Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Reformideen: Papst Franziskus fordert: Barmherzigkeit über Moral

Reformideen

Papst Franziskus fordert: Barmherzigkeit über Moral

    • |
    Wieder spricht er offene Worte und kritisiert die Kirche: Papst Franziskus will die Barmherzigkeit in den Vordergrund rücken und sprach sich für Homosexuelle und Geschiedene aus.
    Wieder spricht er offene Worte und kritisiert die Kirche: Papst Franziskus will die Barmherzigkeit in den Vordergrund rücken und sprach sich für Homosexuelle und Geschiedene aus. Foto: Maurizio Brambatti/Archiv (dpa)

    Papst Franziskus hat in seinem ersten längeren Interview die Kirche mit Reformideen aufgerüttelt. Er forderte Achtung und "Barmherzigkeit" für Schwule und Geschiedene und sprach sich in dem am Donnerstag veröffentlichten Gespräch auch für eine starke Rolle der Frau aus. "Wir müssen ein neues Gleichgewicht finden, sonst fällt auch das moralische Gebäude der Kirche wie ein Kartenhaus zusammen", sagte der Papst der Jesuitenzeitschrift "Civiltá Cattolica".

    Papst Franziskus öffnet Tür für Reformen

    Das Gespräch wurde zeitgleich auch von rund 15 weiteren christlichen Publikationen veröffentlicht, darunter die "Stimmen der Zeit" aus München. Der Papst ging darin mit der Kirche ins Gericht: "Was die Kirche heute braucht, ist die Fähigkeit, die Wunden zu heilen und die Herzen der Menschen zu wärmen", sagte er. Die Verkündigung der Liebe Gottes müsse "der moralischen und religiösen Verpflichtung vorausgehen. Heute scheint oft die umgekehrte Ordnung vorzuherrschen". Franziskus sprach sich konkret für mehr Respekt für Schwule und Lesben aus, auch wenn er betonte, das sich die offizielle Haltung der Kirche nicht geändert habe.

    Die Päpste seit 1800

    2013: Franziskus (Argentinien)

    2005 - 2013: Benedikt XVI. (Deutschland)

    1978 - 2005: Johannes Paul II. (Polen)

    1978: Johannes Paul I. (Italien)

    1963 - 1978: Paul VI. (Italien)

    1958 - 1963: Johannes XXIII. (Italien)

    1939 - 1958: Pius XII. (Italien)

    1922 - 1939: Pius XI. (Italien)

    1914 - 1922: Benedikt XV. (Italien)

    1903 - 1914: Pius X. (Italien)

    1878 - 1903: Leo XIII. (Italien)

    1846 - 1878: Pius IX. (Italien)

    1831 - 1846: Gregor XVI. (Italien)

    1829 - 1830: Pius VIII. (Italien)

    1823 - 1829: Leo XII. (Italien)

    1800 - 1823: Pius VII. (Italien)

    Papstinterview: Keine Einmischung in das persönliche Leben

    Er habe viele Briefe von Homosexuellen erhalten. Diese fühlten sich immer von der Kirche verurteilt. "Aber das will die Kirche nicht", versicherte Franziskus. "Es darf keine spirituelle Einmischung in das persönliche Leben geben." Auch für Geschiedene sowie für Frauen, die abgetrieben haben, verlangte der Papst mehr Mitgefühl. So sprach er von dem Fall, wenn sich eine geschiedene Frau nach einer Abtreibung reuevoll an einen Beichtvater wende. Der müsse unterscheiden können, "was das Richtige für einen Menschen ist, der Gott und seine Gnade sucht.

    Das ist Papst Franziskus

    Franziskus, mit bürgerlichem Namen Jorge Mario Bergoglio, wurde am 17. Dezember 1936 als Sohn italienischer Einwanderer in Argentinien geboren.

    Sein Vater war Bahnangestellter in der argentinischen Hauptstadt. Dort ging er auf eine technische Schule, die er als Chemie-Techniker absolvierte.

    Mit 21 Jahren ging Bergoglio ins Priester-Seminar.

    Nach seiner Priesterweihe 1969 folgte Bergoglio Theologiestudien und wurde 1973-1979 zum Provinzial des Jesuitenordens berufen.

    Der Jesuit übernahm 1998 die Erzdiözese von Buenos Aires und wurde 2001 zum Kardinal berufen. 

    2001 wurde Jorge Mario Bergoglio zum Kardinal berufen. 

    In den letzten Jahren kollidierte Bergoglio mehrfach mit den Regierungen von Néstor und Cristina Kirchner. Er kritisierte Korruption und Armut, außerdem wandte er sich gegen die Legalisierung der Homo-Ehe in Argentinien.

    Bergoglio wurde in der Vergangenheit der "Kardinal der Armen" genannt.

    Mit 76 Jahren und seiner etwas gebrechlichen Gesundheit ging Jorge Mario Bergoglio in die neue Papstwahl eher als Außenseiter unter den Favoriten.

    Im fünften Wahlgang wurde Bergoglio dann zum neuen Papst gewählt.

    Bergoglio nennt sich als Papst Franziskus.

    Franziskus ist der erste Südamerikaner an der Spitze der katholischen Kirche.

    Mit dem Namen erinnert der Argentinier an Franz von Assisi (um 1181-1226), einen der meistverehrten Heiligen überhaupt.

    Bereits in den ersten Monaten nach seiner Wahl zeigt sich Franziskus als Reformer. Er will nach eigener Aussage eine Kirche, in der auch die Armen, Schwachen und Unterdrückten Platz haben.

    Franziskus: Der Beichtstuhl ist kein Folterinstrument

    Der Beichtstuhl ist kein Folterinstrument". In dem Interview, das in mehreren Sitzungen im August geführt wurde, sprach sich der Papst für eine starke Rolle der Frau in der Kirche aus - ein weiteres kontroverses Thema, weil Frauen das Priesteramt verwehrt bleibt. "Die Räume für eine entscheidende weibliche Präsenz in der Kirche müssen weiter werden", sagte Franziskus. Allerdings hätten Frauen "eine andere Struktur" als Männer. Die Kirche stehe vor der Herausforderung, über den spezifischen Platz der Frau nachzudenken, und zwar "gerade auch dort, wo in den verschiedenen Bereichen der Kirche Autorität ausgeübt wird". Mit dem Interview bekräftigte Franziskus seinen Reformwillen. Auch wenn er die Dogmen der Kirche nicht in Frage stellt, rückt er die Barmherzigkeit in den Vordergrund: "Ich sehe die Kirche wie ein Feldlazarett nach einer Schlacht.

    Barmherzigkeit soll vor Moral kommen

    Man muss einen schwer Verwundeten nicht nach Cholesterin oder nach hohem Zucker fragen. Man muss die Wunden heilen." Als "revolutionäre Vorschläge" bezeichnete die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" die Äußerungen des Papstes; der "International Herald Tribune" schrieb von einer "Kehrtwende" der Kirche. Der Vatikanexperte und Biograph des früheren Papstes Benedikt XVI., Marco Politi, interpretierte Fransziskus' Aussagen als "Bruch" mit dem Amtsvorgänger. Dagegen kritisierte die Vatikanzeitung "L'Osservatore Romano" die "verschiedenen Auslegungen" des Gesprächs. Der Papst habe lediglich "treu auf das Wort Jesu antworten" wollen.  AFP/AZ

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden