Im Bereich der Hygieneprodukte für Frauen hat sich lange Zeit nicht viel getan: Binden, Tampons und Slipeinlagen galten bei den meisten Frauen als Mittel der Wahl, vermutlich vor allem aus Mangel an weiteren Alternativen. Doch seit einigen Jahren entwickelt sich der Markt weiter. Schon die Menstruationstasse konnte viele Frauen als alternatives Hygieneprodukt überzeugen, da sie bei richtigem Gebrauch hygienisch, wiederverwendbar und somit nachhaltig ist. Und seit einiger Zeit gibt es noch eine weitere Alternative: die Periodenunterwäsche. Dabei handelt es sich um einen Slip mit einem integrierten Schutzbereich, ähnlich einer fest eingenähten Stoff-Binde.
Und die Perioden-Pantys immer beliebter. Gergor Balve, Inhaber eines Online-Shops für Periodenunterwäsche, schätzt, dass sich die Nachfrage in den vergangenen zwei Jahren verdoppelt hat: "Wir sind auf einem ganz starken Wachstumskurs", sagt er. Als er vor zwei Jahren seinen Online-Shop eröffnete, sei das Produkt in Deutschland völlig neu gewesen - in den USA zum Beispiel hätten ihm zufolge aber schon viele Frauen Periodenunterwäsche genutzt.
Hersteller bewerben ihre Periodenunterhosen als nachhaltig, gleichzeitig komfortabel und dabei hygienisch unbedenklich. Doch das entspricht laut Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte und niedergelassener Frauenarzt in Hannover, nicht ganz der Wahrheit.
Wie hygienisch ist Periodenunterwäsche?
Gregor Balve empfiehlt, die Unterwäsche nach Gebrauch erst mit kaltem Wasser auszuspülen, um das Blut zu entfernen. Dies funktioniere mit kaltem Wasser besser als mit warmem, da das Blut beim Waschen mit warmem Wasser verklumpt und dann Flecken bildet. Danach soll die Periodenunterwäsche bei 40 Grad mit Voll- oder Feinwaschmittel in der Waschmaschine gewaschen werden: "Dabei werden die allermeisten Keime entfernt", sagt Balve. Völlig keimfrei sei die Unterwäsche danach nicht. Aber da sie nur auf der Haut aufliege und nichts eingeführt werde, seien die verbleibenden Keime unbedenklich. Einen Hygienespüler könne man zusätzlich verwenden - das müsse aber jeder für sich entscheiden. Denn darin sind Balve zufolge Biozide enthalten, die eine negative Umweltwirkung haben. Das Bundesumweltamt stuft Biozide als potenziell gefährlich ein.
Dr. Monika Schulze, Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg, sagt hingegen, dass sie zur zuverlässigen Abtötung von Keimen eine Waschtemperatur von mindestens 60 Grad empfiehlt. Dies rät auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung für Wäschestücke wie Unterwäsche, Bettwäsche und Handtücher. "Gerade bei der Menstruationshygiene erscheint die hohe Waschtemperatur wichtig und sinnvoll", sagt Schulze.
Auch Dr. Christian Albring sagt, die Periodenhöschen sollten mindestens bei 60 Grad gewaschen, am besten jedoch sogar gekocht werden. "Die typischen Menstruations-Pantys haben Einlagen, die so hohe Temperaturen nicht aushalten", gibt er jedoch zu Bedenken. Wird die Unterwäsche nur bei 40 Grad gewaschen, könnten die Blutreste "möglicherweise einen Nährboden für Keime bieten, den es bei sauberer Unterwäsche nicht gibt", sagt der Arzt.
Worin liegt der Vorteil von Periodenunterwäsche gegenüber Binden, Menstruationstassen oder Tampons?
Gregor Balve ist der Meinung, der große Vorteil liege im Komfort. Im Gegensatz zu Tampons müsse nichts eingeführt werden, was für manche Frauen schmerzhaft sei. Und im Gegensatz zur Binde verrutsche nichts. Hinzu komme der Nachhaltigkeitsaspekt: "Unsere Pantys halten mindestens zwei Jahre", sagt Balve - zumindest, wenn sie bei den von ihm empfohlenen 40 Grad gewaschen werden. Dadurch, dass sie immer wieder benutzt werden können, falle lange kein Müll an. Und unterm Strich seien die Panties günstiger, sagt Balve. Zur Menstruationstasse könne Periodenunterwäsche außerdem eine sinnvolle Ergänzung sein: "Beides wird häufig in Kombination genutzt, um unschöne Unfälle mit der Menstruationstasse zu vermeiden."
Dr. Christian Albring sagt, aus frauenärztlicher Sicht sehe er keinen Grund, eine Empfehlung für Periodenunterwäsche an Stelle von Hygienebinden auszusprechen. Binden halte er gegebenenfalls sogar für hygienischer. Auch gegenüber Tampons und Menstruationstassen sehe er bei korrekter Anwendung erst einmal keinen entscheidenden Vorteil der Perioden-Pantys. Lediglich bei einer bestehenden Infektion seien Tampons beziehungsweise Menstruationstassen kontraproduktiv. "Dann sind Binden oder auch Periodenwäsche, die bei Feuchtigkeit gleich gewechselt wird, zu bevorzugen", sagt er. Allerdings weist der Arzt auch auf das Problem der Aufbewahrung hin: Da die Höschen direkt nach dem Gebrauch mit kaltem Wasser ausgespült werden sollen, seien sie für unterwegs eher unpraktisch.
Wie oft muss man die Periodenunterwäsche wechseln?
"Wir empfehlen nicht, die Unterwäsche den ganzen Tag zu tragen", sagt Firmeninhaber Gregor Balve. "Bei mittlerer Blutungsstärke empfehlen wir acht Stunden." Es gebe aber unterschiedliche Modelle mit jeweils unterschiedlicher Saugstärke, weshalb die Tragedauer variieren könne. Ein anderer Online-Shop gibt an, dass man die Höschen maximal zehn bis zwölf Stunden tragen könne, bevor man sie wechseln sollte.
Laut Dr. Christian Albring sollte eine Perioden-Panty jedoch nicht länger als acht Stunden getragen werden: "Idealerweise sollte bei einem Nässegefühl, beziehungsweise wenn das Blut in einer Binde oder dem Perioden-Panty zu riechen beginnt gewechselt werden. Geruch kann ein Anzeichen dafür sein, dass die Vermehrung von krankmachenden Keimen begonnen hat."
Sind diese Periodenhöschen auch für Frauen mit anderen Problemen geeignet, beispielsweise im Wochenbett oder bei Blasenschwäche?
Dr. Christian Albring rät davon ab: "Der Ausfluss im Wochenbett hat oft einen starken Geruch. Es ist besser, hierfür nur Einmalprodukte zu verwenden oder Stoff-Einlagen, die gekocht werden können. Bei Blasenschwäche muss die Vorlage dafür geeignet sein, größere Mengen Flüssigkeit aufzunehmen." Dafür existieren ihm zufolge andere Hygienelösungen, die größere Mengen an Flüssigkeit aufnehmen und sehr schnell geruchlich neutralisieren können.
Ist es aus hygienischer Sicht besser, wenn Periodenunterwäsche Biozide enthält?
Biozide wie Silberchlorid oder Zinkpyrithion sollen antibakteriell wirken. Manche Hersteller von Periodenunterwäsche nutzen diese Stoffe deshalb in ihren Produkten. Die Hygienefachärztin Dr. Monika Schulze rät jedoch davon ab, Unterwäsche mit Bioziden zu nutzen: "Da bei Menstruationsunterwäsche ein Kontakt zur Schleimhaut nicht ausgeschlossen werden kann, sollten Produkte ohne Zusatzstoffe wie Silberchlorid und anderen Bioziden bevorzugt werden. Auch können von solchen Wäschestücken beim Waschen Biozide gelöst werden, was negative Auswirkungen auf Wasserorganismen haben kann."
Immer wieder hört man davon, der Gebrauch von Tampons könne ein Toxisches Schock-Syndrom (TSS) auslösen. Besteht diesbezüglich auch bei Periodenunterwäsche eine Gefahr?
Prof. Dr. Christian Dannecker, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde am Universitätsklinikum Augsburg sowie Inhaber des Lehrstuhls für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, sagt: "Das Toxische Schock-Syndrom ist vor allem ins öffentliche Bewusstsein gedrungen durch veraltete Tampon-Techniken oder den 'berühmten' vergessenen Tampon, der dann tatsächlich dramatische Folgen haben konnte. Das war aber auch in der Vergangenheit schon selten der Fall und ist heute extrem selten. Mit den modernen Tampons ist auch das TSS deutlich zurückgegangen. Ein solcher Tampon, korrekt angewendet, ist ein perfekter Schutz während der Menstruation." Außerdem fügt Prof. Dr. Dannecker noch hinzu, dass jeder Mensch – egal, ob Frau, Mann oder Kind – ein TSS erleiden könne. Das habe nicht zwingend mit der Anwendung von Tampons, Binden oder Periodenunterwäsche zu tun, sondern könne auch durch eine Verletzung eintreten.
Das bestätigt auch Prof. Dr. Werner Mendling vom Deutschen Zentrum für Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe. Er fügt allerdings hinzu: „Wir sehen durchaus in der Krankenhausstatistik, dass besonders Mädchen und Frauen zwischen 15 und 45 Jahren vom TSS betroffen sind, ohne dass man das auf den ersten Blick erklären könnte." Für die Keime, die das TSS auslösen, ist Blut ihm zufolge ein idealer Nährboden. "Wenn also das Menstruationsblut nicht abfließen kann, sondern über längere Zeit durch Tampons oder Menstruationstassen festgehalten wird und wenn zusätzlich winzige Verletzungen in der Haut der Vagina vorhanden sind, durch die diese Keime in den Körper eindringen können, dann kann das eine gesundheitliche Gefährdung hervorrufen." Allerdings komme es auch dann normalerweise nicht zu einer schweren Erkrankung, wenn der Körper bereits Antikörper gebildet hat - was auf 90 Prozent der erwachsenen Bevölkerung zutreffe. Ist dies aber nicht der Fall, dann bestehe die Gefahr einer schweren Infektion, wie sie bis heute in Einzelfällen immer wieder auftrete - "und zwar nur bei der Verwendung von Tampons oder Menstruationstassen, nicht aber dann, wenn das Blut ungehindert abfließen kann.“
Im Internet kursieren Anleitungen, wie jede Frau sich selbst Periodenunterwäsche nähen kann. Kann man sich einen solchen Slip ohne Bedenken selbst nähen und dann auch benutzen?
Aus gynäkologischer Sicht spricht laut Prof. Dr. Christian Dannecker nichts dagegen, sich seine Unterwäsche selbst zu nähen.
Wie viele solcher Perioden-Unterhosen sind als Grundausstattung empfehlenswert?
"Ich würde mit fünf Panties starten", empfiehlt Gregor Balve. Im besten Fall habe eine Frau dann etwa sieben Stück im Schrank, sagt er.
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