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Prozess: Horrorhaus von Höxter: Urteil gegen Wilfried W. rechtskräftig

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Horrorhaus von Höxter: Urteil gegen Wilfried W. rechtskräftig

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    Es bleibt dabei: Wilfried W. muss für elf Jahre ins Gefängnis. Verteidiger und Staatsanwaltschaft akzeptierten das Urteil. Ob es bei 13 Jahren Haft für Angelika W. bleibt, ist unklar. Ihr Anwalt legte Revision ein.
    Es bleibt dabei: Wilfried W. muss für elf Jahre ins Gefängnis. Verteidiger und Staatsanwaltschaft akzeptierten das Urteil. Ob es bei 13 Jahren Haft für Angelika W. bleibt, ist unklar. Ihr Anwalt legte Revision ein. Foto: Friso Gentsch/Marcel Kusch, dpa

    Das Urteil gegen Wilfried W. aus dem Prozess um das sogenannte Horrorhaus von Höxter ist rechtskräftig. "Seine Verteidiger und die Staatsanwaltschaft haben keine Revision eingelegt", sagte ein Gerichtssprecher der Deutschen Presse-Agentur. Das Landgericht Paderborn hatte den 48-Jährigen Anfang Oktober zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren wegen Mordes durch Unterlassen verurteilt. 

    Im Fall der zu 13 Jahren Haft verurteilten Angelika W. hat die Verteidigung dagegen das Rechtsmittel genutzt. "Auf Mord durch Unterlassen ist bislang sehr selten von deutschen Gerichten entschieden worden. Ich habe, wie bereits im

    Kronzeugenregelung wirkte sich im Höxter-Prozess strafmildernd für Angelika W. aus

    Das Landgericht hatte im Fall von Angelika W. strafmildernd die Kronzeugenregelung angewandt. Erst durch die umfassende Aussage der 49-Jährigen war der Tod eines der zwei Opfer in dem Haus in Höxter aufgeklärt worden, obwohl es keine Leiche gab.

    Der Fall Höxter - eine Chronologie des Grauens

    Das Landgericht Paderborn hat ein Urteil zu den Geschehnissen im sogenannten Horrorhaus von Höxter gesprochen. Angeklagt wegen Mordes durch Unterlassen waren Wilfried W. (48) und seine Ex-Frau Angelika W. (49). Eine Chronologie der Ereignisse:

    1995: Das Amtsgericht Paderborn verurteilt den damals 25-jährigen Wilfried W. wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung zu zwei Jahren und neun Monaten Haft. Er hatte laut Gericht seine Frau misshandelt und gequält - zusammen mit einer Komplizin.

    1999: Der gebürtige Bochumer lernt die in Herford geborene, heute 49-jährige Angeklagte Angelika B. kennen. Sie heiraten.

    2011: Im Ortsteil Höxter-Bosseborn mietet das Paar einen Hof.

    Ende 2011 bis März 2012: Mehr als drei Monate soll eine Frau aus dem Großraum Berlin misshandelt und gefangen gehalten worden sein. Das Opfer traut sich erst 2016, bei der Polizei auszusagen, als es in Medienberichten das Haus in Ostwestfalen wiedererkennt.

    2013: Über eine Zeitungsanzeige kommt Anika W. aus Niedersachsen nach Bosseborn. Nach kurzer Zeit heiratet sie Wilfried W., der weiter mit seiner Ex-Frau in dem Haus wohnt. Gemeinsam sollen sie die 33-Jährige gequält haben, wie aus den Aussagen der Angeklagten hervorgeht.

    August 2014: Die misshandelte Frau stirbt an ihren Verletzungen. Das Paar soll die Leiche in einer Tiefkühltruhe eingefroren, zerstückelt und verbrannt sowie die Asche an Straßenrändern verteilt haben. Das Paar habe immer wieder SMS-Nachrichten an die Mutter des Opfers geschickt, die bis April 2016 davon ausgeht, dass ihre Tochter lebt.

    Februar 2016: Die 41-jährige Susanne F. aus dem niedersächsischen Bad Gandersheim reagiert auf eine Zeitungsanzeige und kommt im März in das Haus. Über mehrere Wochen wird sie festgehalten und misshandelt.

    April 2016: Mit der schwer verletzten Frau im Auto fährt das Paar in Richtung Bad Gandersheim. Dort wollen sie die Frau in ihre Wohnung zurückbringen. Eine Autopanne durchkreuzt jedoch den Plan. Sie entscheiden sich, einen Rettungswagen zu rufen. Das Opfer stirbt einen Tag später, die Ärzte schalten die Polizei ein. Wenige Tage später wird Haftbefehl gegen Wilfried W. und seine Ex-Frau erlassen.

    Mai 2016: Die Ermittler geben Details bekannt. Die Beschuldigte hat demnach umfassend über beide Todesfälle ausgesagt, Wilfried W. bestreitet jede Schuld. Die Polizei sucht nach weiteren Frauen, die in der Gewalt des Paares in Bosseborn gewesen sein könnten.

    Oktober 2016: Beginn des Prozesses gegen Wilfried W. und Angelika W.

    Ende 2016: Angelika W. schildert bei ihrer Befragung im Prozess grausame Details. Ohne ersichtliches Unrechtsbewusstsein berichtet sie, wie sie selbst Opfer und dann Täterin geworden sei. 

    März 2017: Wilfried W. sagt aus. Er schildert sich als Mitläufer.

    Juli 2018: Laut Gutachterin Nahlah Saimeh haben die Angeklagten eine gewachsene Einheit gebildet, um ihre Opfer einzuschüchtern und zu manipulieren. Die überdurchschnittlich intelligente Angelika W. sei schuldfähig, trotz der Züge von Autismus. Saimeh empfiehlt, Wilfried W. in die Psychiatrie einzuweisen. Er sei vermindert schuldfähig und habe eine erhebliche Intelligenzminderung.

    September 2018: Staatsanwalt und Nebenkläger fordern lebenslange Freiheitsstrafen und das Feststellen der besonderen Schwere der Schuld für beide Angeklagten. Zusätzlich soll Wilfried W. in die Psychiatrie. Seine Verteidiger sprechen sich wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Mordes für sieben Jahre und sechs Monate Haft und Einweisung in die Psychiatrie aus. Die Verteidiger von Angelika W. fordern für sie Freispruch. Sollte das Gericht dem nicht folgen, schlagen ihre Anwälte wegen umfassender Aussage eine Kronzeugenregelung vor. Dann soll sie für 12 Jahre ins Gefängnis.

    Oktober 2018: Die beiden Angeklagten werden zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Das Landgericht verhängt gegen Angelika W. 13 Jahre Haft und gegen Wilfried W. elf Jahre Freiheitsstrafe.

    Über Jahre hinweg hatte das deutsche Paar Frauen mit Kontaktanzeigen in das Haus nach Ostwestfalen gelockt und dort seelisch und körperlich schwer misshandelt. Zwei Frauen aus Niedersachsen überlebten die Quälereien nicht. (dpa)

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