Gleich drei Stufen auf einmal nimmt Polizeioberkommissarin Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff (Verena Altenberger) beim Joggen im herbstlichen Großstadtpark. „That’s the spirit“, würde man neudeutsch sagen, auf gut Bairisch: „Pack mer’s“. Und das tut Bessie im Münchner „Polizeiruf 110“ am Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten: Sie stürzt sich ins Leben und in ihren dritten Fall „Frau Schrödingers Katze“.
Die Ermittlungsarbeit macht die Folge nicht zu etwas Besonderem. Sie ist nicht allzu komplex, nicht allzu spannend. Das Besondere an dieser „Münchner Geschichte“ ist, dass hier viel Wert auf die Figurenzeichnung gelegt und ein Ort, München-Sendling, authentisch inszeniert wurde. Das erinnert an dieZDF-Erfolgsreihe „München Mord“ (der charmant-verschrobene Witz) und an Friedrich Anis „Tabor-Süden“-Romane (die Einsamkeit der Großstadt).
Dieser Münchner "Polizeiruf 110" ist eine Hommage an Helmut Dietls "Münchner Geschichten"
Vor allem ist es eine Hommage an Helmut Dietls „Münchner Geschichten“ – besonders an die erste Episode „Dreiviertelreife“ – um den Strizzi Tscharlie in einem 70er-Jahre-München, das sich massiv wandelt. Damals schon ging es um das, was heute Gentrifizierung genannt wird: ein zahlungskräftiges Klientel verdrängt das Kleinbürgertum, Altes muss weichen.
In „Frau Schrödingers Katze“ gibt es zwei beeindruckende Charaktere: Johanna Schrödinger (Ilse Neubauer, die auch in „Dreiviertelreife“ brillierte). Sie spielt eine einsame alte Dame, deren Katze Pandora wegläuft. Und die junge Polizistin Bessie, die es schwer hat mit ihren Kollegen und zur Lösung des Falls auf ihre Zufallsbekanntschaft Adam zurückgreift.
Selbstbewusst, aber nicht überheblich folgt sie ihrer Intuition – und eckt bereits damit an, die stehen gebliebene Uhr im Revier reparieren zu wollen. Etwas, das Dienst-nach-Vorschrift-Dennis Eden (Stephan Zinner) nicht versteht. „Wieso?“, fragt er. „Zwei Mal am Tag geht sie richtig.“
„Frau Schrödingers Katze“ ist ein leiser, fein beobachtender Krimi mit viel Lokalkolorit
Nun, Schrödinger und Bessie werden unterschätzt – und sind empathisch. So druckt Bessie Suchplakate für Pandora. Die Katze ist es, die durch die Geschichte führt – gewissermaßen ihretwegen stirbt die 16-jährige Vicky (Luna Jordan), und auch den Meyers wird sie zum Verhängnis.
Das Paar kümmert sich um Johanna Schrödinger, hat es jedoch nur auf deren Einfamilienhaus abgesehen, das mehr als eine Million Euro wert ist. Mithilfe eines dubiosen Notars soll es zu Geld gemacht werden (wofür die alte Dame verschwinden muss). „Dann lass mer’s uns gut gehen“, sagt Herr Meyer, während seine Frau Karin beim Bügeln vor der mit „London“ und „New York“ bedruckten Gardine vom Schickeria-Leben träumt.
„Frau Schrödingers Katze“ ist ein leiser, fein beobachtender Krimi mit viel Lokalkolorit. Schön, dass es das noch gibt – nach all den überfrachtet-lieblosen „Tatort“- und „Polizeiruf“-Folgen der letzten Monate. Die Sonntagskrimi-Saison endet stark