Gina-Lisa Lohfink springt wütend auf, schnappt ihre schwarze Tasche und stürmt aus dem Gerichtssaal B129. "Das muss ich mir hier nicht antun", raunt sie noch empört und verschwindet. Ohne weiteren Kommentar. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat das Model am Montag wegen falscher Verdächtigung zu 20 000 Euro Geldstrafe verurteilt.
Die frühere "Germany's next Topmodel"-Kandidatin hatte zwei Männern Vergewaltigung im Juni 2012 vorgeworfen. Sie habe vermutlich wegen K.o.-Tropfen einen "Filmriss" erlitten. Sie habe immer wieder "Nein, nein" gerufen in jener Nacht in der Berliner Wohnung eines Clubmanagers, in die sie mit einem kurz zuvor kennengelernten Fußballer nach einem Clubabend gefahren war, hatte sie bei der Polizei ausgesagt. Sie habe geweint und wegzurennen versucht.
Lohfinks Behauptungen "in Gänze widerlegt" - keine Gewalt erkennbar
"Die Behauptungen sind in Gänze, in Gänze widerlegt", sagt Richterin Antje Ebner im Urteil. Es sei kein Blümchensex gewesen, aber dass die Männer Gewalt anwendeten oder Lohfink mies behandelten, sei "in keinster Weise" auf dem Video zu erkennen. Der heute 28-jährige Fußballer und der derzeit 33 Jahre alte Ex-Manager eines Berliner Clubs hatten in jener Nacht abwechselnd Sex mit Lohfink und das auch gefilmt.
Staatsanwältin Corinna Glögge sagt in ihrem Plädoyer, die Männer hätten sich schäbig verhalten, sie hätten in Lohfink ein hochwillkommenes sexuelles Abenteuer gesehen. Sie habe nicht gefilmt werden wollen. Aber Gewalt gegen Lohfink "gab es nicht mal ansatzweise".
Die Vergewaltigungsvorwürfe waren schon in Ermittlungen gegen die Männer fallen gelassen worden. Die beiden hatten aber wegen der Verbreitung der Videos Strafbefehle kassiert. Der Fußballer hatte akzeptiert, der andere hat angekündigt, die Strafe nicht anzunehmen. Damit könnte es dann zu einem weiteren Prozess mit dem selben Inhalt kommen. Lohfink hatte wegen der falschen Verdächtigung einen Strafbefehl über 24 000 Euro erhalten, den hatte sie zurückgewiesen.
Zunächst Anzeige wegen Verbreitung der Videos, dann wegen Vergewaltigung
Nun sagt Richterin Ebner, anfangs habe Lohfink per Anwalt die Verbreitung der Videos angezeigt, der Sex sei einvernehmlich gewesen. Erst später habe sie eine Vergewaltigung angezeigt. Und erst am letzten Verhandlungstag habe die Verteidigung nach mehr als vier Jahren das Gedächtnisprotokoll einer Frauenärztin vorgelegt. Darin sei von Verletzungen und Wunden - wie von Lohfink bei der Polizei angegeben - nicht die Rede gewesen. Und warum trifft man sich mit einem der Männer noch ein drittes Mal, wenn man vergewaltigt wurde, stellt die Richterin in den Raum.
Vielleicht sei Frau Lohfink auch wegen der öffentlichen Unterstützung nicht mehr von ihren Behauptungen weggekommen, meinte die Richterin. Der Prozess hatte polarisiert und deutschlandweit Debatten ausgelöst. Die einen sahen Lohfink akls Vorkämpferin für die Rechte von Frauen, andere vermuteten eine inszenierte, vermarktete Tränenshow.
Doch dass Lohfink die vom Bundestag verabschiedete Verschärfung des Sexualstrafrechts auf den Weg brachte, "das ist nicht der Fall", bemerkt die Richterin nüchtern. In die Debatte hatten sich auch Bundesminister eingemischt. Richterin Ebner stellt ruhig fest, es sei sehr ungewöhnlich, dass das Verfahren mit großem Hype auch für "nicht prozessrelevante Interessen" missbraucht worden sei. Sie kritisierte indirekt öffentliche Äußerungen zu dem laufenden Verfahren.
Gericht schließt K.-o.-Tropfen aus
Auch K.-o.-Tropfen scheiden laut Urteil aus. Lohfink habe bei dem Treffen mit den Männern noch Pizza bestellt, telefoniert, in die Kamera gewunken und gepost, hieß es. Wer solche Tropfen bekommt, der wird bewusstlos, schätzt zuvor Gutacher Torsten Binschek-Domaß ein. Er wisse von Fällen, in denen Frauen in solchem Zustand "wie Gummipuppen durch die Betten geschleudert wurden".
Model Lohfink hatte während des Prozesses ihren Anwälten das Reden überlassen, sie äußerte sich nur außerhalb. Am Montag ergreift die 29-Jährige dann vor dem Urteil doch noch das Wort und schluchzt: "Das ist schlimm, was mir passiert ist. Ich wollte keine Sex, ich wollte nicht gefilmt werden. Das ist pervers und widerlich. Ich werde das bis in den Tod mitnehmen."
Und mit rauer Stimme geht es weiter: "Ich bin keine Hure, keine Schlampe. Ich warne alle Mädchen: Werdet nicht berühmt. Es ist eine schlimme Welt." Sie wünsche sich ein ganz normales Leben zurück, sagt die gelernte Arzthelferin. Sie überlege, ob sie ihr Abitur nachholen und studieren solle.
Nach dem Urteil muss Verteidiger Burkhard Bennecken allein vor die Kamera treten. "Das Urteil ist für mich ein Skandal." Er werde Berufung einlegen, sagt er. "Ich mach mir wirklich Sorgen um alle Frauen, die eine Vergewaltigung anzeigen." Doch ob seine Mandantin einen solchen Prozess nochmal durchstehen würden, sei fraglich. dpa