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Niederlande: Sterbehilfe für Demenzkranke: Zu krank, um sich den Tod zu wünschen

Niederlande

Sterbehilfe für Demenzkranke: Zu krank, um sich den Tod zu wünschen

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    In den Niederlanden ist aktive Sterbehilfe künftig auch bei Demenzkranken zulässig.
    In den Niederlanden ist aktive Sterbehilfe künftig auch bei Demenzkranken zulässig. Foto: Bernd Thissen, dpa

    Es ist eines dieser schwer erträglichen Schicksale, das den höchsten Gerichtshof der Niederlande am Dienstag zu einem wegweisenden Urteil zwang. Künftig darf das Leben eines Patienten auch dann mit aktiver Sterbehilfe beendet werden, wenn dieser an Demenz leidet und seinen eigenen Willen nicht mehr klar äußern kann. Voraussetzung ist allerdings eine Patientenverfügung aus der Zeit davor.

    Es geht um den Tod einer 74-Jährigen aus Den Haag, der 2016 von einer Ärztin des Pflegeheimes ein Medikament verabreicht wurde, um Euthanasie – so die offizielle Bezeichnung in den Niederlanden – zu verüben. „Ich möchte das gesetzliche Recht ausüben, mich zu euthanasieren, wenn ich glaube, dass die Zeit reif ist“, hatte die Frau in ihrer Verfügung geschrieben. Doch dann holte sie eine schwere Altersdemenz ein. Es habe Momente gegeben, in denen sie sterben wollte, schilderten die Angehörigen. Nur wenige Augenblicke später mochte sie davon nichts mehr wissen. Die Frau erkannte ihr eigenes Spiegelbild nicht mehr, war ängstlich, traurig und die meiste Zeit unruhig. Hinzu kamen Ausbrüche, bei denen sie sich selbst verletzte. Die behandelnde Ärztin nahm Kontakt mit den Angehörigen auf, befragte Pfleger, den Hausarzt und zwei weitere Fachmediziner, ehe sie den Tod einleitete. Sie selbst wurde daraufhin wegen Mordes angeklagt und erst vor kurzem aus der Haft entlassen.

    Die Frage ist: Was ist ein „vollendetes Leben“?

    Die Staatsanwaltschaft hatte den jetzigen Prozess angestrengt, um den Grundsatz klären zu lassen: Kann im Fall einer schweren Erkrankung darauf verzichtet werden, den ausdrücklichen und bewussten Willen eines Patienten einzuholen? Es ist ein wachsendes Problem, denn die Niederlande haben gemeinsam mit Belgien die liberalsten Sterbehilfe-Regelungen weltweit. Mit dem Verzicht auf den eigenen Willen, eine der Grundvoraussetzungen für die Genehmigung des Sterbehilfeantrags, wurde so etwas wie ein Tabubruch begangen, den die liberalen Demokraten sich im Wahlkampf auf die Fahnen geschrieben hatten. Sie wollten zunächst nur erreichen, dass „auch alte, aber gesunde Menschen Sterbehilfe beantragen können, wenn sie ihr Leben als vollendet betrachten“. Es führte zu einer neuen gesellschaftlichen Diskussion um die Frage, nach welchen Kriterien dem Wunsch nach dem eigenen Tod stattgegeben werden soll. Was ist ein „vollendetes Leben“?

    Die Zahl der Anträge auf Sterbehilfe in den Niederlanden ist deutlich gestiegen

    Bei einer Studie der Universität Utrecht stellte sich heraus, dass nur 0,18 Prozent der Befragten dies von sich sagen würden – bei den meisten gab es dagegen keineswegs einen permanenten Todeswunsch. Dennoch hat die Regierung eine Reform, die eine weitere Liberalisierung mit sich bringen könnte, bis Juni in Aussicht gestellt. Dabei geht es auch um den Umgang mit Demenzkranken.

    Die Zahl der Anträge auf Sterbehilfe ist in den Niederlanden deutlich gestiegen. Nach Angaben des Expertenzentrums für aktive Sterbehilfe in Den Haag gingen 2019 an jedem Arbeitstag 13 Anfragen ein.

    Lesen Sie auch: Recht auf Sterbehilfe: Das bedeutet das Urteil zum selbstbestimmten Tod

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