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Prozess in Augsburg: Gerichtsvollzieher soll im Dienst Frauen belästigt haben

Prozess in Augsburg

Gerichtsvollzieher soll im Dienst Frauen belästigt haben

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    Ein 59-Jähriger steht vor Gericht, da er bei seiner Arbeit als Gerichtsvollzieher Frauen belästigt haben soll.
    Ein 59-Jähriger steht vor Gericht, da er bei seiner Arbeit als Gerichtsvollzieher Frauen belästigt haben soll. Foto: Alexander Kaya

    Xaver Ertl, wie wir ihn hier nennen wollen, ist am Augsburger Amtsgericht Gerichtsvollzieher. In seinen 30 Berufsjahren machte der heute 59-Jährige im Jahr 2002 bayernweit auf sich aufmerksam. Manfred Weiß, damals Justizminister in Bayern, hatte ihn sich ausgesucht, um sich über den Arbeitsalltag eines Gerichtsvollziehers zu informieren. Und so klingelten beide, von wenigen Journalisten begleitet, an Wohnungstüren, um bei säumigen Schuldnern Geld einzutreiben oder zu pfänden.

    Gestern hätte sich Ertl diese Aufmerksamkeit sicher gerne erspart. Der Gerichtsvollzieher musste unter den Augen vieler Zuschauer auf der Anklagebank Platz nehmen. Er wird von mehreren Frauen beschuldigt, ihnen gegenüber zudringlich geworden zu sein. Keine schwerwiegenden Gewalttaten, aber unerwartete Umarmungen bis hin zu Küssen. Vorwürfe, die der Angeklagte, der voriges Jahr vorzeitig aus dem Justizdienst ausgeschieden ist, empört und anhand seiner Notizen zurückwies.

    Zeugen belasten den 59-Jährigen

    Am ersten Prozesstag sagten zwei von drei Frauen aus, die Anzeige erstattet hatten. Eine verheiratete Arzthelferin aus Meitingen berichtete, dass der Gerichtsvollzieher sich von ihr das Schlafzimmer hatte zeigen lassen. An der Tür sei sie plötzlich von ihm an den Hüften umfasst und auf die Wange geküsst worden. An eine Umklammerung und an weitere Küsse, von denen sie bei ihrer Vernehmung durch die Polizei noch gesprochen hatte, vermochte sich die 27-Jährige nicht mehr zu erinnern.

    Wie auch immer, der Vorfall muss ihr stark zugesetzt haben. „Die war völlig fertig, hat geweint und am ganzen Leib gezittert, sagte eine Kollegin vor Gericht aus. Gemeinsam fuhren sie deshalb zu einem Arzt, der der 27-Jährigen eine Beruhigungsspritze gab. Weil sie nun unter Angstzuständen leidet, will sie eine Therapie machen.

    Eines der mutmaßlichen Opfer leidet an Multipler Sklerose

    Forscher soll der Angeklagte bei einer ebenfalls verheirateten 39-Jährigen, die im Landkreis Aichach-Friedberg wohnt, vorgegangen sein. Der Gerichtsvollzieher kam wegen eines Vollstreckungsbescheids. Als beide in der Küche standen, „hat er mich abgeknutscht und mir seine Zunge in den Mund gesteckt“, erinnerte sich die Zeugin. Sie habe sich schnell weggedreht. „Ich habe mich echt geekelt“, fügte sie leise hinzu. Und entschuldigte sich gleich für die harten Worte.

    Die Zeugin leidet an Multipler Sklerose und ist deshalb Frührentnerin. Noch am selben Tag erlitt sie, vermutlich ausgelöst durch die Aufregung, einen Schub. Eine Freundin von ihr sagte vor Gericht aus: Die 39-Jährige sei an dem Tag ein heulendes Elend gewesen. Aus Angst, der Gerichtsvollzieher könnte abermals zudringlich werden, habe sie sich danach mit ihm nur noch „außer Haus“ getroffen.

    Der Prozess wird am nächsten Donnerstag fortgesetzt. Als Zeugen sind eine Mutter und ihre Tochter sowie ein Kriminalbeamter geladen. Die Zeuginnen sollen nicht die einzigen Frauen gewesen sein, die der Gerichtsvollzieher geküsst hat. Entweder haben sie auf eine Strafanzeige verzichtet oder es war dafür zu spät, weil der Vorfall verjährt ist.

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