Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe, die der Zwickauer Zelle angehört, hätte schon früher festgenommen werden können. Wie das Magazin Focus jedoch berichtet, hatte sich bei der Festnahme von Beate Zschäpe jedoch eine unglaubliche Panne der Jenaer Polizei abgespielt. Wie das Nachrichtenmagazin berichtet, habe Beate Zschäpe damals selbst bei der Polizei angerufen. Beate Zschäpe wollte sich offenbar selbst stellen.
Zschäpe wollte sich stellen
Zschäpe habe am 8. November zunächst in einem Anruf bei der Polizei versucht, sich zu stellen - ihr Versuch sei aber erfolglos geblieben, obwohl sie bundesweit gesucht wurde und vor der Wohnung ihrer Mutter bereits eine Polizeiaktion lief, so derFocus-Bericht.
Nach dem Tod ihrer beiden Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in dem Wohnmobil und ihrer mehrtägigen Flucht habe Beate Zschäpe an dem Morgen noch ihre Familie in Jena besuchen wollen. Wegen der dortigen Polizeipräsenz habe Zschäpe davon aber Abstand genommen und die Notrufnummer 110 gewählt. Sie meldete sich laut Focus mit den Worten "Guten Tag, hier ist Beate Zschäpe", nach der "schon seit Tagen" gesucht werde, und versuchte zwei Minuten lang, sich zu stellen - doch der Beamte erkannte sie nicht.
Beate Zschäpe kommt mit Anwalt
Die Zwickauer Terrorzelle - Chronologie der Ereignisse
Freitag, 4. November: Am Vormittag überfallen zwei Männer eine Bank im thüringischen Eisenach und fliehen. Während der Fahndung stoßen Polizisten auf zwei Leichen in einem Wohnmobil. Beamte hatten Hinweise erhalten, dass ein Caravan bei dem Überfall eine Rolle gespielt haben könnte.
Samstag, 5. November: Ermittler untersuchen die Schusswaffen, die in dem Wohnmobil gefunden wurden.
Montag, 7. November: Unter den Pistolen im Wohnwagen sind die Dienstwaffen der im April 2007 in Heilbronn getöteten Polizistin Michele Kiesewetter und ihres schwer verletzten Kollegen. Die später identifizierten Männer Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, deren Leichen entdeckt wurden, sollen den Banküberfall begangen haben. Sie sollen zusammen mit einer Frau in einer Wohnung in Zwickau gelebt haben, die wenige Stunden nach dem Banküberfall explodiert war. Nach der Frau, Beate Zschäpe, wird gefahndet.
Dienstag, 8. November: Die bundesweit gesuchte Beate Zschäpe stellt sich der Polizei in Jena. Spekulationen kommen auf, dass die mutmaßlichen Bankräuber eine Verbindung in die Neonazi-Szene gehabt haben könnten. Sie und die verdächtige Frau sollen in Thüringen als rechtsextreme Bombenbauer in Erscheinung getreten sein.
Mittwoch, 9. November: Zschäpe sitzt in U-Haft und schweigt. Nach Aussage von Thüringens Innenminister Jörg Geibert hatten die Männer bis 1998 Verbindungen zum rechtsextremen Thüringer Heimatschutz - danach jedoch nicht mehr. Polizei und Staatsanwaltschaft in Sachsen machen die Frau zunächst nur für die Explosion des Wohnhauses in Zwickau verantwortlich.
Donnerstag, 10. November: In den Trümmern des abgebrannten Hauses in Zwickau werden weitere Schusswaffen gefunden.
Freitag, 11. November: Es ist die spektakuläre Wende in dem Fall: Unter den Waffen ist die Pistole, mit der zwischen 2000 und 2006 neun Kleinunternehmer erschossen wurden - Türken, ein Grieche und Deutsche mit Migrationshintergrund. Außerdem entdecken Fahnder rechtsextreme Propaganda-Videos. Diese beziehen sich auf eine Gruppierung mit dem Namen Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) und enthalten Bezüge zur Mordserie. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe übernimmt die Ermittlungen.
Sonntag, 13. November: Die Bundesanwaltschaft geht erstmals ausdrücklich von Rechtsterrorismus aus. Der Bundesgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Zschäpe wegen des dringenden Tatverdachts «der Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung». In Lauenau bei Hannover wird ein mutmaßlicher Komplize festgenommen. Holger G. soll dem Neonazi-Trio 2007 seinen Führerschein und vor etwa vier Monaten seinen Reisepass zur Verfügung gestellt haben. Die Rolle des Verfassungsschutzes in dem Fall ist unklar. Politiker fragen, warum die Rechtsextremen, die unter Beobachtung standen und schon 1998 in Jena als Bombenbauer auffielen, so lange unbehelligt blieben.
Montag, 14. November: Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger sagt, die Strukturen des Verfassungsschutzes sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Ihre Frage: «Was mich wirklich umtreibt, ist: Gibt es ein fester gefügtes rechtsextremistisches Netzwerk in Deutschland als bisher angenommen wurde?».
Donnerstag, 17. November: Der hessische Verfassungsschutz dementiert einen Bericht, ein 2006 suspendierter Mitarbeiter habe einen V-Mann beim rechtsextremen Thüringer Heimatschutz geführt. Der Verfassungsschützer war 2006 in einem Internetcafé in Kassel gewesen, kurz bevor dort die tödlichen Schüsse auf den türkischstämmigen Betreiber fielen.
Freitag, 18. November: Die Terrorzelle ist möglicherweise größer als bisher bekannt. Ermittler haben zwei weitere Personen im Visier. Sie sollen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe unterstützt haben. Nach mehreren Ermittlungspannen in der Vergangenheit wollen Bund und Länder mit besseren Strukturen auf den über Jahre unentdeckten rechtsextremistischen Terror reagieren.
Dienstag, 29. November: Fahnder nehmen den früheren NPD-Funktionär Ralf W. fest. Er soll ein weiterer mutmaßlicher Unterstützer der terroristischen Vereinigung «Nationalistischer Untergrund» (NSU) sein.
Auf ihren Hinweis, die ganze Stadt sei doch abgesperrt, überall stünden Polizeiautos, soll er erklärt haben, davon nichts zu wissen, worauf Zschäpe dem Bericht zufolge auflegte. Stunden später erschien sie laut Focus dann zusammen mit einem Anwalt bei der Polizei, um sich zu stellen.
1998 waren Zschäpe sowie Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt untergetaucht. Dem Zwickauer Neonazi-Trio werden zehn Morde und mehrere Banküberfälle vorgeworfen. Mittlerweile gehen die Ermittler nach Angaben der Süddeutschen Zeitung davon aus, das auch der Kölner Sprengstoffanschlag 2004 die Tat von Mundlos und Böhnhardt war. Damals verletzte eine Nagelbombe in einer vor allem von Türken bewohnten Straße 22 Menschen.
In der Haft soll sich Zschäpe "erleichtert" über das Ende ihres mehr als 13-jährigen Untergrundlebens gezeigt haben. Gegenüber Beamten habe Zschäpe über das schwierige Leben im Untergrund geklagt, schreibt der Focus. Sie habe keine echten Freundschaften schließen können. Die Sehnsucht nach Mutter und Großmutter sei groß gewesen. Nach dem Ende der Flucht könne sie ruhiger schlafen. Ihr sei immer klar gewesen, dass sie und ihre Komplizen trotz aller Vorsichtsmaßnahmen irgendwann auffallen würden.
Zschäpe verwaltete Geld der Neonazis
Nach Angaben der Süddeutschen Zeitungverwaltete Zschäpe das Geld des Neonazi-Trios. Sie soll unter verschiedenen Aliasnamen Bargeld auf unterschiedliche Konten eingezahlt haben. Somit sei es wahrscheinlich, dass Zschäpe von den Banküberfällen gewusst habe, bei denen die beiden Männer mehr als 600.000 Euro erbeutet haben sollen.
Wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel und dieFrankfurter Allgemeine Sonntagszeitungberichten, ermitteln nun auch Schweizer Behörden gegen einen mutmaßlichen Unterstützer der Zwickauer Zelle. Es gehe um einen Mann, der den Rechtsterroristen bei der Beschaffung einer Pistole der Marke Ceska geholfen haben soll. Mit so einer Pistole hatten Mundlos und Böhnhardt acht türkischstämmige Kleinunternehmer und einen Griechen erschossen. Die Waffe sei über die Schweiz in die Hände der Zwickauer Zelle gekommen. (dpa/AZ)