Hussein K., mutmaßlicher Vergewaltiger und Mörder der 19-jährigen Medizinstudentin Maria L., sagt aus: Das war die Überraschung schlechthin beim gestrigen Prozessauftakt vor der 1. Großen Jugendkammer des Landgerichts Freiburg.
Im Ermittlungsverfahren hatte der Beschuldigte jegliche Angaben zur Tat noch verweigert. Ungeklärt bleibt jedoch weiter das Alter des jungen und offenkundig stark drogenabhängigen Tatverdächtigen, der darauf beharrt, afghanischer Staatsbürger zu sein.
Die Anklage lautet auf Mord aus Heimtücke und zur Befriedigung des Sexualtriebs durch eine besonders schwere Form der Vergewaltigung. Einzelheiten dazu stellte Oberstaatsanwalt Eckart Berger zur Eröffnung der Hauptverhandlung dar. Hussein K. traf demnach am frühen Morgen des 16. Oktober 2016 gegen drei Uhr auf dem Radweg am Dreisamufer auf Maria L., griff in den Lenker ihres Fahrzeugs, zog sie vom Rad und würgte sie. Die Studentin sei so überrascht worden, dass sie sich weder zur Wehr setzen noch um Hilfe rufen konnte. Hussein K. habe sie dann vom beleuchteten Radweg ins Dunkel eines Uferstreifens gezogen. Er legte ihr die Kleider unter den Kopf, biss und vergewaltigte sie. Auf welche Weise, das klärt die Beweislage nicht eindeutig.
Wurde Hussein K. selbst Opfer von sexuellen Übergriffen?
Etwa um vier Uhr morgens habe er die bewusstlose Maria L. im Niedrigwasser der Dreisam abgelegt. Sie ertrank. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der junge Afghane von vorneherein die Tötung seines Opfers geplant habe. Sie nimmt auch an, dass Maria L. sehr früh das Bewusstsein verloren hat.
Teile der Aussage von Hussein K. fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das hatte sein Verteidiger Sebastian Glathe beantragt. Zum Hintergrund deutete Glathe an, dass Hussein K. in einer Koranschule der Taliban selbst Opfer von sexuellen Übergriffen geworden sein könnte. Es sei mit Blick auf den Persönlichkeitsschutz und aus „erzieherischem Interesse“ gerechtfertigt, die Öffentlichkeit nicht zuzulassen, argumentierte die Kammer-Vorsitzende Katrin Schenk.
Bei seiner öffentlichen Aussage schilderte der junge Mann in Jeans und bordeauxfarbenem Sweatshirt mit dem nach vorne gekämmten schwarzen Haar seine Antworten relativ präzise. Er spricht über seine Jugend in Afghanistan. Wo er habe erleben müssen, dass sein Vater, ein Bauer und späterer Soldat der Regierungstruppen, als „Märtyrer“, wie er sagt, gefallen sei, getötet von Taliban-Kämpfern. Später lebte der junge Afghane bei seinem großen Bruder im Iran, bevor er sich zur Flucht mit Hilfe von Schleppern in Richtung Europa entschloss. K. konsumierte oft Alkohol, Haschisch, Heroin und Tabletten – nach eigener Aussage wegen „psychischer Probleme“, die er habe und die ihn nicht schlafen ließen und ihm schlimme Träume bescherten.
Prozess in Freiburg am Montag fortgesetzt
Das Alter des Angeklagten kam immer wieder zur Sprache. Er gibt ein Geburtsdatum nach afghanischem Kalender an – den 12.11. 1376. Diesen ins deutsche Datumsraster zu übertragen, misslang gestern. Hussein K. gab zu, bei seiner Einreise in Deutschland fälschlicherweise das Alter von 16 Jahren angegeben zu haben, um als Jugendlicher eine bessere Betreuung zu bekommen. Er sei aber 19 Jahre alt und werde im Winter 20. Medizinische Gutachten gehen davon aus, dass er mindestens 22 Jahre alt ist.
Zur Sache erklärte sich Hussein K. schließlich nicht mehr. Dazu sei er zu müde, ließ er um 15.15 Uhr erklären. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.