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Papstwahl: Kirchenexperte: Der neue Papst wird jünger sein

Papstwahl

Kirchenexperte: Der neue Papst wird jünger sein

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    Der leere Stuhl des Papstes im Petersdom. Das Konklave könnte bereits vor dem 15. März beginnen.
    Der leere Stuhl des Papstes im Petersdom. Das Konklave könnte bereits vor dem 15. März beginnen. Foto: Alessandro Bianchi, dpa

    Mit seinem angekündigten Rücktritt stellt Benedikt XVI. die katholische Kirche vor eine ganz neue und ungewohnte Situation. Erst einmal in der Geschichte verzichtete ein Papst freiwillig auf sein Amt - das war im Jahr 1294. Ein Protokoll, was in einem solchen Fall zu tun ist, hat die Kirche nicht. Wir sprachen mit Stephan Haering darüber, wie es nun weitergeht - bei der Wahl des neuen Papstes und für Benedikt XVI. Haering ist Professor für Kirchenrecht an der katholisch-theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

    Wann beginnt die Wahl zum neuen Papst?

    Haering: Das Amt wird am 28. Februar vakant, wie Benedikt XVI. angekündigt hat. Das Kardinalskollegium leitet dann gemeinsam provisorisch die Kirche und bereitet die Neuwahl vor. Sie muss frühestens 15 und spätestens 20 Tage nach dem Eintritt der Sedisvakanz stattfinden, der Zeit, in der der Papststuhl unbesetzt ist.

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    Nun spekuliert man im Vatikan über ein Vorziehen der Neuwahl. Geht das denn?

    Haering: Wichtig ist, dass alle Kardinäle rechtzeitig nach Rom kommen können. Wenn man das Gesetz nun so interpretiert, ist ja keinem Unrecht damit getan, wenn die Wahl schon früher beginnt. Es scheint in jedem Fall was hinter den Spekulationen zu sein, wenn schon Vatikansprecher Lombardi das vorbringt.

    Wer wählt den neuen Papst?

    Haering: Wählen dürfen ihn alle Kardinäle, die zum Zeitpunkt des Eintritts der Sedisvakanz noch nicht 80 sind. Für Deutschland ist das interessant, weil Walter Kasper am 5. März 80 wird. Er darf also noch mitwählen, obwohl er die Altersgrenze 80 überschritten hat, wenn das Konklave eröffnet wird. 

    Wie viele Kardinäle sind das insgesamt?

    Stichwort Sedisvakanz

    Mit dem Ende des Pontifikats von Papst Benedikt XVI. beginnt am 28. Februar um 20 Uhr die Zeit der Sedisvakanz.

    Das ist die Zeit, in der das Amt des Papstes nicht besetzt ist - normalerweise vom Tod des Kirchenoberhaupts bis zur Wahl seines Nachfolgers.

    Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und heißt wörtlich übersetzt «leerer Stuhl». Nach kirchlichem Verständnis sitzt der Papst auf dem Stuhle Petri.

    Der Glaubenslehre zufolge ist der Papst der Nachfolger des Apostels Petrus, den Jesus von Nazareth nach dem Matthäus-Evangelium als ersten Kirchenführer eingesetzt hatte.

    Während der Sedisvakanz leitet das Kardinalskollegium die Kirche. Seine Befugnisse sind aber auf Aufgaben und Entscheidungen beschränkt, die nicht aufgeschoben werden können.

    Von Päpsten erlassene Gesetze dürfen in dieser Zeit nicht korrigiert oder abgeändert werden. Die zwischenzeitliche Verwaltung der Kirche übernimmt der Kardinalkämmerer (Camerlengo) mit drei Kardinal-Assistenten.

    Das Kardinalskollegium bereitet vor allem die Wahl des neuen Papstes vor. Während der Sedisvakanz werden spezielle Münzen und Medaillen geprägt.

    Haering: Mehr als 200 Kardinäle bilden das Kollegium. 117 davon sind wahlberechtigt.

    Und wie viele kommen aus Deutschland?

    Haering: Sechs: vier Diözesanbischöfe und zwei ehemalige Leiter römischer Behörden. Rainer Maria Woelki aus Berlin, Joachim Meisner aus Köln, Karl Lehmann aus Mainz und Reinhard Marx aus München. Außerdem Paul Josef Cordes, der ehemalige Präsident des Päpstlichen Rates "Cor Unum", und eben Walter Kasper, der ehemalige Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.

    Wer hat Chancen, Papst zu werden?

    Haering: Das ist Spekulation, Namen zu nennen. Es gibt keine Kandidatenliste. Theoretisch kann jeder männliche Katholik gewählt werden. In den letzten Jahrhunderten waren das allerdings nur Kardinäle. Die Chancen hängen von den persönlichen Qualitäten des Einzelnen ab. Ich meine nicht, dass der Regionalproporz dabei eine Rolle spielen wird. Dass man zum Beispiel sagt: Jetzt brauchen wir endlich mal einen Papst von der südlichen Erdhalbkugel, weil dort die meisten katholischen Christen leben. Es wird wohl nicht wieder jemand sein, der so alt ist wie Joseph Ratzinger. Als er zum Papst gewählt wurde, war er schon 78. Der neue Papst sollte eine robuste Gesundheit haben.

    Papst Benedikt: Stationen seines Lebens

    Joseph Aloisius Ratzinger wird am 16. April (Karsamstag) des Jahres 1927 in Markl (Oberbayern) geboren.

    Ratzinger wächst mit seinen beiden Geschwistern Georg und Maria in einem religiös geprägten Elternhaus auf.

    Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wird Joseph Ratzinger 1945 als Flakhelfer eingezogen.

    Ratzinger studiert von 1946 bis 1951 Philosophie und Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising und an der Universität München.

    1951 wird Joseph Ratzinger im Freisinger Mariendom zum Priester geweiht. Als Priester leitete er 30 Jahre die Regensburger Domspatzen.

    Ratzinger habilitiert 1957 in München über "Die Geschichtstheologie des heiligen Bonaventura". Ab 1959 ist er Professor in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg.

    1977 beruft Papst Paul VI. Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising. Er wählt als bischöfliches Motto "Mitarbeiter der Wahrheit".

    Papst Johannes Paul II. betraut ihn 1981 mit der Leitung der Römischen Glaubenskongregation, durch die er sich den Ruf eines Hardliners erwirbt.

    Nach dem Tod des Papstes Johannes Paul II zelebriert Ratzinger 2005 die Totenmesse für den Verstorbenen und leitet das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes.

    Ratzinger wird nach nur 26 Stunden im vierten Wahlgang zum 265. Papst gewählt. Er trägt fortan den Namen Benedikt XVI.

    2013 tritt er nach acht Jahren im Amt freiwillig von seinem Pontifikat zurück - ein bisher einmaliger Vorgang. Benedikt wohnt fortan zurückgezogen in einem Kloster im Vatikan.

    2020 besucht Ratzinger seinen schwer erkrankten Bruder in Regensburg. Dieser stirbt kurz darauf.

    Wird denn die Reformbereitschaft des jeweiligen Kandidaten eine Rolle spielen?

    Haering: Die katholische Kirche lebt aus der Tradition heraus und gleichzeitig im Heute. Man muss von einem Bischof erwarten können, dass er der Erneuerung der Kirche gegenüber aufgeschlossen ist.

    Wie läuft die Wahl zum neuen Papst konkret ab?

    Haering: Am ersten Tag stimmen die Kardinäle ein bis zwei Mal ab und an jedem weiteren Tag dann vormittags und nachmittags jeweils zwei Mal. So lange, bis ein ein Kandidat die Zweidrittelmehrheit bekommt. Ab dem 33. Wahlgang hat das Konklave dann die Wahl, nur noch die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen zur Wahl zu stellen. Auch in diesem Fall muss der zukünftige Papst aber die Zweidrittelmehrheit erreichen.

    Wie oft kommt es vor, dass so viele Wahlgänge durchgeführt werden müssen?

    Haering: Das ist sehr ungewöhnlich. Benedikt XVI. wurde zum Beispiel bereits im vierten Wahlgang gewählt und Johannes Paul II. im achten.

    Sprechen wir Benedikt XVI. nach seinem Rücktritt dann wieder mit "Herr Ratzinger" an?

    Haering: Er bleibt sicherlich Benedikt XVI., wie auch Päpste, die verstorben sind, mit ihrem Pontifikatsnamen genannt werden. Die Frage wird sich aber für die Öffentlichkeit gar nicht erst groß stellen, denn man wird nicht mehr viel von ihm wahrnehmen. Erst bei seinem Tod wird man wohl wieder von ihm hören. Mit Rücksicht auf seinen Nachfolger wird er sich zurückziehen.

    Ist Benedikt XVI. nach seinem Rücktritt strafrechtlich wieder zu belangen?

    Haering: Diese Frage ist ungewöhnlich. Gegenwärtig ist Benedikt XVI. ja weder als Staatsoberhaupt des Vatikanstaats noch nach kanonischem Recht zu belangen, weil als Papst niemand über ihm steht. Das ändert sich nach seinem Rücktritt. Als Staatsbürger könnte er dann wie auch jeder andere wieder nach geltendem Gesetz verurteilt werden. 

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