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Oscar Pistorius: Nach mildem Pistorius-Urteil wütende Reaktionen in Südafrika

Oscar Pistorius

Nach mildem Pistorius-Urteil wütende Reaktionen in Südafrika

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    Darf bis zur Verkündung des Strafmaßes gegen Kaution in Freiheit bleiben: Oscar Pistorius. Das Strafmaß soll ab dem 13. Oktober verkündet werden.
    Darf bis zur Verkündung des Strafmaßes gegen Kaution in Freiheit bleiben: Oscar Pistorius. Das Strafmaß soll ab dem 13. Oktober verkündet werden. Foto: Alon Skuy (dpa)

    Nach der Verurteilung des früheren Sprintstars Oscar Pistorius wegen fahrlässiger Tötung hat Südafrika den Richterspruch intensiv debattiert. Bildungsministerin Angie Motshegka äußerte sich am Sonntag enttäuscht über das Urteil und verlieh ihrer Hoffnung auf ein Berufungsverfahren Ausdruck. Zuvor hatte der Vater der von Pistorius getöteten Reeva Steenkamp die Darstellung des 27-Jährigen zum Ablauf der Todesnacht in Frage gestellt.

    Strafmaß im Pistorius-Prozess wird im Oktober verkündet

    Motshegka stelle das Urteil zwar nicht in Frage, empfinde es aber als "ungerecht für die Frauen", sagte ihre Sprecherin. Motshegka ist neben ihrem Ministerposten auch Vorsitzende der Frauenliga der Regierungspartei ANC. Motshegka habe persönlich den Eindruck, Pistorius sei einer Verurteilung wegen Mordes vor allem aus technischen Gründen entgangen, sagte ihr Sprecher weiter. "Und sie hätte gern, dass das von einem anderen Gericht überprüft wird." Presseberichten zufolge ist es wahrscheinlich, dass die Staatsanwaltschaft Berufung einlegt.

    Der Fall Pistorius - eine Chronologie

    14. Februar 2013: Steenkamps Leiche wird in Pistorius' Wohnung gefunden. Der Sportler hatte die 29-Jährige durch die geschlossene Toilettentür mit vier Schüssen aus einer seiner Schusswaffen getötet. Er wird festgenommen.

    15. Februar 2013: Bei einem ersten Gerichtstermin, bei dem Pistorius Mord an seiner Freundin zur Last gelegt wird, bestreitet er den Mordvorwurf.

    19. Februar 2013: Pistorius macht geltend, er habe hinter der Toilettentür einen Einbrecher vermutet und "furchtbare Angst" gehabt.

    22. Februar 2013: Pistorius wird gegen eine Kaution von umgerechnet 75.000 Euro freigelassen.

    März 2014: Zum Prozessauftakt sagt eine Zeugin aus, sie habe in der Tatnacht "schreckliche Schreie" einer Frau und Schüsse gehört. Pistorius übergibt sich bei der Verlesung des Autopsieberichts.

    April 2014: Pistorius beginnt seine Aussage mit einer Entschuldigung bei Steenkamps Familie. Immer wieder bricht er im Kreuzverhör in Tränen aus und verwickelt sich auch in Widersprüche.

    30. Juni 2014: Nach sechswöchiger Pause, in der sich Pistorius psychiatrischen Untersuchungen unterziehen muss, erklären drei Psychiater und ein Psychologe, dass der Angeklagte zur Tatzeit voll schuldfähig war.

    11. September 2014: Richterin Thokozile Masipa spricht Pistorius von den Vorwürfen des Mordes und des Totschlages frei.

    12. September 2014: Pistorius wird wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässigen Waffengebrauchs in einem Fall schuldig gesprochen.

    21. Oktober 2014: Das Strafmaß wird verkündet: maximal fünf Jahre Gefängnis. Pistorius muss seine Haft sofort antreten.

    10. Dezember 2014: Die Berufung wird zugelassen.

    19. Oktober 2015: Pistorius wird auf Bewährung und unter Auflagen vorzeitig aus der Haft in den Hausarrest entlassen.

    3. November 2015: Im Berufungsverfahren fordert die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung wegen Mordes

    3. Dezember 2015: Pistorius wird wegen Mordes schuldig gesprochen, der Fall wird an die Vorinstanz zurückverwiesen.

    3. März 2016: Das Verfassungsgericht weist eine Beschwerde des Sportlers gegen den Schuldspruch zurück.

    6. Juli 2016: Pistorius wird zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Er tritt seine Strafe sofort an. Sowohl Anklage als auch Verteidigung können Berufung gegen das Strafmaß einlegen.

    Der an den Unterschenkeln amputierte frühere Sprintstar hatte seine Lebensgefährtin Steenkamp im Februar vergangenen Jahres erschossen, weil er sie nach eigenen Angaben mit einem Einbrecher verwechselt hatte. Eine Tötungsabsicht bestritt der Ausnahmesportler. Am Ende eines Aufsehen erregenden Prozesses sprach Richterin Thokozile Masipa am Freitag den Angeklagten der fahrlässigen Tötung schuldig. Das Strafmaß wird am 13. Oktober verkündet.

    Vater der getöteten Reeva Steenkamp glaubt Pistorius nicht

    "Da fehlt noch immer etwas", sagte Barry Steenkamp dem britischen Sender ITV News nach der Urteilsverkündung. Zu der gesamten Geschichte, die schließlich dazu geführt habe, dass seine Tochter von Pistorius erschossen worden sei, gehöre "noch mehr", sagte der Vater.  Reevas Mutter June sagte dem Sender, nachdem Pistorius vom Vorwurf des Mordes und des Totschlags seiner Freundin entlastet worden sei, sei die Familie "geschockt" und "enttäuscht" gewesen. Es zerreiße ihr das Herz, denn alles, was sie wolle, sei "die Wahrheit", sagte sie.

    Schon kurz nach der Urteilsverkündung hatte June Steenkamp im Gespräch mit dem Sender NBC News die Gerichtsentscheidung als "nicht richtig" bezeichnet. Ihre Tochter sei auf "grausame, schmerzvolle und schreckliche" Weise getötet worden und sie könne nicht glauben, dass das Gericht der Meinung sei, dies sei ein Unfall gewesen.

    Auch die südafrikanische Presse reagiert mit Unverständnis

    Auch die südafrikanische Presse beschäftigt der Prozess weiter. Am Sonntag fragte die Zeitung "Sunday Independent" auf ihrer ersten Seite: "Ist das Gerechtigkeit?" Andere Blätter titelten "Die Staatsanwaltschaft gegen Oscar: Es ist noch nicht vorbei" und "Die Richterin im Feuer der Kritik". afp/dpa/AZ

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