pure Vernunft darf niemals siegen!“ Trotz Rock’n’Roll also. Zwar war am Samstag ein weiteres schweres Unwetter abgezogen und hatte so ermöglicht, dass auch eine der Hauptattraktionen, die Red Hot Chili Peppers, noch ihr Konzert gaben – aber für Sonntag gab die Gemeinde Mendig keine Freigabe mehr, und auch der rheinland-pfälzische Innenminister sorgte dafür, dass die Sicherheit vorging. Hatte es Zweifel daran geben können?

    Jeder, der erlebt hat, wie ein Unwetter über ein Festival kommt, kennt die Balance zwischen einer durch Kitzel gesteigerten Konzertfreude und Angst angesichts mächtiger Aufbauten und Stromanlagen in unmittelbarer Nähe. Was die Balance im Positiven hält, ist die Gewissheit, dass, sobald wirklich Gefahr in Verzug wäre, der Veranstalter informieren und abbrechen würde. Beim Nürnberger „Rock im Park“ wurden 2015 Tausende wegen einer Unwetterwarnung nachts aus ihren Zelten geholt und im Frankenstadion in Sicherheit gebracht. Schon damals sagte man sich hier (hinter vorgehaltener Hand, es ist schließlich der gleiche Chef), dass beim Gewitter über „Rock am Ring“ zu lange gewartet worden sei. Veranstalter Lieberberg verwehrte sich gegen ähnliche Zweifel nach den Zwischenfällen nun, tat sie als „Skandalisierung“ ab.

    "Rock am Ring": Festivalabbruch 2016

    Hitzig dürften auch die Auseinandersetzungen um eine Unterbrechung oder den Abbruch bereits am Samstag gewesen sein. Denn die am Samstagabend doch noch gespielten Konzerte könnten ausschlaggebend dafür sein, dass die Zuschauer nun ihr Eintrittsgeld nicht zurückbekommen – es ist ja nun mindestens die Hälfte des Programms geboten worden, und damit genug, so ist bei den meisten Open-Air-Veranstaltungen die Regel. Es steht viel Geld auf dem Spiel: gut 90000 Zuschauer bei Kartenpreisen von knapp 200 Euro – rund 18 Millionen Euro. So jedenfalls kam der Untergang des Festivallandes spät genug, um kein kniffliger Versicherungsfall zu werden. Halten die Wettertendenzen an – das heikle Abwägen könnte künftig eine dauerhaft unschöne Begleiterscheinung des schönen Sommerrituals namens Open Air werden.

    Außer es ist eben doch nur ein Fluch des Geländes und „Rock am Ring“ findet nächstes Jahr doch wieder am Nürburgring statt. Schon vor der diesjährigen Ausgabe hatte es solche Gerüchte gegeben, nachdem Marek Lieberbergs Konkurrent mit einem Alternativfestival dort („Grüne Hölle“) ja gleich vor der ersten Auflage gescheitert war.

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