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Queen Elizabeth: Die Queen begeistert Berlin

Queen Elizabeth

Die Queen begeistert Berlin

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    Queen Elizabeth ist momentan bei ihrem fünften Staatsbesuch in Deutschland.
    Queen Elizabeth ist momentan bei ihrem fünften Staatsbesuch in Deutschland. Foto: Markus Schreiber

    Neil MacGregor weiß, warum die Queen so einzigartig ist. Der Chef des Britischen Museums, der sich bald um die Sammlungen im neuen Berliner Schloss kümmern wird, hat eigens im Duden nachgeschlagen. Der führt die Monarchin nicht als eine von vielen Königinnen, sondern einfach nur als „die Queen“. Wie niemand sonst, findet der renommierte Kunsthistoriker, verkörpere diese Frau ihr Land, und wenn es dafür noch eines Beweises bedurft hätte, dann liefert ihn der Duden in seiner gewohnten Präzision. Für die Queen, sagt MacGregor, „gibt es keinen Plural“. Party in Berlin: Die Queen feiert heute ihren Geburtstag nach

    Berlin, Technische Universität. Elizabeth II. hat schon ein strapaziöses Programm hinter sich, als sie am Nachmittag zur „Queens Lecture“ im größten Hörsaal der Hochschule Platz nimmt. Zur königlichen Vorlesung, von ihr selbst vor fünf Jahrzehnten gestiftet, kommen einmal im Jahr renommierte britische Wissenschaftler nach Berlin. So unterhaltsam, so launig und temperamentvoll wie MacGregor allerdings dürften dort bislang nur wenige seiner Landsleute aufgetreten sein. Um der Königin und seinen deutschen Zuhörern zu erklären, was typisch britisch ist, lässt er James Bond in einem kurzen Spot über die Leinwand sprinten, erzählt von der seit Jahrhunderten anhaltenden Begeisterung des Königshauses für englische Windhunde und deutsche Dackel und streut, ganz nebenbei, auch noch ein Foto ihres Urenkels George mit seiner gerade erst geborenen Schwester Charlotte auf dem Schoß in seinen Vortrag ein. Selbst die Queen, sonst die Ernsthaftigkeit in Person, kann sich da das eine oder andere Lächeln nicht verkneifen.

    Fünfter Staatsbesuch der Queen

    Es ist der fünfte Staatsbesuch der 89-Jährigen in der Bundesrepublik. Als die junge Elizabeth, die alle „Lilibeth“ nennen, 1952 den Thron besteigt, ist Theodor Heuss noch Bundespräsident, Konrad Adenauer noch Bundeskanzler und Angela Merkel noch gar nicht geboren. Bilder von ihrem ersten Deutschland-Besuch im Mai 1965 zeigen sie mit Prinz Philip im offenen Mercedes an der Mauer und mit einem schmalen Spaten in der Hand im Tiergarten, der grünen Lunge der Stadt.

    Die Roteiche, die die Queen dort pflanzt, steht heute noch: Mehr als 20 Meter hoch, nicht ganz gerade gewachsen und offenbar von bemerkenswerter Robustheit. Kaum eingesetzt, brechen Unbekannte damals den kleinen Stamm fast vollständig ab, nur der geduldigen Arbeit eines Gärtners, jeder Menge Baumwachs und einem stützenden Pfahl ist es zu verdanken, dass der Baum überlebt. Am Anfang wird er sogar von der Polizei bewacht.

    Diesmal bringt die ganz in Weiß gekleidete Elizabeth II. keine Eiche mit, sondern ein dickes, in der Bibliothek von Schloss Windsor noch einmal neu gebundenes Buch aus dem 19. Jahrhundert, die „Briefe eines Verstorbenen“, eine Art fragmentarisches Tagebuch von Hermann Fürst von Pückler-Muskau. 70 Jahre nach Kriegsende soll ihr Geschenk für Bundespräsident Joachim Gauck auch die engen Bande symbolisieren, die Deutsche und Briten verbinden: Das Haus Windsor ging einst aus dem Haus Hannover hervor, ihr Ehemann Prinz Philip hat bekanntlich deutsche Wurzeln, und wenn es irgendwo im wiedervereinten Deutschland ein Gartenreich gibt, das den berühmten englischen Gärten Konkurrenz machen kann, dann ist es der Park des Fürsten Pückler in der Lausitz.

    Marzipan und Bild als Geschenk von Gauck

    Gauck seinerseits revanchiert sich mit Lübecker Marzipan und einem Bild der Malerin Nicole Leidenfrost, das die junge Königin im Alter von etwa neun Jahren auf einem Pony zeigt. Als Vorlage dafür diente der Künstlerin eine Fotografie aus dem Privatbesitz der Königin, die erst vor zwei Jahren veröffentlicht wurde, kurz nach der Geburt des kleinen George. Am Abend, beim Staatsbankett zu ihren Ehren, erinnert Gauck dann noch einmal an den Baum der Königin, der seit 50 Jahren im Tiergarten wächst: „Welch ein schönes Sinnbild für die gewachsene und tief wurzelnde Freundschaft zwischen unseren Ländern.“

    Es hat gerade noch rechtzeitig zu regnen aufgehört, als die Queen und Prinz Philip am Vormittag in ihrem 400 PS starken Bentley beim Bundespräsidenten vorfahren, wo sie sich ins Goldene Buch eintragen und im Garten von Schloss Bellevue mit militärischen Ehren begrüßt werden. Monarchenroutine.

    Für eine Frau, die im nächsten Jahr ihren 90. Geburtstag feiert, absolviert Elizabeth II. allerdings nicht nur ein bemerkenswert vollgepacktes Tagesprogramm, sie ist auch noch erstaunlich flott zu Fuß, als sie die Ehrengarde der Bundeswehr abschreitet. Ein paar Meter entfernt steht eine Gruppe von Schülern mit deutschen und britischen Fähnchen Spalier. Auch sie hat das Protokoll des Präsidialamtes vorher ermahnt, nur ja keine Handys zu zücken. Die Queen, das weiß man, hasst nichts mehr als Mobiltelefone, die ihr entgegengereckt werden, um rasch noch einen Schnappschuss von der Königin zu ergattern. Ein Selfie mit der Queen, der meistfotografierten Frau der Welt? Undenkbar!

    Tausende von Schaulustigen an der Spree warten auf Queen

    Prinz Philip dagegen, noch fünf Jahre älter als sie, kann sich um einiges mehr für die Welt der Technik begeistern. Als ein paar Studenten nach der königlichen Vorlesung einen kleinen Roboter vorführen, den sie entwickelt haben, setzt Elizabeth zwar ein professionell-interessiertes Gesicht auf und ringt sich dann sogar ein anerkennendes Lächeln ab, in Gedanken aber scheint sie schon beim nächsten Termin zu sein. Philip jedoch bleibt noch ein paar Minuten bei den jungen Forschern stehen und unterhält sich glänzend mit ihnen. Zum Abschied winkt der Roboter dem Königspaar hinterher.

    Simon McDonald, der britische Botschafter in Berlin, hat Wort gehalten, als er versprach, in den drei Tagen von

    Es ist ein etwas windiger Ausflug, aber einer mit einem ganz eigenen Blick auf das Regierungsviertel. Gauck erklärt seinen Besuchern gestenreich, welche Gebäude sie links und rechts gerade passieren. Ein paar Zaungäste haben sich selbst gebastelte Masken mit dem Konterfei der Königin aufgesetzt, so groß ist die Euphorie bei einigen Queen-Fans. Das hölzerne, eigens noch restaurierte Boot ist Jahrgang 1926, wie sie selbst auch. Mit diskretem Abstand folgt ihm ein Schlauchboot mit einer Spezialeinheit der Polizei. Sicher ist sicher.

    Die Königin beschwört Zusammenhalt mit Europa

    Abgestiegen ist die Königin diesmal nicht in der Residenz des britischen Botschafters, wie sie es sonst gerne tut, sondern im noblen Hotel „Adlon“ direkt am Brandenburger Tor: Präsidentensuite. Vierter Stock. 180 Quadratmeter. Eigener Butler. Nur das Wasser der Marke „Malvern“, hat ihr früherer Sprecher Charles Ansons schnell noch im Berliner Tagesspiegel ausgeplaudert, bringt sie selbst mit: „Da gewöhnt sie sich nicht gerne um.“ Es stammt aus einer Quelle, aus der schon Königin Elizabeth I. getrunken hat, und wird seit 1622 in Großbritannien abgefüllt. So ist an alles gedacht bei diesem perfekt durchgeplanten Besuch, dessen Choreografie am Dienstagabend nur einmal für einen kurzen Moment durcheinander kommt. Zwei Mitarbeiter des Hotels, die die königliche Flagge auf dem Dach hissen sollen, sind so aufgeregt, dass sie die Standarte zunächst verkehrt herum aufziehen.

    Am Abend dieses an Gesten deutsch-britischer Freundschaft reichen Tages bekommt der Besuch der Queen doch noch eine andere, sehr politische Note. Beim Staatsbankett im Berliner Schloss Bellevue beschwört Elizabeth I.. den Zusammenhalt Europas: „Wir wissen, dass die Spaltung in Europa gefährlich ist und dass wir uns davor in Acht nehmen müssen.“ Bundespräsident Gauck geht noch direkter als die Monarchin auf Bestrebungen im Vereinten Königreich ein, die Europäische Union zu verlassen. „Die EU braucht Großbritannien“, sagt er. Das ist der Berliner Appell eines 75-jährigen Mannes und einer 89-jährigen Frau.

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