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Prozess in Oslo: Breivik schildert Einzelheiten des Massakers

Prozess in Oslo

Breivik schildert Einzelheiten des Massakers

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    Massenmörder Breivik: "Ich bin strafrechtlich gesehen gesund"
    Massenmörder Breivik: "Ich bin strafrechtlich gesehen gesund" Foto: dpa

    Breiviks Anwalt Geir Lippestad hatte die Überlebenden und  Hinterbliebenen der Anschläge auf Utöya gewarnt, dass die Verhandlung am  Freitag "der härteste Tag" des Prozesses werden dürfte. Denn am fünften Prozesstag sprach der norwegische Massenmörder Anders Behring Breiviküber Details seiner Taten. Äußerlich ungerührt schilderte Breivik Einzelheiten des Massakers an 69 Menschen: "Einige  stellten sich tot, da habe ich Gnadenschüsse abgefeuert", sagte der 33-jährige Angeklagte. Er habe bei der politisch motivierten Tat  "die Zukunft Europas und Norwegens" verteidigen wollen.

    Breivik sieht sich selbst als "sympathischen" Menschen

    Er habe sich zu der "Selbstmordaktion" vom vergangenen Juli  entschlossen, nachdem er alle "friedlichen Mittel" zur Umsetzung  seiner Ziele ausgeschöpft hatte, sagte Breivik dem Gericht in Oslo  am fünften Verhandlungstag. Er bezeichnete sich selbst als sonst  "sympathischen"  Menschen, kein Fall für die Psychiatrie.

    Breivik warf den Medien vor, sie hätten ihn zu den Anschlägen  gezwungen, da sie ihm durch systematische Zensur seiner nationalistischen Ideologie keine andere Ausdrucksmöglichkeit gelassen hätten. Das Jugendlager der regierenden Arbeiterpartei auf  Utöya, bezeichnete er als "Indoktrinierungslager". Der 33-Jährige  sieht sich als Verteidiger der "ethnischen Norweger" gegen eine  "muslimische Invasion".

    Die Opfer entmenschlicht

    Zur Vorbereitung auf die Anschläge habe er seit 2006 seine  sozialen Kontakte abgebrochen und durch Meditation seine Emotionen  zu kontrollieren geübt. Er habe seine Opfer "entmenschlicht", da er  sonst die Angriffe nicht hätte verüben können, schilderte Breivik  sein Vorgehen weiter. Er habe jahrelang an seiner Psyche arbeiten  müssen, um die "grausamen, barbarischen Taten" begehen zu können.

    "Ich bin strafrechtlich gesehen gesund", sagte Breivik. Es müsse  unterschieden werden zwischen "politischem Extremismus und Wahnsinn  im klinischen Sinne des Wortes". Der selbsterklärte Vorkämpfer  gegen eine Islamisierung will verhindern, dass seine Anschläge als Taten eines Irren abgetan werden.

    Inspiriert durch Al-Kaida

    Er müsse als ein "Verkäufer" verstanden werden, der eine  "Botschaft" loswerden wolle. Bei der Vorbereitung seiner Taten habe  er mehrere revolutionäre Bewegungen untersucht, darunter die  baskische Untergrundorganisation ETA, die nordirische IRA und die  kolumbianischen FARC-Rebellen. Die größte Quelle der Inspiration  sei für ihn Al-Kaida geworden. Deren Vorteil liege darin, "dass sie  den Märtyrertod glorifizieren". Dies sei "für den Widerstandskampf  der Schlüssel zum Erfolg".

     Mit einem Urteil wird nicht vor Mitte Juli gerechnet. AFP

    Breiviks Fahrplan beim Massenmord

    11.45 Uhr: Breivik fährt einen Mietwagen des Typs Fiat Doblò durch eine Station für Automaut Richtung Osloer Innenstadt. Er parkt das Auto am Hammersberg Torg und kehrt in den Stadtteil Skøyen im Westen Oslos zurück. Dort wohnt er bei seiner Mutter.

    12.51 Uhr: Breivik schreibt den letzten Eintrag in sein 1500 Seiten umfassendes «Manifest».

    14.08 Uhr: Das «Manifest» wird per Email an 1003 Adressaten verschickt. Breivik verkleidet sich als Polizist.

    15.00 Uhr: Er fährt einen mit mehreren hundert Kilo Sprengstoff gefüllten VW-Transporter durch eine der automatischen Mautstationen Richtung Zentrum. Den ebenfalls gemieteten Wagen stellt er direkt vor dem Regierungs-Hochhaus ab und läuft zum Fiat am Hammersberg Torg. Im Polizeiverhör gibt Breivik später an, er habe die Transportzeiten zu niedrig berechnet.

    15.26 Uhr: Die Bombe explodiert im Osloer Regierungsviertel. Doch wegen der Sommerferien sind viele Angestellte schon im Feierabend. Breivik steckt danach bei seiner Fahrt zur 40 km entfernten Insel Utøya im Stau nach einem Unfall.

    16.40 Uhr: Breivik kommt in seiner Polizeiuniform an der kleinen Fährstation zur Insel an. Er stellt den Mietwagen ab und setzt auf der Fähre über. Als Gepäck führt er ein Schnellfeuergewehr, eine Pistole und große Mengen Munition mit sich.

    17.08 Uhr: Ankunft des Attentäters auf Utøya.

    17.27 Uhr: Die Polizei wird alarmiert. Unklar bleibt auch bei anderen Medienangaben, was in den ersten knapp 20 Minuten seit Breiviks Ankunft genau geschieht. Nach den ersten offiziellen Mitteilungen der Polizei hat der Massenmörder für die Tötung seiner 69 Opfer auf Utøya anderthalb Stunden Zeit.

    18.09 Uhr: Angehörige der Polizei-Eliteeinheit «Delta» kommen zusammen mit örtlichen Polizisten an der Fährstation nach Utøya auf der Festlandseite an.

    18.25 Uhr: Die Einsatzgruppe erreicht die Insel und sucht nach dem Täter.

    18.27 Uhr: Breivik lässt sich mit erhobenen Händen festnehmen. Er hat beide Waffen weggelegt. Die Polizei setzt ihn mehrere Stunden in einem Holzhaus auf der Insel fest, ehe er nachts in die Osloer Polizeizentrale gebracht wird.

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