Stellen Sie sich vor, wir finden einen neuen Popstar und keiner merkt's. Die Ehre Deutschlands soll er verteidigen, "unser" Star für Baku, und beim Eurovison Song Contest an Lenas Erfolg anknüpfen. Aber niemand interessiert sich dafür. Roman Lob? Ornella de Santis? Sagen Ihnen die Namen etwas? Wahrscheinlich nicht. Soviel sei verraten: Das sind die zwei Finalisten der TV-Castingshow "Unser Star für Baku". Zumindest hat das am Montagabend das TV-Publikum so bestimmt. Bleibt nur die Frage: Welches Publikum?
Sogar ein Zweitligaspiel hat bessere Quoten
Kaum jemand schaltet zu der Sendung ein. Bei "Unser Star für Oslo" mit Lena war das noch anders. An Lena erinnert sich jeder. Die süße dunkelhaarige Maus mit der frechen Klappe, die erst die Castingshow, dann die Herzen der Deutschen und letztlich sogar den Eurovision Song Contest gewonnen hat. In ihre Fußstapfen sollen nur Roman oder Ornella treten. Doch einige befürchten nun, dass das eine traurige Geschichte werden könnte.
Denn ziemlich traurig sind bereits die Quoten der Show. Die Zuschauerzahlen des Eurovisions-Castings "Unser Star für Baku" bleiben mau. Das Halbfinale am Donnerstagabend war ein großer Flop, verlor mit nur 1,22 Millionen Zuschauern sogar gegen das Zweitligaspiel bei Sport1, das 1,26 Millionen Fans sahen. Es interessieren sich also mehr Fernsehzuschauer für ein Zweitligaspiel als für "Unser Star für Baku". Woran liegt das? In ein Wort zusammengefasst: An der Überpräsenz.
Deutschland steckt im Casting-Overkill
Deutschland erlebt derzeit einen Castingshow-Overkill. Egal welches Programm, egal welches Genre, mittlerweile wird alles und jeder gecastet. Dafür haben selbst die hartgesottenen Trash-TV-Liebhaber nur noch ein Augenrollen übrig und vor allem den Überblick verloren. "The Voice of Germany" ging gerade erst zu Ende, "Deutschland sucht den Superstars" kommt gerade in die Motto-Shows, auf Vox wird derzeit "Das perfekte Model" gesucht und auch "Germany' next Topmodel" startet bald wieder.
Dabei haben die Fernsehzuschauer gerade erst die Finalisten von "X-Factor" und "Das Supertalent" gewählt. An die Gewinner erinnern kann sich kaum einer. Und genau das ist das Problem: Wer unter solchem Konkurrenzdruck leidet, sollte sich abheben. Das gelingt der Jury von "Unser Star für Baku" nicht. Neben dem sympathischen, aber etwas farblosen Thomas D sitzt Alina Süggeler, die Sängerin der Band Frida Gold. Wer hätte gedacht, dass die Frau mit Glatze und extravagantem Kleiderstil so farblos daherkommt?
Hat Deutschland genug von Stefan Raab und dem Euroviosion Song Contest?
Da wären wir auch schon bei der zweiten Überpräsenz: Stefan Raab. Er ist nicht Ideengeber der Show, sondern auch kurzfristig als Jury-Mitglied eingesprungen. Zugegeben: Alles, was er anfasst, wird zu Gold. Seine Fernsehshows sind sehr erfolgreich, sei es TV Total, die Wok-WM, Schlag den Raab oder das TV-Total-Turmspringen. Allerdings grinst Stefan Raab einen dadurch auch fast jeden Abend auf ProSieben entgegen. Da kann es dem Fernsehzuschauer auch schnell mal langweilig werden. Auch die Blitztabelle scheint nicht so spannend wie erhofft.
Genauso langweilig übrigens wie das Thema „Eurovision Song Contest“. Dass Lena zweimal hintereinander angetreten ist, war zu viel des Guten. Lena war am Anfang noch Deutschlands Liebling, mittlerweile wirkt das ehemals freche Gör wie eine arrogante Zicke – zumindest präsentiert sie sich so in der Arte-Sendung „Durch die Nacht mit…“. Der Auftritt dort ließ sogar Lena-Fans zu erbosten Kommentaren auf deren Facebook-Seite hinreißen.
Am Donnerstag läuft das Finale
So weit wird es mit dem „Unser Star für Baku“-Sieger sicher nicht kommen. Denn vor dem Fall kommt bekanntlich der Aufstieg. Und wenn „Unser Star für Baku“ weiter mit Regionalliga-Quoten vor sich hin dümpelt, wird das mit dem Aufstieg schwierig werden. Für Roman oder Ornella. Sie wissen schon, das sind die Finalisten.
Ach ja: Das Finale von "Unser Star für Baku“ läuft am Donnerstag, 16. Februar, um 20.15 Uhr in der ARD.