Kurz vor Beginn der Berufungsverhandlung wurden erneut Vorwürfe gegen Knox laut. "Sie ist schuldig. Sonst hätte sie mich nicht verleumdet", sagte ein früherer Bekannter, den sie zunächst der Tat beschuldigt hatte. Knox und Sollecito (29) müssen sich für den Mord an der 21-jährigen Kercher im November 2007 in Perugia verantworten.
Es ist das vierte Mal, dass sich ein Gericht in Italien mit dem Fall beschäftigt. Knox und der Italiener Sollecito waren 2009 zunächst wegen Mordes in einem Indizienprozess zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Später wurden sie freigesprochen. Dann kippte das höchste italienische Gericht im März den Freispruch wieder und ordnete an, den Fall neu aufzurollen. Amanda Knox lebt inzwischen wieder in den USA.
Die Familie des Opfers nahm - wie die Angeklagten - nicht am Prozessauftakt teil. "Wir suchen verzweifelt nach der Wahrheit und nach Gerechtigkeit für Meredith", hieß es in einem Brief, den ihr Anwalt Francesco Maresca überbrachte.
Er kritisierte zudem Knox' Verhalten vor Prozessbeginn. "Ich denke, dass sie zu viel redet, dieses weitere Darstellen als Opfer ist unangemessen", sagte Maresca.
Das Gericht ordnete am Montag neue Gutachten und Zeugenaussagen an. DNA-Spuren auf einem Messer, das als Tatwaffe gilt, sollen nochmals untersucht werden, was zuvor sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft befürwortet hatten. Die DNA-Spuren hatten in den bisherigen Verfahren als Indizien eine entscheidende Rolle gespielt.
Ein Urteil in dem neuen Prozess wird nicht vor Ende des Jahres erwartet - danach können beide Seiten erneut Berufung einlegen, weshalb bis zu einem endgültigen Abschluss des Falls noch Jahre vergehen könnten.
Knox' Anwalt will daher mit einer Beschwerde verhindern, dass seine US-Mandantin durch eine Reihe von Revisionen und Aufhebungen in einem "endlosen Prozess" jahrelang vor Gericht steht.
Der Mord an der Austauschstudentin Meredith Kercher erregte 2007 weltweit Aufsehen. Sie war halbnackt und mit durchschnittener Kehle in ihrem Bett gefunden worden - unter Verdacht gerieten ihre Mitbewohnerin Knox, deren Ex-Freund und ein weiterer Bekannter, der bereits wegen Beihilfe zum Mord in einem Schnellverfahren zu 16 Jahren Haft verurteilt wurde. Sie sollen Kercher bei ausgeuferten Sexspielen getötet haben, lautete eine Vermutung der Ermittler.
Während Knox kategorisch ausgeschlossen hat, für den Prozess nach Italien zurückzukehren, erschien der Vater von Sollecito vor Gericht. "Er ist sehr besorgt, ich bin zuversichtlich", sagte er vor Beginn des Verfahrens über seinen Sohn, der nach seinen Angaben regelmäßig Kontakt zu Knox hat. Raffaele Sollecito sei im Urlaub, werde aber möglicherweise später an dem Prozess teilnehmen. (dpa)