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"Retro" statt Prada im Vatikan

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"Retro" statt Prada im Vatikan

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    "Retro" statt Prada im Vatikan
    "Retro" statt Prada im Vatikan

    Von Martine Nouaille Vatikanstadt (AFP). Von Prada sind sie nicht, die roten Schuhe des Papstes, die kürzlich so viel Aufsehen erregten, dass der Vatikan sich zu einem offiziellen Dementi gezwungen sah. Benedikt XVI. sei "ein einfacher Mann", der "nicht von

    Kein "Prada-Papst" also - wohl aber ein "Retro-

    Der Hang des Papstes zum Extravaganten entging auch dem Männer-Magazin Esquire nicht: Es kürte das Kirchenoberhaupt im vergangenen Jahr zum "Accessoire-Träger des Jahres". Ausschlaggebend dafür dürfte die Markensonnenbrille von Serengeti gewesen sein, mit der sich der Papst zeigte - und weniger die bestickten Chorhemden oder jahrhundertealten Bischofsmützen, die der 81-Jährige ebenfalls in seine Dienstkleidung aufnahm.

    Ein Seidenschirm symbolisiert die weltliche Macht

    Der Papst mag es altmodisch-plüschig. So kramte er den Camauro wieder hervor, die mit Hermelin-Pelz besetzte rote Samtmütze, die zuletzt den Kopf des 1963 verstorbenen Papstes Johannes XXII. zierte. Benedikt XVI. bescherte auch dem Ombrellino ein Comeback, dem Seidenschirm, der die weltliche Macht des Papstes symbolisieren soll. In seinen Gottesdiensten lässt der deutsche Papst die Gläubigen bei der Kommunion auf einer Bank vor sich niederknien - eine Tradition, die nach den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils Anfang der 60er Jahre eigentlich weitgehend abgeschafft wurde. Heute erhält der Gläubige meist stehend vor dem Priester die Hostie in die Hand und schiebt sie sich selbst in den Mund.

    Beobachter führen die Rückkehr zu längst überholten Praktiken und Requisiten auf den neuen päpstlichen Zeremonienmeister Guido Marini zurück, der seit Oktober 2007 diskret im Hintergrund die Abläufe der Liturgien plant. Der zurückhaltende Mann gab sein erstes Interview jüngst der Zeitung Il Giornale - was ihm die Zeitung mit der Spaß-Überschrift "Der Vintage-Papst" (etwa: Der altmodische Papst) dankte. Im L'Osservatore Romano - direkt neben dem Prada-Dementi - erläuterte Marini dann noch einmal in aller Ernsthaftigkeit, was es mit dem neuen Stil auf sich hat: Der Vatikan wolle mit der Rückkehr zu Traditionen "das Mystische" und "das Heilige" stärken.

    Das Niederknien bei der Kommunion helfe dem Gläubigen bei der Hingabe und erleichtere ihm die Hinwendung zum Mystischen, sagte der Zeremonienmeister.

    Die Kirche entwickle sich unter Wahrung ihrer Traditionen weiter. Es könne nicht zwischen Traditionen vor und nach dem Zweiten Konzil verglichen werden. Als Benedikt XVI. im vergangenen Jahr viele Elemente der lateinischen Messe des 16. Jahrhunderts aus der Versenkung holte, sagte er, die alten und die neuen Gottesdienst-Praktiken sollten sich "gegenseitig bereichern". Kritik an der Rückkehr zu den alten Praktiken gibt es im Vatikan nur hinter vorgehaltener Hand. So äußerte ein Prälat seinen Unmut: "Die liturgische Feier ist vor allem eine spirituelle Begegnung zwischen den Gläubigen und Christus", sagte er. "Das zunehmende Augenmerk auf Riten könnte dieser Begegnung ein Gefühl von Zwanghaftigkeit geben."

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