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Neue Staffel auf RTL: "Das Jenke-Experiment": Aufklärung oder Affentheater?

Neue Staffel auf RTL

"Das Jenke-Experiment": Aufklärung oder Affentheater?

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    Auch in der dritten Staffel begeht Jenke von Wilmsdorff (liegend) wieder Selbstversuche in Extremsituationen aus dem alltäglichen Leben.
    Auch in der dritten Staffel begeht Jenke von Wilmsdorff (liegend) wieder Selbstversuche in Extremsituationen aus dem alltäglichen Leben. Foto: Frank Fastner (RTL)

    Jenke von Wilmsdorff steht am Kiosk-Tresen und pöbelt einen wildfremden Menschen an. Grundlos.

    Der Mann hinter der Kasse hat keine Zeitungen im Sortiment. Von Wilmsdorff genügt das als Anlass, um einen Zwist vom Zaun zu brechen. Ehe dieser eskaliert, löst der Streitsuchende auf: Der Disput ist eine Sequenz des RTL-Formats "Das Jenke-Experiment".

    Haupt- und Selbstdarsteller Jenke von Wilmsdorff widmet sich in der Serie einem Selbstversuch.

    Jenke-Experimente als Alkoholiker, Schwangere und Hart-IV-Empfänger

    Das Format: Der 49-jährige Reporter, gelernter Schauspieler, begibt sich mit dem Ziel, den Zuschauern die Augen zu öffnen, in überspitzte Alltag-Situationen.

    Dabei hat sich vom Wilmsdorff bereits bis ins Nirvana gesoffen und gekifft, Wehen einer Schwangeren simuliert und ein Leben als Hartz-IV-Empfänger "genossen". Die Themen für die Sendungen schlagen die RTL-Zuschauer vor.

    Zum Auftakt der dritten Staffel lautet das Thema "Stress".  "Ich möchte herausfinden, was uns stresst und warum", beginnt von Wilmsdorff die Episode, die ihn an den Rand des Wahnsinns treiben soll.

    Tägliche Zusatzaufgaben erhöhen das Stresslevel

    Dazu geht der Reporter fünf Tage lang einmal mehr dahin, wo es weh tut. Er provoziert nicht nur den Streit mit dem Kioskkassier, sondern fährt Pizza aus, pflegt einen Säugling und schreibt handschriftlich Aufsätze von Immanuel Kant ab.

    Tägliche "Zusatzaufgaben“, wie das Aufbauen eines Kinderbettes oder das Lernen für die Führerschein-Prüfung, steigern unnötig das „Stresslevel“. Zu allem Überfluss und wirkt das Abgewöhnen des Rauchens als Stressebeschleuniger.

    Während des Experiments ist von Wilmsdorff an ein Dauer-EKG angeschlossen, das seine Stresswahrnehmungen aufzeichnet. Am Ende der „Testwoche“ wird ein Experte feststellen, dass der Darsteller biologisch zwischenzeitlich um zwölf Jahre gealtert ist.

    „Ich schäme mich für mein Verhalten“, kommentiert von Wilmsdorffs Stimme aus dem Hintergrund den konstruierten Disput am Kiosk: „Der Mann muss mich zu Recht für ein komplettes Arschloch halten, das stresst mich!"

    Am Rande des Wahnsinns und an der Grenze zum Grotesken

    Ob Multitasking, Wertekonflikte oder Über- sowie Unterforderung: Auch in der dritten Staffel überzeichnet „das Jenke-Experiment“ die alltägliche Reizüberflutung des Otto-Normal-Gestressten ins Unendliche. Von Wilmsdorff spielt sich selbst am Rande des Wahnsinns. Und an der Grenze zum Grotesken.

    So hält beispielsweise die computeranimierte Puppe „Stressica“ den Reporter eine Nacht lang wach. „Das habe ich den Menschen im Umfeld gesagt: Wenn ihr mich stressen wollt, dann müsst ihr mir den Schlaf rauben“, sagt vom Wilmsdorff im Interview mit dem Stern.

    Der Verzicht auf Schlaf sei dabei aber nicht das größte Problem gewesen: „Jedes einzelne Experiment ist für mich körperlich und psychisch Schwerstarbeit. Das ist immer eine intensive Auseinandersetzung.“

    Jenke von Wilmsdorff: "Meine persönlichen Grenzen spielen keine Rolle"

    Eine Auseinandersetzung auf der selbsternannten Aufklärungsmission für die Zuschauer. Wie immer bei „Jenkes Experimenten“ glänzt der Protagonist über weite Strecken als Selbstdarsteller.

    "Meine persönlichen Grenzen spielen gar keine Rolle. Alles was mir widerfährt, durchlebe ich für den Zuschauer“, sagt von Wilmsdorff. Dass das Alphatier mehr an einer Aufklärung, als an seiner Inszenierung interessiert ist, glaubt der magere Anteil von 2,96 Millionen TV-Zuschauern nicht.

    Und doch sind die Inszenierungen authentisch, wenn auch größtenteils unrealistisch.

    RTL versucht das Format abwechslungsreich zu gestalten. Zwischen die Phasen von „Jenkes Selbstversuch“ drängeln sich Sequenzen, in denen sich der TV-Reporter mit „echten“ Stressopfern, wie beispielsweise dem Ex-Weltklasse-Skispringer und Burn-Out-Patient Sven Hannawald, austauscht.

    Ausgebildete Stresstherapeutin gibt Tipps

    An der Grenze zur Lächerlichkeit marschiert von Wilmsdorff, als er einen zwölfjährigen Schüler davon berichten lässt, wie „urgestresst von der Schule“ dieser schon in diesem Alter sei. Untermalt werden die subjektiven Wahrnehmungen „Jenkes“ von einer Psycho- und ausgebildeten Stresstherapeutin, die verwertbare Tipps für den Otto-Normal-Gestressten liefert.

    Allein die Essenz des Selbstversuchs versandet in der Überspitzung der alltäglichen Reizüberflutung.

    Das Burnout, als Resultat von andauerndem Stress, die Volkskrankheit Nummer eins, soll ergründet werden. Innerhalb von sechs Tagen lässt sich das nicht simulieren.

    Fraglich, ob vom Wilmsdorff diese Grenze jemals freiwillig überschreiten möchte.

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