Der europaweite Pferdefleisch-Skandal um falsch ausgezeichnete Lebensmittel nimmt immer größere Dimensionen an. Zugleich hat eine Debatte um politische Konsequenzen begonnen. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) sprach von „einem bisher unvorstellbaren Ausmaß“ und „großer krimineller Energie“.
Aigner: "Es wird schwer sein, das verspielte Vertrauen zurückzugewinnen"
Härtere Strafen hält die Vorsitzende der Länder-Verbraucherministerkonferenz, Lucia Puttrich (CDU), für notwendig. Von knapp 1600 Tonnen mit nicht deklariertem Pferdefleisch versetzten Fertiggerichten aus Luxemburg sind laut Spiegel knapp 144 Tonnen nach Deutschland gelangt.
„Die Lieferketten müssen gründlich durchleuchtet werden. Wo es Verstöße und Versäumnisse gab, muss das auch offengelegt werden“, schreibt Aigner in einem Gastbeitrag für Bild am Sonntag. „Es wird schwer sein, das verspielte Vertrauen zurückzugewinnen.“
EU-Staaten wollen auf Gentestes setzen
Am Montag wollen die Verbraucherminister aus Bund und Ländern in einer Krisensitzung über den Pferdefleisch-Skandal sprechen. Dabei solle auch das weitere Vorgehen abgestimmt werden, teilten Aigner und ihre hessische Amtskollegin Puttrich in Berlin mit. Ergänzend zu einem EU-Aktionsplan wolle der Bund gemeinsam mit den Ländern ein nationales Kontrollprogramm mit zusätzlichen Tests aufstellen, kündigte Aigner an.
Vertreter der EU-Staaten hatten sich am Freitag darauf geeinigt, bei der Fahndung nach falsch deklariertem Pferdefleisch auf Gentests zu setzen. Pferdefleisch-Skandal: Spur nach Deutschland
Pferdefleisch in Döner entdeckt
Puttrich sagte: „Betrug muss so unattraktiv werden, dass man es schlicht und einfach lässt.“ Deshalb müsse ein höheres Strafmaß als bisher (bis zu einem Jahr Haft) geprüft werden. Die CDU-Politikerin hält es zudem für ratsam, dass Übeltäter öffentlich gemacht werden. „Die Prangerwirkung halte ich an der Stelle für notwendig“, sagte sie.
Nach jetzigem Recht sei die Veröffentlichung eines täuschenden Unternehmens nicht möglich. CDU-Fraktionsvize Bosbach forderte bei der Fahndung nach den Hintermännern des Lebensmittelskandals den Einsatz des Bundeskriminalamtes.
Scheiterte Kennzeichnung verarbeiteter Produkte an deutschen Politikern?
Nach Darstellung des Spiegel könnte eine Kennzeichnung für verarbeitete Produkte bereits existieren, hätte es nicht auch Widerstand der deutschen Politik dagegen gegeben. Nach der im November 2011 veröffentlichten europäischen Lebensmittelinformationsverordnung solle nicht nur bei Rindfleisch die Herkunftsangabe verpflichtend sein, sondern ab Dezember 2014 auch für Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch. Die Regelung gelte aber nicht, wenn das Fleisch nur eine von vielen Zutaten sei. Dies ist bei Fertiggerichten der Fall.
Ein vom Sender RTL beauftragtes Institut hat in Döner-Stichproben aus Leipzig und Berlin Pferdefleisch und auch Schweinefleisch entdeckt. Döner werden normalerweise mit Rind- oder Lammfleisch oder Puten- und Hühnerfleisch gemacht. dpa, AZ