Deswegen hatte der Mann, der am 22. Juli 77 Menschen getötet hatte, einen Antrag auf Ende der Isolationshaft gestellt. Ohne Erfolg. Bis 19. September wird die Form der Haft noch andauern. Richter Hugo Abelseth begründete dies mit der Gefahr, dass über eine Kommunikation Behring Breiviks mit der Außenwelt Beweise verschwinden könnten.
Am Freitag hatte Brevik seine zweite Anhörung seit seiner Festnahme. Dabei bat er um das Ende der Isolationshaft, die eine "sadistische Foltermethode sei." Der Norweger war noch am Abend des Attentats auf der Insel Utøya festgenommen worden. Während er dabei 69 Teilnehmer eines Ferienlagers erschoss, hatte er auch zwei Mal mit der Polizei telefoniert und sich anschließend ohne Widerstand festnehmen lassen.
Wenige Stunden davor hatte der 32-Jährige im Regierungsviertel von Norwegens Hauptstadt Oslo eine Bombe gezündet. Acht Menschen starben. Als Motiv gab der 32-jährige Rechtsextremist seinen Kampf gegen Multikulturalismus und die "muslimische Invasion" an.
Angehörige auf der "Höllen-Insel" Utøya
Am Freitag besuchten die Familien der Opfer und die überlebenden Jugendlichen zum ersten Mal seit dem Massaker die Insel Utøya. "Die Familien sollten als erste herkommen - bevor irgendjemand außer der Polizei Utøya betreten hatte", sagt Per Brekke vom Direktorat für Gesellschaftssicherheit. Sie sollten Antworten auf ihre ungestellten Fragen finden, aber auch "verstehen, warum die Jugendlichen die Insel so geliebt haben". Die Angehörigen werden von der Polizei streng abgeschirmt. "Wir wollen ihnen ein Gefühl der Sicherheit geben, damit sie sich ganz auf ihre Trauer konzentrieren können", sagt Brekke.
Breivik selbst war vor einer Woche nochmal auf der Insel. Die Polizei wollte das Attentat mithilfe des 32-Jährigen rekonstruieren.
Die Polizei hat aufgeräumt auf Utøya, Patronenhülsen beseitigt, auch Blut. Die 69 Stellen, an denen die Leichen der Jugendlichen und Betreuer gefunden wurden, sind markiert. Jede Familie soll erfahren, wo genau ihre Tochter, ihr Sohn ums Leben kam. Mitarbeiter des Roten Kreuzes führen die Hinterbliebenen über die Insel, mit dabei sind Ärzte, Psychologen, christliche Priester und Imame.
"Konfrontieren mit der traurigen brutalen Wirklichkeit", nennt der Katastrophenpsychologe Lars Waiseth diese Trauerbewältigung. "Die Angehörigen hatten keine Chance, Auf Wiedersehen zu sagen und die letzte Ehre zu erweisen. So finden sie keine Ruhe." Egal wie traurig und unfassbar die Begegnung auf der Insel sei, "ein konkretes Bild zu haben, ist besser als quälende Ungewissheit". Viele Familien kämen aus Pflichtgefühl. Laut Waiseth helfen ihnen vor allem die Nähe zu den Toten und die Gemeinschaft mit anderen Hinterbliebenen.
Am Samstag treffen sich Überlebende des Massakers
Für einige Familien aber sei die Fahrt zur Insel noch zu früh. Auch ein Teil der überlebenden Jugendlichen habe abgelehnt. "Trauer kommt immer in Wellen", erklärt Waiseth - "und für jeden anders". Dass 50 der 69 Familien zugesagt hätten, zeige aber auch, dass die Begegnung nötig gewesen sei. Genau wie ein Treffen am Samstag mit einigen der Jugendlichen, die das Massaker auf der Insel überlebt haben. Viele der Jugendlichen seien von Schuldgefühlen geplagt, sagt der Psychologe. "Sie fühlen, sie haben nicht genug geholfen - oder schämen sich, weil sie sich hinter jemand Größerem versteckt haben."
Viele der Hinterbliebenen treffen sich nach der Fahrt auf die Insel in einem Hotel in der Nähe des Tyrifjord-Sees - dort, wo sie vor vier Wochen verzweifelt versuchten, ihre Angehörigen anzurufen und dann die Nachricht von deren Tod bekamen. Dass sie hier und auf dem Weg zur Insel so stark abgeschirmt werden, hat auch mit den Erfahrungen nach dem Attentat zu tun, als sich Dutzende Journalisten auf die Überlebenden gestürzt hatten. "Da werden noch viele Fragen kommen", sagt Brekke. Für Kritik an den Medien und am Einsatz der Polizei auf Utøya sei jetzt aber nicht die Zeit. "Jetzt geht es um die Menschen und ihre Trauer." dpa/afp