Der Ausbau des Pfändertunnels an der deutsch-österreichischen Grenze am Bodensee hat Folgen: Österreich schafft die Maut-Sonderregelung bei Bregenz ab und kassiert bei der Gelegenheit gleich noch eine Ausnahme bei Kiefersfelden. Dies sorgt für Ärger auf deutscher Seite.
Verkauf der Korridorvignette wird eingestellt
Eigentlich ist es eine gute Nachricht für die Menschen im Bodensee-Dreiländereck: Nach jahrelangen Bauarbeiten am Pfändertunnel soll der Verkehr von Donnerstag (4. Juli) an vierspurig durch zwei Röhren rollen. Damit verschwindet ein Flaschenhals, der häufig lange Staus verursacht hat. Die Eröffnung der zweiten Röhre im 6,5 Kilometer langen Tunnel von Bayern nach Vorarlberg hat aber auch unliebsame Konsequenzen.
Denn die österreichische Autobahngesellschaft Asfinag stellt in der Nacht zum Donnerstag den Verkauf der sogenannten Korridorvignette ein. Das Tages-Pickerl für zwei Euro war eine Maut-Sonderlösung am Pfändertunnel. Vor allem Urlauber auf der Durchreise in die Schweiz nutzten es. Auch die bisherige Sonderregelung für einen etwa sechs Kilometer langen Abschnitt der Inntalautobahn nach dem oberbayerischen Grenzübergang Kiefersfelden wird aufgehoben. In Zukunft will Österreich bei der Vignettenpflicht keine Ausnahmen mehr machen.
Pfändertunnel ausgebaut - Grenzregionen fürchten Verkehrschaos
Dies sorgt in beiden Grenzregionen für Unmut. Die Menschen befürchten ein Verkehrschaos. "Wenn das so kommt, haben wir hier im Winter Dauerstau", sagt Erwin Rinner (CSU), Bürgermeister von Kiefersfelden.
Am 1. September 2008 wurde die Korridorvignette am Pfändertunnel eingeführt. Mit der Verkehrsfreigabe beider Röhren endet deren Gültigkeit. "Es war von Anfang an im Gesetz verankert, dass das Angebot zeitlich begrenzt ist", sagt ein Sprecher der Asfinag. Das Zwei-Euro-Pickerl gilt - jeweils für eine Fahrtrichtung - auf dem 23 Kilometer langen Abschnitt der Rheintal-Autobahn 14 zwischen der Landesgrenze kurz hinter Lindau und Hohenems nahe dem Grenzübergang zur Schweiz. Knapp über fünf Millionen dieser Vignetten wurden laut Asfinag seit der Einführung verkauft.
Pfändertunnel: Künftig gilt das reguläre Pickerl
"Die Korridorvignette ist ein Erfolgsmodell", sagt der Lindauer Landrat Elmar Stegmann (CSU). Dass sie nun abgeschafft wird und auf dem kurzen Autobahnabschnitt durch den Pfändertunnel künftig die reguläre österreichische Vignette gilt, sei für die Region ein herber Schlag. Befürchtet wird, dass viele Urlauber, die sich die Maut sparen wollen, nun wieder auf die Nebenstraßen am Bodensee entlang ausweichen. Vor allem der Lindauer Stadtteil Zech und die Stadt Bregenz würden darunter leiden, sagt der Landrat. "Die Städte ersticken jetzt schon im Sommer im Verkehr."
Künftig müssen Autofahrer auf der Durchfahrt in die Schweiz mindestens die 10-Tages-Vignette für 8,30 Euro kaufen. Zwar könnten sie damit das gesamte österreichische Autobahnnetz nutzen, doch viele Verkehrsteilnehmer wollen das gar nicht, sagt Stegmann. "Das kommt mir vor, als wenn man ein Glas Milch trinken möchte und statt einem Beutel Milch gleich die ganze Kuh kaufen muss."
Maut: Ausnahme Kiefersfelden ist ebenfalls passé
Der Landrat hatte sich mit Unterstützung der bayerischen Staatsregierung für den Erhalt der Korridorvignette eingesetzt. Dass es mit der österreichischen Bundesregierung zu keinem Gespräch kam, ärgert ihn. "Das ist eine Stilfrage - so geht man mit Nachbarn nicht um." Stegmann bezeichnete die Asfinag gar als "staatlich lizenzierten Betrieb der Wegelagerei".
Widerstand regt sich auch im mehr als 200 Kilometer entfernten Kiefersfelden. Bisher können Autofahrer den kurzen Abschnitt der Inntalautobahn A12 nach der Grenze in die Tiroler Skigebiete am Wilden Kaiser oder in die Kitzbüheler Alpen getrost ohne Pickerl befahren. Wie ein Asfinag-Sprecher sagt, ist diese Strecke zwar nicht mautfrei. "Es wird lediglich bis Kufstein-Süd nicht kontrolliert." Mit dieser Ausnahmeregelung sei jedoch ab 1. Dezember - dem ersten Tag der Gültigkeit der Jahresvignette 2014 - Schluss.
Mautpflicht: Österreich will hart bleiben
Bürgermeister Rinner hofft, dass die Entscheidung noch nicht endgültig ist. Es liege auf der Hand, dass die Skifahrer auf die Landstraße ausweichen, wenn sie für ein paar Kilometer eine 10-Tages-Vignette kaufen müssen. Denn wer ohne gültige Vignette erwischt wird, zahlt 120 Euro Strafe. Nach Angaben Rinners wollen Abgeordnete aller Couleur noch versuchen, das Vorhaben der Österreicher zu stoppen, aber: "Inwieweit die Deutschen darauf Einfluss nehmen können, ist fraglich."
Österreich will hart bleiben. "Es gibt eine gesetzliche Grundlage", sagte die österreichische Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) vor wenigen Tagen am Rande eines Ministertreffens in Berchtesgaden. Im Zuge der Gleichbehandlung müssten auch die aus Bayern kommenden Autofahrer die Autobahngebühr zahlen. Skifahrer, die für einen Tag nach Tirol fahren wollen, müssen im nächsten Winter also ebenfalls mindestens eine 10-Tages-Vignette vorweisen können. Ab Dezember soll sie 8,50 Euro kosten. Bures hält den Preis für vertretbar: "Ich glaube, das ist in Kitzbühel nicht einmal ein Jagertee." dpa, lby