Reisen für das perfekte Foto: Immer mehr junge Menschen wählen ihr Urlaubsziel nach der "Instagramability" aus. Je schöner, einsamer und abgelegener ein Ort, desto besser werden die Fotos davon auf Instagram geklickt und geliked. Die Fotoplattform hat nicht nur das Urlaubsverhalten verändert, sondern auch eine neue Form des Massentourismus geschaffen. Viele Reiseveranstalter sind bereits auf den Zug aufgesprungen und bieten Instagram-Trips für Millennials an. Manche Gegenden mögen von der Jagd nach dem perfekten Foto profitieren. Doch der Instagram-Tourismus hat auch Schattenseiten, wie die folgenden Beispiele zeigen.
Schlange stehen für ein Instagram-Foto am Trolltunga in Norwegen
Ein Mann steht in schwindelerregender Höhe an der Spitze des Trolltunga-Felsvorsprungs über dem Ringedalsvatnet-See in Norwegen. Links und rechts von ihm geht es hunderte Meter weit in die Tiefe, in der Ferne glitzern schneebedeckte Berggipfel in der Sonne. So wurde das "einsame Örtchen" mit dem sensationellen Ausblick in den sozialen Medien berühmt.
Und so sieht es dort wirklich aus. Instagram hat die "Trollzunge" berühmt gemacht und bei vielen Nutzern die Begehrlichkeit geweckt, das Foto selbst nachzustellen. Wer das tun möchte, muss nicht nur rund zehn Stunden wandern, sondern sich auch schön in die Warteschlange einreihen.
Berg-Idylle im österreichischen Hallstatt
Das 750-Einwohner-Dörfchen Hallstatt im österreichischen Salzkammergut ist ein echtes Idyll. Historische Häuser im alpenländischen Baustil schmiegen sich an den Berg, davor liegt der Hallstätter See. Der Ort verdankt seine Entstehung dem reichen Salzvorkommen, seit mehr als 4.000 Jahren wird das weiße Gold in Hallstatt abgebaut. Sogar das älteste Salzbergwerk der Welt soll sich dort befinden.
Doch seit einigen Jahren ist es vorbei mit der Ruhe: Fotos in den sozialen Medien haben einen regelrechten Hype um Hallstatt ausgelöst. Seitdem fallen jährlich massenweise Touristen in den kleinen österreichischen Ort ein. Viele Gäste kommen aus China, Taiwan, Südkorea, Japan und anderen ostasiatischen Ländern. Gibt man bei Instagram den Hashtag #hallstatt ein, erscheinen über 534.000 Beiträge. Hallstatt gefiel chinesischen Architekten sogar so gut, dass sie den Ort 2012 in der Volksrepublik eins zu eins nachbauten. Das hat die Beliebtheit des Originals noch einmal gesteigert.
Obwohl die Touristen - 2018 waren es rund eine Million - der kleinen Marktgemeinde viel Geld einbringen, sind nicht alle Bewohner angetan von dem Trubel um ihren Wohnort. Es gebe fast nur noch Souvenirläden, beklagt sich so mancher Hallstätter. Zudem nehme der Verkehr überhand. Weil einige Gäste in private Gärten oder sogar Wohnhäuser eindrangen, hängen seit einiger Zeit Verbotsschilder in Hallstatt. Sie appellieren daran, die Privatsphäre zu respektieren, keine Drohnen fliegen zu lassen und sich möglichst leise zu verhalten.
Instagram-Traum vom einsamen Wildsee in Südtirol
Einsam liegt er da, der Pragser Wildsee (Italienisch: Lago di Braies) in Südtirol. Türkisfarben glitzert das glasklare Wasser, ein einsames Mädchen tanzt verträumt am Ufer.
Und so sieht die Realität aus: Alleine sind Besucher an dem bildschönen Bergsee nämlich schon lange nicht mehr. Das sieht man auch an den Müllbergen, die zurückbleiben. Der Tourismus bringt nicht nur viel Müll an den See, sondern auch viel Verkehr. Weil auf der Straße zum See bis zu 7.000 Fahrzeuge täglich fuhren, wurde sie im vergangenen Sommer für den Individualverkehr geschlossen.
Instagram-Hotspot in den Schweizer Bergen
Spektakulär an einem 100 Meter hohen Felsband gelegen schmiegt sich das Restaurant Aescher-Wildkirchli in 1454 Metern Höhe an den Berg. Der Gasthof liegt im Schweizer Kanton Appenzell Innerrhoden.
Auch hier hat das Internet seine Spuren hinterlassen. Weil der urige Gasthof von immer mehr Reiseportalen, Blogs und sogar von Hollywoodstar Ashton Kutscher empfohlen wurde, stieg die Zahl der Touristen immer mehr an - bis es der Betreiberfamilie zu viel wurde: Nach über 30 Jahren kündigten sie 2018 den Pachtvertrag. Mittlerweile hat das fotogene Berggasthaus aber wieder einen neuen Betreiber. (AZ/dpa)