Wenn das mal keine Schelte des Parteifreundes ist. „Wie so oft wird vom Bund viel angekündigt, nichts funktioniert,“ sagte Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer am Freitag. Er zeigte sich ebenso „wenig überrascht“ wie auch wenig erfreut über die Organisation der Corona-Massentests durch die Bundesregierung.
Eigentlich hätten die von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ebenfalls ÖVP) erst vor zwei Wochen via TV-Auftritt angekündigten, bundesweiten Massentests nach slowakischem Vorbild nur in Tirol, Vorarlberg und in Wien starten sollen – diese Bundesländer waren mit ihren Startterminen einfach vorgeprescht. Doch es kam anders: Das vom Gesundheitsministerium in kürzester Zeit auf die Beine gestellte IT-System zur Anmeldung für die Massentests dürfte etwas grob durcheinander gebracht haben.
Massentests in Österreich: Das IT-System in den Teststraßen war nicht verfügbar
In der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz war nämlich vorgesehen, am Samstag und am Sonntag vorerst nur Pädagogen und Lehrer zu testen, in Linz waren dafür 28000 Testplätze vorgesehen. Das System des grünen Gesundheitsministers Rudolf Anschober vergab stattdessen 60000 Plätze, und zwar schon ab Freitag, und das nicht nur für Pädagogen, sondern für alle. So standen am Morgen Hunderte vor dem Linzer Design-Center vor verschlossenen Türen. Drinnen liefen plangemäß erst die Aufbauarbeiten für das Testwochenende. Ganz Ähnliches berichtete auch die steirische Landeshauptstadt Graz.
Auch in Tirol lief der erste Massentest-Tag alles andere als störungsfrei. Das IT-System in den Teststraßen war schlicht und einfach nicht verfügbar. Vor den Teststraßen – 130 von 300 waren geöffnet – bildeten sich lange Schlangen. Statt dem IT-System kamen, ganz analog, Papier und Bleistift zum Einsatz. „Wir sagen den Leuten, wenn Sie bis zum nächsten Morgen keine Nachricht bekommen, sind Sie negativ“, sagte der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne). Wer positiv ist, wird angerufen – und muss zu einem PCR-Test.
Massentest in Wien: Daten wurden auf Zetteln notiert
Ähnlich die Situation in Wien, wo an den drei großen Teststationen großer Andrang herrschte. Hier brach das IT-System des Bundes am Freitag zusammen, die im Einsatz befindlichen Soldaten mussten Daten und Ergebnisse auf Zetteln notieren. Statt den 500 pro Teststraße vorgesehenen täglichen Testungen könnten so laut Schätzungen des Personals nur 400 durchgeführt werden. Man versprach, die Ergebnisse baldigst ins digitale System nachzutragen.
Zufrieden mit dem Ablauf des ersten Testtages ist man lediglich im kleinsten und westlichsten Bundesland Vorarlberg. Dort aber verzichtete man gleich von Beginn an auf das IT-System des Bundes und setzte auf ein eigenes System.
Bundesregierung hofft auf Entspannung des Infektionsgeschehens
Genau das hat nun auch die Stadt Linz vor. SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger erklärte nach dem Chaos, aus dem Bundes-System „aussteigen“ zu wollen und für den eigentlichen Hauptdurchlauf ab Freitag kommender Woche ein eigenes System zum Einsatz zu bringen. „Wenn es keine ordentliche Datenverarbeitung gibt, wird das zu einem Super-Gau“, lässt auch die oberösterreichische Soziallandesrätin Birgit Gerstofer (SPÖ) kein gutes Haar an den Massentests.
Die Bundesregierung erhofft sich durch die Massentests eine Entspannung des Infektionsgeschehens und vor allem ein halbwegs normales Weihnachtsfest. Wenige Tage vor dem Ende des harten Lockdowns und den Lockerungen am 7. Dezember sind die Infektionszahlen in Österreich nach wie vor hoch: Am Freitag wurden 3815 neue Fälle gemeldet.
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