Wer diese Frau liebt, braucht Mut. Das mag nicht für die Millionen Fans weltweit gelten, die in ihr treu den Pop-Star Pink verehren. Denn mit all den Hits, beginnend beim programmatischen „Get The Party Started“ vor inzwischen 16 Jahren, und mit ihren umwerfenden Live-Shows, von denen sich auch schon Helene Fischer für ihre Revuen einiges abgeschaut hat, macht diese Liebe ganz leicht ziemlich viel Spaß. Wer aber zuhört, was diese Pink auch jetzt wieder, bei ihrer Rückkehr nach der zweiten Babypause und damit auf dem ersten Album seit fünf Jahren, so alles singt … – der ahnt, was es heißt, mit der inzwischen 38-jährigen Amerikanerin namens Alecia Beth Moore privat und intim zu tun haben.
"Beautiful Trauma": Auf Pinks neuem Album ist auch Eminem zu hören
„Beautiful Trauma“ heißt das am Freitag erscheinende Werk. Und mit dem Genuss an Verletzungen sieht Pink nicht von ungefähr ihr Leben und ihr Lieben zusammengefasst. Der Vater, irischstämmig, Vietnam-Veteran, die Mutter, jüdisch, Krankenschwester, die junge Alicia bald schon Scheidungskind. Dann Drogenexperimente und vergebliche Therapien, Schulabbruch und mit 16 der Rausschmiss zu Hause. So schlug sie sich durch, auf eigene Faust, begann, Gedichte zu schreiben, nannte sich damals schon Pink. Es ist, so will es die Legende, die Erinnerung an ein Erröten wegen einer intimen Bloßstellung – Scham also, im Künstler- und Star-Namen verwandelt zur offenen Ansage: Das kann man durchaus als Programm verstehen.
Denn Pink geht in sehr vielen ihrer Songs nicht nur mit ihrer starken Stimme offensiv vor. „So What“ oder „Just Like A Pill“ oder „U and Ur Hand“ waren immer auch offene Verarbeitungen von privaten Beziehungen. Und so ist es nun im neuen Material auch wieder. „Revenge“ zum Beispiel ist eine einzige gegenseitige Beschimpfung, den männlichen Part hat Rap-Star Eminem übernommen. Allerdings sind viele neue Songs zweifelnder, nachdenklicher, und alles endet sogar mit einem großem Trotzdem in einer Liebesballade, „You Get My Love“. Was ist denn da passiert?
Pink ist keine rosa Pop-Prinzessin
Nach 16 Jahren des Ringens mit dem Mann, der den Mut hat, diese Frau zu lieben, ist das ein Bekenntnis. Carey Heart heißt er, Motocross-Fahrer gewesen, Vater von Pinks Kindern, Tochter Willow, sechs Jahre, und Sohn Jameson, elf Monate. Pink sagt, nur so kämpferisch und kompliziert, offensiv emotional und radikal offen ist Liebe für sie echt. Dass es ihr Gegenüber jedenfalls immer mit Pink, der Power-Frau, und keinesfalls mit einer rosafarbenen Pop-Prinzessin zu tun hat, das bekamen auch schon US-Präsidenten zu spüren. An George W. Bush sang sie ein wütendes „Dear Mr. Presdient“, Donald Trump jetzt fragt sie „What About Us?“. In „Wild Hearts“ heißt es: „Es gibt nicht genügend Seile, um mich festzubinden. Es gibt nicht genügend Klebeband, um meinen Mund dichtzuhalten …“ Carey Heart weiß sicher, wovon sie da singt.