Startseite
Icon Pfeil nach unten
Panorama
Icon Pfeil nach unten

Nutzhanf: Cannabis ist nicht gleich Hanf

Nutzhanf

Cannabis ist nicht gleich Hanf

    • |
    Vor allem mit Cannabis wird im Landkreis gedealt.
    Vor allem mit Cannabis wird im Landkreis gedealt. Foto: Oliver Berg (dpa) Symbol

    Fast verpasst man die Abfahrt, so schmal ist die Straße, die zum Bauernhof von Berthold Weber bei Bad Waldsee im Kreis Ravensburg führt. Um den Hof herum sieht man vor allem eines: Äcker. Wie ein Gürtel umspannen sie die Gebäude - doch der Biobauer pflanzt darauf nicht nur Getreide und andere Feldfrüchte an. Mit Hanf hat er für sich eine Nische gefunden. Mit Drogen hat die allerdings nichts zu tun.

    Hanf in der Landwirtschaft

    Damit ist der 58-Jährige Teil einer kleinen Gruppe: Laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) haben im vergangenen Jahr gerade einmal 193 Bauern bundesweit sogenannten Nutzhanf ausgesät und geerntet. Im Jahr davor waren es 145 Betriebe. Zum Vergleich: Die Zahl der Landwirte insgesamt lag laut Bauernverband 2015 bei rund 637 000. 

    Dabei sei Hanf eine echte Wunderpflanze, sagt Weber. Die Wurzeln reichten tief in die Erde und versorgten die Pflanze mit Nährstoffen und Wasser. Bewässerung und Dünger braucht Hanf deshalb nicht. Noch dazu wächst er sehr schnell, in drei Monaten wird er bis zu drei Meter hoch. "Wenn der Boden gut ist, muss man den Hanf einfach aussäen und braucht dann erst zur Ernte wiederkommen", sagt Weber.

    Das negative Image von Cannabis

    Hanf sei nicht immer ein Exot unter den Nutzpflanzen gewesen, sagt Weber. Bis zum zweiten Weltkrieg sei er breitflächig angebaut worden. Taue, Kleidung, Papier - all das sei aus Hanffasern gefertigt worden. Doch dann wurde Cannabis immer mehr als Rauschmittel wahrgenommen, 1982 wurde sogar der Anbau von Nutzhanf verboten. Erst seit 1996 ist das in Deutschland wieder erlaubt - unter strengen Auflagen.

    Allerdings sind nur Sorten, die einen THC-Gehalt von 0,2 Prozent nicht überschreiten, zugelassen. THC steht für Tetrahydrocannabinol, den Bestandteil der Hanfpflanze, der einen Rausch bewirkt. Drogenhanf enthält mindestens acht Prozent THC. Weil der THC-Gehalt auch bei zugelassenen Sorten über den erlaubten Wert steigen kann, nehmen Prüfer während der Blüte zudem Stichproben von den Hanfplantagen der Bauern. "Wird der Grenzwert bei einer Hanfsorte in zwei aufeinanderfolgenden Jahren überschritten, wird diese nicht mehr zugelassen", sagt eine Sprecherin der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).

    Das Saatgut, das Weber auf seinen Feldern ausbringt, hat einen THC-Wert von 0,004 Prozent. "Da müsste man schon einen Hektar auf einmal wegrauchen, um ansatzweise was zu spüren", sagt der Landwirt. Trotzdem habe er schon mit Nachbarn zu kämpfen gehabt, die ihn als Drogenbauer verdächtigten. "Vor ein paar Jahren hatte ich mal die Polizei auf dem Hof, weil besorgte Eltern gemeldet hatten, dass ihre Kinder sich mit meinem Hanf zugekifft hätten." Mittlerweile ist die Nachfrage nach seinem Hanföl so groß, dass Weber den Anbau nicht mehr allein stemmen kann. Mit fünf weiteren Bauern bringt er das Saatgut jährlich auf einer Fläche von 70 bis 90 Hektar aus. In guten Jahren ernten sie pro Hektar eine Tonne Hanfsamen.

    Hanföl

    "Hanföl ist ein sehr hochwertiges Pflanzenöl, weil die für den menschlichen Körper wertvollen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren in einem idealen Mischungsverhältnis vorhanden sind", sagt die Agrarbiologin Annegret Übelhör von der Universität Hohenheim. "Außerdem wirkt es entzündungshemmend und ist reich an Antioxidantien." Die Fasern der Pflanze seien heute noch gefragt, etwa in der Automobilindustrie, sagt Übelhör. Weil es in Deutschland aber nur wenige Aufbereitungsanlagen gebe, sei die Fasernutzung für viele Landwirte unattraktiv geworden. So ist es auch bei Berthold Weber. "Momentan müsste ich sie nach Holland bringen. Das ist finanziell und ökologisch unsinnig." Statt die Halme zu ernten, arbeitet er sie als natürlichen Dünger wieder in den Boden ein.

    Zu Öl gepresst werden Webers Hanfsamen in der Ölmühle von Xaver Dopfer im bayerischen Kempten. Wer Dopfer dort besucht wird von einem nussigen Geruch empfangen. Bis zu fünf Tonnen Saatgut werden in Dopfers Mühle pro Tag zu Öl verarbeitet. Aus einem Kilo Hanfnüssen gewinnen die Pressen 250 Milliliter Hanföl.

    "Mehr kriegt man durch Kaltpressung nicht raus", sagt Dopfer. Der entölte Rest der Hanfsamen wird zu dünnen Pellets zusammengedrückt. Der größte Teil davon wandert in die Tiernahrung. Weil darin viel Protein enthalten ist, lässt der Ölmüller aus einem Teil aber auch Mehl herstellen, das als sogenanntes Hanfprotein auf den Markt kommt. "Der vegane Trend kommt uns da sehr entgegen." (dpa)

    Mit Cannabis gegen Krebs: Hype oder Hoffnung?

    Cannabis auf Rezept - Was Patienten wissen sollten

    Experte: Cannabis ist kein Wundermittel ohne Nebenwirkungen 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden