Die Krimi-Sommerpause im Ersten ist zu Ende. Die neue Saison eröffnet der "Polizeiruf 110" aus Magdeburg - und das gleich mit einem Abschied. Dirk Köhler (Matthias Matschke) ermittelt in "Mörderische Dorfgemeinschaft" zum letzten Mal an der Seite von Doreen Brasch (Claudia Michelsen). Der blasse Abschied des Hauptkommissars, der erst Ende 2015 als Nachfolger von Sylvester Groth ins Magdeburger Team gekommen war, enttäuscht viele Kritiker genauso wie die Folge selbst. Die Pressestimmen.
Kritik zum "Polizeiruf 110" gestern: "Überzeichnetes Bild eines Dorfes"
Dieser Fall lohnt sich vor allem wegen seiner Zeichnung des dörflichen Kosmos. Die einen verbinden damit Lebensqualität und Landidylle. Für andere ist diese Welt kleingeistig und beengend. (...) Regisseur Philipp Leinemann macht klar, auf welcher Seite er steht: Er zeigt das Dorf als Hort des Kleingeistigen, voller mittelmäßiger Menschen, die jeden mobben, der anders ist. Auf der visuellen Ebene unterstreicht er das: Hier gibt es keine hübschen Blumengärten, keine schrulligen Landwirte und keinen krähenden Hahn. Stattdessen baulich einfallslose Vorstadt und industrielle Landwirtschaft. Ein interessanter Gegensatz zu der in vielen Fernsehfilmen gezeigten Verkitschung des Ländlichen. Stern
Das Dorf als Sehnsuchtsort befindet sich in der Renaissance. Ein ganzes Genre von Heimatromanen untersucht das zeitgenössische Leben im Dorf. Dieser Polizeiruf bringt aus soziologischer Sicht leider keine neuen Erkenntnisse. Er arbeitet sich an Klischees über das Dorf ab, dass es einem zwischendurch ganz schön müde werden kann. Sämtliche Dorfbewohner weisen seltsame Züge auf. (...) Es ist ein bisschen schade, dass der Film dieses überzeichnete Bild eines Dorfes an keiner Stelle brechen kann. RP Online
Der Plot brockelt vor sich hin, das Gros der Schauspieler*innen lässt Sätze aus dem Mund fallen wie Wackersteine. Man wünscht sich schnell, dass Michelsen und der Bauer mit dem Miniauftritt den Film allein durchziehen. Stattdessen: ein poirotmäßiges Finale mit allen in der Dorfkneipe. Blöd halt, dass der Titel eh alles verrät. taz
Bewertung: "Schwere statt Sommerfrische" im Polizeiruf aus Magdeburg
In Erinnerung bleibt ein recht durchschnittlicher Dorf-Krimi mit verstörendem Wilder-Osten-Flair. Und ein Mann, der Matschkes Abgang dann doch noch etwas Tribut zollt: Ronald Zehrfeld in einer Art Cameo-Auftritt als Jäger, am Anfang und Ende des Krimis zu sehen, zu erraten. Das hat schon fast was Schwebendes. Der Tagesspiegel
Gleichzeitig versucht dieser Polizeiruf alles, um seine in der Anlage zwar interessante, insgesamt jedoch recht verschenkte Geschichte zu dramatisieren. Über jede Geste wird anschwellende Spannungsmusik gelegt, was auf Dauer den gegenteiligen Effekt hat – Schwere statt Sommerfrische. Neue Zürcher Zeitung
Sehnsucht, Neid und Mordfantasien vor brütenden Landschaften und in schlafenden Straßen - doch trotz des stilvollen Western-Settings geht dieser letzte Magdeburger "Polizeiruf" mit Matthias Matschke als Kommissar Köhler nicht ganz auf. Spiegel Online
Polizeiruf-Kritik: "Brasch und Köhler wirken wie Aliens"
"Mörderische Dorfgemeinschaft" macht schon im Titel so klar wie nur irgend möglich, worum es in den folgenden 90 Minuten geht. Erstaunlicherweise nimmt das Wissen um die Mörder Jurijs kaum Spannung aus dem Film, weil der Fokus auf die Eigendynamiken einer verschlossenen Dorfgemeinschaft ganz wunderbar funktioniert. Man fühlt sich stark an Juli Zehs großartigen Roman "Unterleuten" erinnert, in dem die Schriftstellerin ebenfalls das Psychogramm eines brandenburgischen Dorfes zeichnet. Verständlicherweise erreicht "Mörderische Dorfgemeinschaft" längst nicht die Tiefe des Romans, aber jeder, der aus einem kleinen Dorf kommt oder dort lebt, weiß: In diesem Krimi steckt viel Wahrheit. ntv
Zum Abschied zeigt Matthias Matschke noch einmal, warum er einer der besten Schauspieler Deutschlands ist. Der Fall an sich ist sonst eher behäbig. Bild
Zum Saisonstart ein ambitionierter Landkrimi aus Sachsen-Anhalt. Frankfurter Rundschau
"Mörderische Dorfgemeinschaft" ist ein bisschen zu sepiafarben und ein bisschen zu weichgezeichnet. Das Dorf und dessen Gemeinschaft werden kauzig, teils überzeichnet und ein bisschen aus der Zeit gefallen in Szene gesetzt. Brasch und Köhler wirken wie Aliens, die auf einem anderen Planeten gelandet sind, was übrigens auch für einen kurzzeitig auftauchenden, knallroten Sportwagen gilt. Deutsche Presse-Agentur