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Partnerschaft: Paartherapeutin verrät: Wie oft sollte man "Ich liebe dich" sagen?

Partnerschaft

Paartherapeutin verrät: Wie oft sollte man "Ich liebe dich" sagen?

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    Manche Menschen sagen ihrem Partner ständig, dass sie ihn lieben. Andere sehr selten. Macht das einen Unterschied?
    Manche Menschen sagen ihrem Partner ständig, dass sie ihn lieben. Andere sehr selten. Macht das einen Unterschied? Foto: Hendrik Schmidt, dpa

    Frau Haberstock, bei uns hat sich eine Allgäuerin gemeldet, deren Eltern nun Goldene Hochzeit feiern und seit der eigentlichen Hochzeit nicht mehr "Ich liebe dich" zueinander gesagt haben. Ist das für diese Generation normal?

    Paulina Haberstock: Es gibt sehr unterschiedliche Paare, egal welchen Alters. Ich vergleiche eine Beziehung immer mit einem Rosenbusch - er wächst und blüht über die Jahre, wenn man ihn gut pflegt . Es gibt viele Wege, wie man die Liebe ausdrücken und pflegen kann, es muss in einer Beziehung nicht unbedingt der Satz "Ich liebe dich" sein.

    Sondern?

    Haberstock: Eine kleine Geste, wie eine Berührung oder eine Nachricht am Kühlschrank mit einem Wunsch für den Tag…es sind oft die kleinen, täglichen Dinge, die die große Liebe ausmachen. Männer zeigen Liebe auch mal gerne, indem sie die Waschmaschine reparieren, Einkaufstaschen hoch tragen oder das Essen loben. Der Traum vieler Frauen ist ein Partner, der eine Rose aus dem Garten mitbringt, sie umarmt und sagt „Ich liebe dich“. Auch solche Wünsche dürfen sein. Wichtig ist, die eigenen Wünsche zu kommunizieren.

    Wie oft sagen Paare denn normalerweise "Ich liebe dich"?

    Haberstock: Kein Paar sollte sich fragen, ob es normal ist, wie oft sie "Ich liebe dich" zueinander sagen. Sie sollen sich fragen, was sie für den Partner fühlen, was er ihnen bedeutet und es auf eine eigene Art zeigen, kreativ sein, so, dass der Partner die Geste versteht. Erfolgreiche Paare entwickeln einen eigenen Weg, die Liebe zu leben. Was eine schöne vertraute Basis schafft. Solange beide in der Beziehung glücklich sind, gibt es kein richtig oder falsch.

    Was heißt das konkret?

    Haberstock: Verwendet man die Worte zu oft, ohne dass man es fühlt, verlieren sie ihren Wert. Ich sehe es auch manchmal bei Paaren, dass es zur Pflicht wird, "Ich liebe dich" zu sagen - passiert das nicht fünfmal am Tag, gibt es Ärger. Authentizität ist aber wichtiger als die Menge. Und natürlich werden die Worte auch von Kultur zu Kultur, unterschiedlich verwendet. 

    Den Allgäuern sagt man ja nach, dass sie eher wortkarg sind. Trifft das auch in diesem Fall zu?

    Paulina Haberstock arbeitet als Paartherapeutin in Oy-Mittelberg.
    Paulina Haberstock arbeitet als Paartherapeutin in Oy-Mittelberg. Foto: Haberstock

    Haberstock: Ich möchte es nicht verallgemeinern. Es stimmt, dass die Allgäuer eine andere Art haben, ihre Zuneigung zu zeigen als etwa die Italiener. Das Schöne ist, dass hinter wenigen Worten oft tiefe und ehrliche Gefühle stecken . Aber auch hier ist wichtig, dass Partner sich  gegenseitig die Liebesbeweise zeigen, diese Beweise verstehen, sich in der Beziehung geliebt fühlen und die eigenen Wünsche aussprechen. 

    Erleben Sie das oft in Ihrer Praxis?

    Haberstock: Ich sehe das oft in der Paartherapie, aber auch in der Familientherapie. Eigentlich wünschen sich alle das Gleiche: geliebt und wertgeschätzt zu sein. Es ist einfach, dies den Mitmenschen zu geben und die Wirkung ist groß. Eine kleine wertschätzende Geste kann den ganzen Tag glücklich machen.

    Unter jungen Menschen fällt der Satz gefühlt öfter - die Beziehung hält aber selten so lang.

    Haberstock: Ich möchte niemanden in Schubladen stecken. Fakt ist, dass die junge Generation mehr über Gefühle spricht, durch die Medien, die Schule, die Familienkultur. Denn Eltern sprechen heutzutage mit ihren Kindern auch mehr über Gefühle. 

    Woran liegt das?

    Haberstock: Die sozialen Medien und auch TV-Serien können das Beziehungsverhalten von Jugendlichen auch beeinflussen. Man möchte eine Beziehung wie im Fernsehen und da gehört „Ich liebe dich“ zu sagen eben dazu, egal ob die Gefühle da sind, oder nicht. 

    Aber wird der Satz "Ich liebe dich" nicht anders verwendet als früher? 

    Haberstock: Vielleicht vielseitiger, manche sagen ihn vielleicht nach einer schönen Nacht, andere wollen damit sagen: „Ich brauche dich, weil ich alleine nicht klar komme“. In einem solchen Fall gehört aber eher der Satz „Ich liebe mich“ hin. Der Nächste meint damit "Ich fühle mich mit dir wohl." Ich bin aber immer überrascht, wie viele junge Menschen sich tiefe Gedanken über ihre Gefühle machen und diesen Satz „Ich liebe dich“ mit ehrlichen Gefühlen, Wertschätzung und einem Wunsch nach emotionaler Nähe verbinden.

    Ist denn dieser Satz auch bei Ihren Paar-Sitzungen oft Thema?

    Haberstock: Das Grundthema ist sehr oft, wie die Zuneigung kommuniziert wird. Manche Paare kommunizieren so wenig, dass sie nicht einmal wissen, wer der Partner ist, wovon er träumt. Oft braucht auch ein Partner mehr Zuneigung als der andere.

    Ist das nicht schwierig?

    Haberstock: Das muss nicht das Problem sein - Menschen haben selten die gleichen Bedürfnisse. Wichtig ist, dass eine gute Kommunikation mit Mitgefühl, Interesse, Achtsamkeit, Offenheit und Vertrauen entsteht. Eine Beziehung ist immer auch eine Chance, persönlich zu wachsen, lernen und eigene Themen zu heilen. Das Verhalten in der Beziehung spiegelt Erfahrungen aus der Kindheit wider.

    Ab wann sollten Paare denn "Ich liebe dich" zueinander sagen?

    Haberstock: Das hängt natürlich vom Paar ab. Wichtig sind Ehrlichkeit, Echtheit, Authentizität. Wenn jemand das so ehrlich fühlt, ist der Satz richtig.

    Das heißt?

    Haberstock: Es ist gut zu schauen, an welchem Punkt die Beziehung im Augenblick steht, nicht an welchem man gerne wäre. Man muss auf die innere Stimme hören und ehrlich das äußern, was wirklich da ist. Drückt jemand in einer Beziehung zu schnell oder gar nicht "Ich liebe dich" aus, kann das darauf hindeuten, dass die Person Probleme mit Beziehungen hat.

    Sollte der Satz denn Beziehungen vorbehalten sein oder kann man ihn auch zu Freunden sagen?

    Haberstock: Jeder Freundeskreis entwickelt oft eine eigene Art Zuneigung zu zeigen. Wichtig ist zu wissen, wie es beim Gegenüber ankommt, ob das so verstanden wird, wie man es meint. Gleichzeitig darf man nicht erwarten dass das Gegenüber das Gleiche empfinden muss, und auch das Recht hat, ehrlich zu äußern, was er oder sie empfindet.

    Und zu Kindern?

    Haberstock: Bei Kindern darf es "Ich liebe dich" sein, aber auch "Ich habe dich lieb" oder "Du bist mein größter Schatz". Kinder brauchen Zuneigung und das Wissen, dass sie geliebt und angenommen sind. Es gibt ihnen Sicherheit, sie können dadurch besser lernen und sich entwickeln. Ehrlichkeit ist dabei sehr wichtig, so lernen Kinder eigene Gefühle kennen und auszudrücken, ob positive oder negative , beides gehört zum Leben und darf sein.

    Haben Sie einen Tipp für unsere Leser?

    Haberstock: Ich hätte einen Vorschlag: Lasst uns alle, die diesen Artikel lesen, ab heute jedem Menschen, der uns etwas bedeutet, die  Wertschätzung geben, sodass diese ankommt. Und auch dem Partner heute „Ich liebe dich" auf eigene Art zu sagen oder zeigen. Mit Freundlichkeit und Achtsamkeit eine Welle auslösen, die viel zum gesunden und freudvollen Lebensraum beitragen kann. Bleib dran und beobachte, was sich um dich herum verändert!

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