Der erfolgreiche Verleger Lord Weidenfeld ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Er hatte ein beeindruckendes Leben. Als 19-Jähriger flüchtete der gebürtige Wiener vor dem NS-Regime nach London. Später gründete er den Verlag Weidenfeld & Nicolson. In diesem veröffentlichte er Bücher von Persönlichkeiten wie Papst Johannes Paul II. und Johnny Cash. Noch mit 95 Jahren stellte der unermüdliche Sir George Weidenfeld eine Rettungsmission für christliche Familien im Irak und in Syrien auf die Beine. Mit seiner finanziellen Hilfe sollten sie vor dem IS-Terror nach Europa in Sicherheit gebracht werden.
Am Mittwoch ist Lord Weidenfeld im Alter von 96 Jahren gestorben, wie die Axel Springer SE mitteilte. Der österreichisch-britische Verleger und Diplomat hinterlässt seine vierte Frau Annabelle Whitestone und eine Tochter aus erster Ehe.
Weidenfeld kam am 13. September 1919 zur Welt, seine Jugendjahre im bürgerlichen Wien prägten ihn. Nach dem "Anschluss" Österreichs an Nazi-Deutschland wurde Weidenfelds Vater von der SA verhaftet. Der spätere österreichische Bundespräsident Kurt Waldheim half ihm noch, sich für die Prüfungen an der Diplomatischen Akademie in Wien vorzubereiten. Währenddessen habe seine Mutter bei der britischen Botschaft geweint und gefleht, um ein Visum für den Sohn zu bekommen.
Lord Weidenfeld floh vor dem NS-Regime
Am 8. August 1938 kam Arthur George Weidenfeld schließlich in London an. "Mein Gastvater las in der "Times" ein Inserat der BBC, die für einen neuen Propagandadienst Kandidaten mit Fremdsprachenkenntnissen suchte", erzählte er 2015 dem "Zeit-Magazin". Der Beginn einer steilen Karriere.
Bereits 1942 wurde Weidenfeld politischer Kommentator der BBC für europäische Angelegenheiten. Sechs Jahre später gründete er den Verlag Weidenfeld & Nicolson mit Nigel Nicolson, dem Sohn der Autorin Vita Sackville-West. 2009 feierte der Verlag sein 60-jähriges Bestehen.
Der Durchbruch für den jungen Verlag kam in den 1950er Jahren mit Vladimir Nabokovs "Lolita". Weidenfeld schrammte damals haarscharf an einer Strafverfolgung wegen Pornografie vorbei, nannte es aber noch 2014 seinen größten Coup. In einem Interview mit der "Welt", für die er auch jahrelang schrieb, blickte er zurück: "Das war damals eine Riesenaffäre, die mich hätte Kopf und Kragen kosten können."
Lord Weidenfeld brachte Menschen zusammen und überredete sie, die Bücher zu schreiben, die in ihnen steckten. "Ich war ein Beeinflusser", beschrieb er sich selbst in einem Gespräch mit der "Welt". Weidenfeld & Nicolson verlegte die Bücher so unterschiedlicher Menschen wie Papst Johannes Paul II. und Johnny Cash.
Johnny Cash und Papst Johannes Paul II.: Von ihnen verlegte Weidenfeld Bücher
Mitte der 1990er gründete Weidenfeld den "Club of Three", der führende Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Presse und Wissenschaft zusammenbrachte, um über europäische Themen zu sprechen und das gegenseitige Verständnis zu fördern. 2006 ging daraus das Londoner Institut für strategischen Dialog hervor, das sich unter anderem gegen Extremismus engagiert.
1969 erhob die britische Königin ihn in den Adelsstand, 1976 machte sie ihn zum "Baron Weidenfeld of Chelsea in the County of Greater London". Schließlich wurde er 2011 mit der höchsten Ehrung des Order of the British Empire ausgezeichnet, dem Knights Grand Cross.
An Rockstar Mick Jagger jedoch biss sich der Verleger für ein Buch die Zähne aus: "Der Mann war nie da, wenn man ihn brauchte", erzählte er der "Welt". Der Vertrag war endlich unterschrieben, da verkrachte sich der Rockstar den Angaben nach mit seinem Ghostwriter.
2011 wurde Lord Weidenfeld mit dem Order of the British Empire ausgezeichnet
Viermal war Weidenfeld verheiratet, die ersten drei Ehen gingen in die Brüche. Dem "Zeit-Magazin" vertraute er 2015 an: "Mit Annabelle Whitestone bin ich seit 21 Jahren verheiratet, sie hat mir den Glauben zurückgegeben, ein guter Ehemann sein zu können." dpa