Nenn mir auf die Schnelle drei Hits von Roberto Blanco. Klar, „Ein bisschen Spaß muss sein“, „Der Puppenspieler von Mexiko“. Und sonst? „Heute so, morgen so“ läuft in der Blanco-Gedächtnis-Hitparade nur so mit, obwohl der Sänger damit 1969 das „Deutsche Schlagerfestival“ gewonnen hat.
Springt er heute vergnügt auf die Bühne, sind diese Lieder fällig, viel anderes erwartet das Publikum nicht. Er ist ein stets grinsender bunter Hund, dessen Privatleben neben Spaß viel Dramatik zu bieten hatte. Das von den Medien ausgeschlachtete Ende seiner langjährigen Ehe mit seiner ersten Frau Mireille, die Reibereien mit seiner zweiten Tochter Patricia. Schlagzeilen, die ihm nicht behagten, wo er doch lieber ein netter Kerl sein will.
Am Mittwoch erscheinen seine Memoiren „Von der Seele“, die niemanden überraschen dürften. Viele Promis, die seinen Weg begleitet haben, zählt er auf. Was man halt von Starbiografien so kennt. Dass er hintergründelnd seine Seele zu Wort kommen ließe und seine Rolle überdacht habe, die er als Entertainer spielt – kann man nicht behaupten. Ob ihn manche unauffälligen Menschen beeindruckt haben, solche, die mit der Branche nichts zu tun haben – hätte man gerne gelesen.
Kein Wunder also, dass die Struktur seines Buches klassisch ist, streng chronologisch. Da ist der afrokubanische Vater, ein Folklorekünstler und Tänzer, den er bewunderte. Der bei den Frauen ankam. Und seine früh verstorbene Mutter. Roberto ging mal in Beirut, mal in Madrid zur Schule. Ein Lausbub, immer zu Streichen aufgelegt. Der als Messdiener heimlich fast den ganzen Kelch Wein ausgetrunken hat. Sogar in die Sommerresidenz des Papstes wurde er eingeladen. „Ich nahm gleich den ganzen Papst in den Arm und drückte ihn“, berichtet er stolz. Damals war der großartige Umarmer Roberto geboren. Denn immerhin war Pius XII. ein streng aussehender, asketisch wirkender Papst.
Was Roberto Blancos erste Frau wohl zu den Seitensprüngen sagt?
Seine Erwachsenenjahre waren geprägt von Wiederholungen. Kaum verheiratet, war offenbar keine Stewardess vor ihm sicher. Immer wieder geht er fremd. Der Deutschen Presse-Agentur sagt er dazu: „Wir sind geschieden, wir sind auseinander – ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr das wehtut.“ Das Einzige, was sie sagen werde? „Das habe ich geahnt.“ Meint Blanco. Dessen Aufzählung der Fünf-Sterne-Hotels in seinem Buch man bald schon leid wird. Das Höchste war, wenn er mittels Cabrio abgeholt wurde.
Wie ein Kind bewunderte er die Schönen und Reichen. So erinnert er sich an eine Bootstour der österreichischen Kristallhersteller Swarowski auf Sardinien, bei der die rothaarige Sängerin Milva ein Ständchen sang. Robertos Fazit: „Das war lustig.“ Weniger lustig wurde im Lauf der Zeit sein Familienleben. Wortreiche Entschuldigungen bei der ersten Ehefrau Mireille, aber viel Kritik an Tochter Patricia, die, so Blancos Klage, ein Internat nach dem anderen schmiss, bis sie bei „Big Brother“ landete. Und das bei einem Vater, der drauf und dran war, Arzt werden zu wollen, ehe ihn die Glitzerwelt nicht mehr losließ. „Ab und zu hat mir das Schicksal eine ordentliche Ohrfeige gegeben“, gibt Blanco zu, dessen Name kein Pseudonym, sondern der Mädchenname seiner Mutter ist.
Überraschenderweise erzählt der Sänger, dass er nie Schwierigkeiten mit seiner Hautfarbe hatte. „Meine Farbe war meine beste Propaganda.“ Obwohl er einmal in Warnemünde beim nächtlichen Spaziergang auf eine offenbar rechtsgerichtete Gang stieß. Aber die wollte nur ein Autogramm für die Oma.
Noch heute fährt der 80-Jährige, der ein soziales Herz hat, gut mit der Operettenweisheit seines Vaters: „Lass deine Sorgen und Probleme zu Hause. Du musst immer lächeln, egal wie es in deinem Herzen aussieht.“ Das tut er, was sich privat spiegelt. Im Glück seiner zweiten Ehefrau Luzandra aus Kuba. Das Buch verrät auch einiges von der Eitelkeit des Autors. Ein singendes Unikum mit drei großen Hits. Und roten Sakkos, mit denen er gar Thomas Gottschalk ausgebootet habe.
Roberto Blanco: Von der Seele. Plassen Verlag, 220 Seiten, 19,99 Euro