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Papst Benedikt XVI.: 90. Geburtstag: So geht es Papst Benedikt XVI. heute

Papst Benedikt XVI.

90. Geburtstag: So geht es Papst Benedikt XVI. heute

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    Das Bild zeigt Papst Benedikt XVI. im Dezember 2015. Jetzt wird der emeritierte Papst 90 Jahre alt.
    Das Bild zeigt Papst Benedikt XVI. im Dezember 2015. Jetzt wird der emeritierte Papst 90 Jahre alt. Foto: Vincenzo Pinto/ AFP PHOTO

    Es ist schon über ein Jahr her, dass Benedikt XVI. im weißen Wintermantel und gestützt auf einen schwarzen Gehstock vor seiner Bleibe im Vatikan stand und die Ehrerbietungen einer Besuchergruppe aus Bayern entgegennahm. Es gab Geschenkkörbe und freundliche Worte. Ein Mann aus der Gruppe sagte, man würde ganz sicher bald auch zum 90. Geburtstag gratulieren. Benedikt lehnte dankend und mit einem Schmunzeln ab: „Na, lieber ned“, sagte der emeritierte Papst in feinstem Bairisch. Seine Antwort war kein Affront, sie klang schlicht nach Lebensmüdigkeit.

    Nun ist es doch so weit. Am Ostersonntag wird Benedikt XVI. 90 Jahre alt. An diesem Hochfest zieht ein Ex-Papst besser wenig Aufmerksamkeit auf sich. Benedikt wünsche sich, dass „alles in kleinem Rahmen bleibt“, sagt sein Bruder Georg Ratzinger. „Am Morgen feiern wir gemeinsam Gottesdienst, natürlich gehört am Mittag ein gutes Essen dazu, dann ist Siesta und am Nachmittag Vespergebet“, schildert der 93-Jährige den geplanten Ablauf. Außer den beiden sollen nur die Haushälterinnen und Privatsekretär Georg Gänswein dabei sein. Schenken wird er ihm nichts, sagt

    90. Geburtstag: Papst Benedikt XVI. kann kaum noch gehen

    Die Päpste seit 1800

    2013: Franziskus (Argentinien)

    2005 - 2013: Benedikt XVI. (Deutschland)

    1978 - 2005: Johannes Paul II. (Polen)

    1978: Johannes Paul I. (Italien)

    1963 - 1978: Paul VI. (Italien)

    1958 - 1963: Johannes XXIII. (Italien)

    1939 - 1958: Pius XII. (Italien)

    1922 - 1939: Pius XI. (Italien)

    1914 - 1922: Benedikt XV. (Italien)

    1903 - 1914: Pius X. (Italien)

    1878 - 1903: Leo XIII. (Italien)

    1846 - 1878: Pius IX. (Italien)

    1831 - 1846: Gregor XVI. (Italien)

    1829 - 1830: Pius VIII. (Italien)

    1823 - 1829: Leo XII. (Italien)

    1800 - 1823: Pius VII. (Italien)

    Erst einen Tag später wird Joseph Ratzinger eine mittelgroße Feier abhalten. 30 bayerische Gebirgsschützen machen ihre Aufwartung, Ministerpräsident Horst Seehofer und seine Ehefrau sowie ein paar andere Ehrengäste haben sich angekündigt. Als Geschenk soll es handgeschöpfte Pralinen eines Konditors aus Traunstein geben – der Papst hat eine Schwäche für Süßigkeiten.

    Die rund 50 Gratulanten werden auf einen sehr alten Mann treffen, der im Kopf hellwach ist, aber kaum noch gehen kann. Wenn er sich nicht auf seinen Sekretär, Erzbischof Georg Gänswein, oder einen Gehstock stützt, dann nimmt er seit geraumer Zeit die Dienste eines Rollators in Anspruch. Diesem Alterungsprozess steht eine ganz andere Entwicklung gegenüber, deren Tragweite sich erst jetzt erschließt.

    Das ist der Vatikan

    Der Vatikan (amtlich Vatikanstadt) ist eine Absolute Wahlmonarchie Der Papst ist als Bischof von Rom ex officio Staatsoberhaupt.

    Der Vatikan ist eine Enklave innerhalb des Stadtgebiets Roms. Seine Fläche beträgt 0,44 Quadratkilometer.

    Amtssprache ist Italienisch und Latein. Bei der Schweizergarde ist auch Deutsch offizielle Sprache.

    Die Flagge besteht aus zwei nebeneinander angeordneten Feldern – eines in Gelb, eines in Weiß. Das weiße Feld trägt die Päpstliche Tiara (Krone) und die gekreuzten Schlüssel.

    Nationalfeiertag ist der Jahrestag der Papstwahl, unter Benedikt XVI. der 19. April.

    Die Nationalhymne wurde von Charles Gounod komponiert. 1993 gab es dafür einen neuen lateinischen Text: „Glückliches Rom, edles Rom, du bist Sitz des Petrus, der in dieser Stadt sein Blut vergoss und dem die Schlüssel des Himmelreiches übergeben wurden.“

    Die Schweizergarde sorgt seit 1506 für die Sicherheit des Papstes und ist mit ihren 110 Mann die kleinste und zugleich älteste Armee der Welt. Zudem gibt es eine Vatikan-eigene Polizei, den Corpo della Gendarmeria.

    Der Vatikan verfügt über einen Bahnhof und einige hundert Meter Schienenstrecke, die aber fast ausschließlich für den Transport von Gütern genutzt wird. Zudem gibt es rund 50 Straßen sowie einen Hubschrauberlandeplatz.

    Die Vatikanstadt besitzt ein eigenes Münzrecht und gibt auch eigene Briefmarken heraus, die bei Sammlern sehr begehrt sind. Der Euro ist die offizielle Währung. Das Metallgeld wird beim italienischen Münzamt geprägt.

    Grundlage für die Entstehung des Staates „Vatikanstadt“. Sie wurden am 11. Februar 1929 zwischen dem Heiligen Stuhl und Italiens faschistischem Diktator Benito Mussolini unterzeichnet. Das Abkommen sichert die Eigenständigkeit der Vatikanstadt

    Oberflächlich betrachtet herrscht im Vatikan fast Routine angesichts der zwei Männer in Weiß, die im Schatten des Petersdoms relativ umtriebig ihr Tagwerk verrichten. Papst Franziskus ist der Chef, daran zweifeln nicht einmal mehr seine hartnäckigsten Gegner. Bergoglio und Ratzinger begegnen sich regelmäßig, was nicht heißen muss, dass sie in allem einer Meinung sind. Es kann gut sein, dass Franziskus seinem Vorgänger auch am Sonntag persönlich gratulieren wird. Sie schreiben sich Briefe, der Kontakt ist rege. Die päpstliche Koexistenz sei etwa so, wie den Großvater im eigenen Haus zu haben, sagte Franziskus zu Beginn seines Pontifikats. Eine harmlose Bemerkung, die auch insofern zutrifft, als dass Großväter manchmal ziemlich platzergreifend sein können.

    Die katholische Kirche ringt hinter den Kulissen weiterhin mit der neuartigen Figur des Papa emeritus. „Nicht der Rücktritt war das absolut Neue, sondern was danach kam“, sagt der italienische Vatikan-Journalist Sandro Magister. Als sein Alter Ego Gänswein im vergangenen Juni bei der Vorstellung einer Ratzinger-Biografie in Rom die neue Rolle Benedikts beschrieb, schlugen seine Worte ein wie eine Bombe. Ratzingers Sekretär sagte wörtlich, seit der Wahl von Franziskus am 13. März 2013 „gibt es keine zwei Päpste, aber de facto ein erweitertes Amt mit einem aktiven und einem kontemplativen Teilhaber“. Benedikt habe seinen Stuhl zwar geräumt, doch er habe seinen Dienst mit dem

    Papst Benedikt XVI.: Ratzinger wollte Neuanfang ermöglichen

    „Er hat das personale Amt stattdessen ergänzt um eine kollegiale und synodale Dimension, als einen quasi gemeinsamen Dienst“, sagte Gänswein. Die Worte ließen darauf schließen, dass kaum jemand verstanden hatte, was sich vor vier Jahren wirklich im Vatikan zugetragen hatte. Benedikt XVI. beansprucht einen Teil seines päpstlichen Amtes trotz seines Rücktritts weiterhin für sich. Deshalb trägt er weiterhin eine weiße Soutane und den weißen Zucchetto auf dem Kopf, deshalb wohnt er weiterhin im Vatikan und hält an seinem Papstnamen fest. Seine Gratulanten werden ihn deshalb auch am Geburtstag mit „Heiliger Vater“ oder „Santo Padre“ anreden.

    Papst Benedikt XVI. auf dem Islinger Feld in Regensburg im Jahr 2006.
    Papst Benedikt XVI. auf dem Islinger Feld in Regensburg im Jahr 2006. Foto: Wolfgang Radtke/Archiv (dpa)

    Gänswein wurde für seine Worte heftig kritisiert, das Zerrbild des Sekretärs, der den ahnungslosen Professor wie schon zu aktiven Zeiten hinters Licht führte, lebte wieder auf. Dabei entsprach Gänsweins Interpretation den Vorstellungen Benedikts XVI. Bei seiner letzten Generalaudienz am 27. Februar 2013 sagte dieser, er trage fortan nicht mehr die amtliche Vollmacht für die Leitung der Kirche, aber er bleibe im Dienst des Gebetes „sozusagen im engeren Bereich des heiligen Petrus“. Deshalb der Rückzug in das Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan und nicht etwa in eine Einsiedelei bei Regensburg. „Ich gehe nicht vom Kreuz weg, sondern bleibe auf neue Weise beim gekreuzigten Herrn“, sagte Benedikt.

    Papst Benedikt: Stationen seines Lebens

    Joseph Aloisius Ratzinger wird am 16. April (Karsamstag) des Jahres 1927 in Markl (Oberbayern) geboren.

    Ratzinger wächst mit seinen beiden Geschwistern Georg und Maria in einem religiös geprägten Elternhaus auf.

    Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wird Joseph Ratzinger 1945 als Flakhelfer eingezogen.

    Ratzinger studiert von 1946 bis 1951 Philosophie und Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising und an der Universität München.

    1951 wird Joseph Ratzinger im Freisinger Mariendom zum Priester geweiht. Als Priester leitete er 30 Jahre die Regensburger Domspatzen.

    Ratzinger habilitiert 1957 in München über "Die Geschichtstheologie des heiligen Bonaventura". Ab 1959 ist er Professor in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg.

    1977 beruft Papst Paul VI. Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising. Er wählt als bischöfliches Motto "Mitarbeiter der Wahrheit".

    Papst Johannes Paul II. betraut ihn 1981 mit der Leitung der Römischen Glaubenskongregation, durch die er sich den Ruf eines Hardliners erwirbt.

    Nach dem Tod des Papstes Johannes Paul II zelebriert Ratzinger 2005 die Totenmesse für den Verstorbenen und leitet das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes.

    Ratzinger wird nach nur 26 Stunden im vierten Wahlgang zum 265. Papst gewählt. Er trägt fortan den Namen Benedikt XVI.

    2013 tritt er nach acht Jahren im Amt freiwillig von seinem Pontifikat zurück - ein bisher einmaliger Vorgang. Benedikt wohnt fortan zurückgezogen in einem Kloster im Vatikan.

    2020 besucht Ratzinger seinen schwer erkrankten Bruder in Regensburg. Dieser stirbt kurz darauf.

    Damit war die völlig unbekannte Figur des Papa emeritus umrissen, über die Ratzinger spätestens seit dem Ende des Pontifikats seines Vorgängers Johannes Paul II. nachgedacht hatte. Der schwerkranke Pole hatte bis zum Schluss durchgehalten, während die Kurie ein immer stärkeres Eigenleben entwickelte. Benedikt hingegen trat von Skandalen geschwächt zurück, um einen Neuanfang zu ermöglichen, musste sich aber von engen Weggefährten den Vorwurf anhören, vom Kreuz gestiegen zu sein. Indem er als nunmehr „kontemplativer Teilhaber“ des Amtes den „quasi gemeinsamen Dienst“ einführte, wie sein Sekretär es formulierte, entzog er sich auch ein Stück weit dieser für einen Kirchenmann wie ihn so harten Anschuldigung. Es gibt frühere Anhänger, die Ratzinger seinen Rücktritt bis heute übel nehmen. Das Papsttum sei mit dieser Doppelspitze quasi banalisiert, behaupten sie. Ohne Zweifel bezieht die katholische Kirche einen Teil ihrer verbleibenden Stärke aus dem Papstamt. Gibt sie angesichts der Auflockerung dieses Mythos auch ihr stärkstes Pfund aus der Hand?

    Papst Benedikt XVI. ist immer noch Papst

    Der Alltag Benedikts im Kloster Mater Ecclesiae ist theologisch auch vier Jahre später ein völliges Novum. Wer hier jeden Tag um sieben Uhr die Messe feiert, Bücher liest, Briefe schreibt, zahlreiche Besucher empfängt und abends die Fernsehnachrichten auf Rai 1 guckt, ist nicht etwa ein ehemals bedeutender Greis aus Bayern. Dieser nun 90-Jährige ist noch immer Papst, emeritiert zwar und ohne Amtsvollmachten, aber Papst.

    Während vielen Beobachtern Benedikts Rücktritt imponierte, haben jüngst auch Kirchenhistoriker auf Unschlüssigkeiten und Probleme hingewiesen, die sich im Zusammenhang mit dieser Premiere für die Kirche auftun. Schon früher traten Päpste zurück, aber sie traten als Kardinäle wieder zurück ins Glied oder wurden eingekerkert. Hubert Wolf etwa bewundert zwar den Wagemut Ratzingers, führt in seinem neuen Buch „Konklave“ aber auch zahlreiche problematische Konsequenzen auf bis zu der ungeklärten Frage, ob in absehbarer Zeit ein Papst einen anderen beerdigen wird. Der ehemalige Augsburger Kirchenhistoriker Walter Kardinal Brandmüller bezeichnete die wie auch immer geartete Idee eines doppelten Papsttums als „Monströsität“ und erkannte Potenzial für ein Schisma. Der

    Benedikt XVI.: Verschwörungstheorien zu seinem Rücktritt

    Natürlich ist Benedikts Schritt auch Nährboden für die buntesten Verschwörungstheorien. Namhafte Publizisten zweifelten die Legitimität der Wahl von Franziskus an. Ein leibhaftiger Bischof aus Italien und Ratzinger-Freund ließ sich neulich gar in der Öffentlichkeit über vermeintliche Machenschaften der Obama-Administration aus, die auf den Rücktritt Benedikts hingewirkt habe, um ihrer antikatholischen Politik zur Durchsetzung zu verhelfen.

    Ratzinger selbst hat solchen Mutmaßungen immer wieder eine Absage erteilt. Spekulationen über die Ungültigkeit seines Rücktritts bezeichnete er mehrfach als „absurd“. Noch als amtierender Papst versprach er seinem Nachfolger Gehorsam. Bei allen seinen Begegnungen mit Franziskus nimmt er als Zeichen seiner Ehrerbietung den weißen Zucchetto vom Kopf. Es ist eindeutig, wer das Sagen in der katholischen Kirche hat. Aber nicht alles scheint so durchdacht, wie man es dem Theologen-Papst zutrauen würde. Auf die Frage, warum er auch nach dem Rücktritt noch weiß trägt, erklärte Benedikt XVI. bei einer Gelegenheit: „Zum Zeitpunkt des Rücktritts waren keine anderen Kleider zur Verfügung.“ Zuletzt hieß es, die weiße Soutane sei Ausdruck des „erweiterten Amts“.

    Problematischer ist ein anderer Aspekt. Zurückhaltung fällt Benedikt sichtbar schwer. Seine öffentlichen Auftritte erfolgten zwar allesamt auf Einladung von Franziskus. Aber vor allem in Reden, Interviews und Neuauflagen alter Aufsätze ist der emeritierte Papst noch präsent. Völlig neuartig ist auch die Tatsache, dass er in einem zu Lebzeiten veröffentlichten Interview-Buch Bilanz seines eigenen Pontifikats zog und über seinen Nachfolger sprach. Das war zweifellos interessant, barg aber auch Sprengstoff. „Ich bin nur noch ein einfacher Pilger, der die letzte Etappe seiner Pilgerreise auf dieser Erde beginnt“, hat Benedikt XVI. bei seinem letzten öffentlichen Auftritt als amtierender Papst auf dem Balkon in Castel Gandolfo gesagt. Das war am 28. Februar 2013.

    Vier Jahre später ist klar: Ganz so einfach ist es nicht.

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