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Papst Benedikt XVI.: Oberhaupt, Theologe, Mensch

Papst Benedikt XVI.

Oberhaupt, Theologe, Mensch

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    Beim Papstbesuch im September 2010 in München entstand dieses Foto, auf dem Benedikt XVI. den Gläubigen aus dem Papamobil zuwinkt.
    Beim Papstbesuch im September 2010 in München entstand dieses Foto, auf dem Benedikt XVI. den Gläubigen aus dem Papamobil zuwinkt. Foto: Fred Schöllhorn
    Die Päpste der vergangenen 150 Jahre. Querformat: 130 x 65 mm, Grafik: C. Bollinger, Redaktion: S. Tanke
    Die Päpste der vergangenen 150 Jahre. Querformat: 130 x 65 mm, Grafik: C. Bollinger, Redaktion: S. Tanke Foto: Dpa-infografik Gmbh

    Am Anfang, da waren wir Papst. Zumindest frohlockte so die Bild-Zeitung. Gegen Ende seines Pontifikats war von Benedikt XVI. deutlich weniger die Rede, und wenn, dann eher selten frohlockend. Er erschien vielen nur mehr als Oberhaupt einer verknöcherten Institution, die hauptsächlich mit sich und ihrem Machterhalt beschäftigt ist. Günther Jauch ließ am Sonntag bereits zum zweiten Mal hintereinander über die Kirche diskutieren. Auf der Internetseite seiner Talkshow heißt es: „So viel Emotionen, so viel Resonanz wie auf die Diskussion zum Thema ,Konzern Kirche‘ sind selten. Der Tenor: Die Kirchen seien ,unbarmherzig‘, ,lebensfremd‘ und ,diskriminierend‘.“

    Ist das also Benedikts Bilanz? Ein greiser Papst, der die katholische Kirche nicht aus ihrer Krise, geschweige denn in eine vermeintlich bessere Zukunft zu führen vermochte? Werden ihn die Geschichtsbücher als einen Übergangspapst einstufen, der nie die Strahlkraft seines Vorgängers Johannes Paul II. entwickelte? Dieser war Kritikern einst als Reaktionär und „Medienpapst“ regelrecht verhasst. Sein Bild wandelte sich schließlich dramatisch durch sein gewissermaßen öffentliches Sterben.

    Benedikt XVI. hat oft einen anderen Weg als Johannes Paul II. eingeschlagen, und alle Vergleiche waren schief. Benedikt war kein politischer Papst, kein Popstar, er polarisierte nicht so stark. Was und wer war er?

    Das Oberhaupt

    Als Joseph Kardinal Ratzinger am 19. April 2005 mit 78 Jahren zum Stellvertreter Christi auf Erden und zum Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken gewählt wurde, kam das für ihn einem Schock gleich. Drei Tage zuvor hatte er Mitarbeitern gesagt, er freue sich auf seinen Ruhestand. Nun dachte er „an die Guillotine“: „Ich war mir ganz sicher gewesen, dass dieses Amt nicht meine Bestimmung ist, sondern dass Gott mir jetzt, nach anstrengenden Jahren, etwas Frieden und Ruhe gewähren wird“, verriet er dem Publizisten Peter Seewald. Und als seinem Bruder Georg

    Beides stand ihm eindringlich vor Augen – die Ungeheuerlichkeit des Papstamtes sowie sein Alter, das Schwinden seiner Kräfte. Beides gab seinem Pontifikat einen Rahmen. Sein Entschluss zum Rücktritt überrascht daher nicht vollkommen: Aus Sorge um „das Schifflein Petri“, das zu steuern er keine Kraft mehr habe, erklärte Benedikt den Amtsverzicht. – Benedikt, der weder Bischof, Präfekt der Glaubenskongregation noch Papst werden wollte, sich aber stets der Vorsehung Gottes fügte, entschied „in voller Freiheit“. Über diese drei Wörter wird wohl noch reichlich spekuliert werden, hieß es doch im Zuge des Vatileaks-Skandals, der Papst solle aus dem Amt gedrängt werden.

    Papst Benedikt: Stationen seines Lebens

    Joseph Aloisius Ratzinger wird am 16. April (Karsamstag) des Jahres 1927 in Markl (Oberbayern) geboren.

    Ratzinger wächst mit seinen beiden Geschwistern Georg und Maria in einem religiös geprägten Elternhaus auf.

    Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wird Joseph Ratzinger 1945 als Flakhelfer eingezogen.

    Ratzinger studiert von 1946 bis 1951 Philosophie und Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising und an der Universität München.

    1951 wird Joseph Ratzinger im Freisinger Mariendom zum Priester geweiht. Als Priester leitete er 30 Jahre die Regensburger Domspatzen.

    Ratzinger habilitiert 1957 in München über "Die Geschichtstheologie des heiligen Bonaventura". Ab 1959 ist er Professor in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg.

    1977 beruft Papst Paul VI. Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising. Er wählt als bischöfliches Motto "Mitarbeiter der Wahrheit".

    Papst Johannes Paul II. betraut ihn 1981 mit der Leitung der Römischen Glaubenskongregation, durch die er sich den Ruf eines Hardliners erwirbt.

    Nach dem Tod des Papstes Johannes Paul II zelebriert Ratzinger 2005 die Totenmesse für den Verstorbenen und leitet das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes.

    Ratzinger wird nach nur 26 Stunden im vierten Wahlgang zum 265. Papst gewählt. Er trägt fortan den Namen Benedikt XVI.

    2013 tritt er nach acht Jahren im Amt freiwillig von seinem Pontifikat zurück - ein bisher einmaliger Vorgang. Benedikt wohnt fortan zurückgezogen in einem Kloster im Vatikan.

    2020 besucht Ratzinger seinen schwer erkrankten Bruder in Regensburg. Dieser stirbt kurz darauf.

    Mehr als symbolisch jedenfalls waren seine Bemühungen um eine Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und sein Vorgehen gegen Korruption und Geldwäsche innerhalb des Vatikans – bis ihn die Kraft verließ, begonnene Anstrengungen entschieden weiter zu verfolgen. Selbst ein Papst ist offensichtlich angesichts der Machtstrukturen, die sich im Kirchenstaat herausgebildet haben, machtlos.

    Der Theologe

    Auch theologisch rahmte zweierlei Benedikts Pontifikat: der Kampf gegen eine „Diktatur des Relativismus“ und „die Wiedererlangung der vollen und sichtbaren Einheit der Christen“. Das eine meint die Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Glaube und Vernunft, das andere die Auseinandersetzung mit der Gestalt der Kirche als Institution. Um die ist es vor allem aus deutscher Sicht und aus Sicht einer Mehrzahl der Deutschen schlecht bestellt: Der Prozess der Ökumene etwa kommt ebenso stockend voran wie angemahnte Reformen. Nur, warum sollte sich ausgerechnet in Benedikts kurzem Pontifikat ändern, was sich jahrhundertelang nicht änderte?

    Der Mensch

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    Benedikt XVI. ist im Alter von 95 Jahren gestorben. Von 2005 wird er der zum Papst ernannt und Deutschland jubelt. 2013 tritt er zurück. Das gab es zuvor erst einmal.

    Was ließe sich nicht alles über ihn sagen, Georg Ratzinger hat ein 272-seitiges Buch darüber geschrieben („Mein Bruder, der Papst“, Herbig). Vielleicht dies: Als Papst gelang es Benedikt erstaunlich schnell, vom konservativen Hardliner zu „Benedetto“ zu werden.

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