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Nach Amoklauf: US-Waffenlobby: Lieber mehr Bewaffnete als strengere Regeln

Nach Amoklauf

US-Waffenlobby: Lieber mehr Bewaffnete als strengere Regeln

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    Protestplakat gegen die US-Waffenlobby: «Der einzige Weg, einen schlechten Typen mit einer Kanone zu stoppen, ist ein guter Typ mit einer Kanone», meint NRA-Vizechef Wayne LaPierr.
    Protestplakat gegen die US-Waffenlobby: «Der einzige Weg, einen schlechten Typen mit einer Kanone zu stoppen, ist ein guter Typ mit einer Kanone», meint NRA-Vizechef Wayne LaPierr. Foto: Michael Reynolds, dpa

    Die Waffenlobby in den USA geht weiter auf Konfrontationskurs zu Präsident Barack Obama, der nach dem Schulmassaker von Newtown die Waffengesetze verschärfen will. Nicht die Waffen sind das Problem, sondern die Schützen, sagen die Lobbyisten - und fordern mehr Bewaffnete, um die bösen Typen in Schach zu halten.

    Waffenlobby: Waffenbesitzer keine potenziellen Killer

    Man werde jede Einschränkung des Rechts auf das Tragen einer Waffe bekämpfen, argumentierte NRA-Präsident David Keene im Sender CBS. Dabei zielte er auch auf Menschen mit psychischen Problemen. "Ich sage nicht, dass jeder in psychischer Behandlung ein potenzieller Killer ist. Ich sage nicht, dass jeder, der Videos guckt, ein potenzieller Killer ist. Das stimmt nicht. Aber genauso wenig stimmt, dass jeder, der eine Waffe besitzt, ein potenzieller Killer ist."

    USA: Recht auf Besitz und Tragen von Waffen garantiert

    Chronologie: Amokläufe in Schulen

    Dezember 2012 - 27 Tote: Ein Amokläufer erschießt an einer Grundschule in Newtown 20 Kinder, sechs Erwachsene und richtet sich anschließend selbst. Unter den Toten ist seine Mutter. Die meisten Opfer waren erst zwischen fünf und zehn Jahre alt.

    April 2012 - 7 Tote: An einem christlichen Privatcollege in Oakland (US-Staat Kalifornien) erschießt ein ehemaliger Student sieben Menschen. Dann stellt er sich der Polizei. Grund für die Tat: Wut auf seine Mitschüler und eine Angestellte.

    April 2011 - 13 Tote: In der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro ermordet ein offenbar geistig verwirrter 23-Jähriger zwölf Schüler und tötet sich dann selbst. Für seine Beerdigung hat er zuvor genaue Anweisungen verfasst.

    März 2010 - 8 Tote: Ein ehemaliger Arzt ersticht acht Kinder an einer chinesischen Grundschule in der Provinz Fujian. Der psychisch gestörte Mann hatte zuvor seinen Arbeitsplatz verloren.

    März 2009 - 16 Tote: In seiner früheren Realschule in Winnenden bei Stuttgart und auf der Flucht erschießt ein 17-Jähriger 15 Menschen und sich selbst. Die Waffe hat er seinem Vater entwendet, einem Sportschützen.

    September 2008 - 11 Tote: Ein Amokläufer stürmt in der westfinnischen Kleinstadt Kauhajoki in eine Berufsschule. Er tötet neun Mitschüler sowie einen Lehrer. Danach legt der 22-jährige Waffennarr Feuer und erschießt sich. Er hatte die Tat im Internet angekündigt.

    November 2007 - 9 Tote: Ein 18 Jahre alter Abiturient erschießt in einem Schulzentrum der finnischen Ortschaft Tuusula sechs Mitschüler, eine Krankenschwester und die Schulleiterin. Dann tötet er sich mit einem Kopfschuss.

    21. März 2005 - 10 Tote: In einem Indianerreservat im US-Bundesstaat Minnesota tötet ein 16-Jähriger an seiner High School fünf Schüler, eine Lehrerin und einen Sicherheitsbeamten. Dann bringt er sich selbst um. Zuvor hatte er seinen Großvater und dessen Lebensgefährtin erschossen. Der Täter hatte Kontakte zur Neonazi-Szene.

    26. April 2002 - 17 Tote: Am Erfurter Gutenberg-Gymnasium richtet ein 19-Jähriger ein Blutbad an. Er erschießt zwölf Lehrer, zwei Schüler, die Sekretärin und einen Polizisten. Dann tötet sich der Amokläufer selbst. Er war der Schule verwiesen worden.

    20. April 1999 - 15 Tote: In der Columbine High School in Littleton (US-Staat Colorado) töten zwei mit Gewehren bewaffnete US-Schüler im Alter von 17 und 18 Jahren zwölf ihrer Mitschüler und einen Lehrer. Dann erschießen sie sich selbst. Nach dem Blutbad entdeckt die Polizei mehr als 30 Bomben, mit denen offenbar das Schulgebäude gesprengt werden sollte.

    13. März 1996 - 18 Tote: Offenbar aus Rache für seine Ausgrenzung als Jugendbetreuer richtet ein 43 Jahre alter Arbeitsloser in einer Grundschule im schottischen Dunblane ein Massaker an. Er erschießt 16 Kinder im Alter von fünf bis sechs Jahren sowie ihre Lehrerin in der Turnhalle. Dann tötet er sich selbst.

    NRA-Vize Wayne LaPierre kritisierte auch die von Obama zur Waffengewalt eingesetzte Taskforce unter Leitung von US-Vizepräsident Joe Biden. "Wenn das eine Kommission ist, die nur aus einem Haufen Leuten zusammengesetzt wird, die schon in den letzten 20 Jahren versucht haben, den zweiten Zusatzartikel (zur Verfassung) zu zerstören, bin ich nicht daran interessiert, in dieser Kommission zu sitzen", sagte er dem Sender NBC. Im zweiten Zusatzartikel wird den Amerikanern das Recht auf Besitz und Tragen von Waffen garantiert.

    Waffen und Waffenrecht in den USA

    In den USA sind mehr Waffen in Privatbesitz als in jedem anderen Land der Welt - Statistiker gehen von rund 270 Millionen aus (Stand 2007).

    Mehr als 40 Prozent aller US-Haushalte besaßen einer repräsentativen Umfrage des Gallup-Instituts zufolge im vorigen Jahr eine Schusswaffe.

    Etwa 30.000 Menschen jährlich sterben in den USA wegen des Gebrauchs dieser Waffen - die Hälfte von ihnen begeht Selbstmord.

    Die Zahl der mit Pistolen verübten Morde liegt bei 10.000 bis 12.000 pro Jahr.

    Dennoch sprachen sich bei einer Befragung 2010 nur 44 Prozent der US-Bürger dafür aus, die Waffengesetze zu verschärfen. 54 Prozent waren dafür, sie unangetastet zu lassen oder sogar abzumildern.

    Mehr als zwei Drittel sind gegen ein Gesetz, das den privaten Besitz von Feuerwaffen verbietet.

    Auch beim Ex- und Import von Klein- und Leichtwaffen lagen die USA nach Angaben des unabhängigen Genfer Forschungsprojekts Small Arms Survey 2009 weltweit an der Spitze.

    Das Recht auf Waffen wurde vor mehr als 220 Jahren im zweiten Zusatzartikel zur Verfassung verbrieft: «Da eine gut organisierte Miliz für die Sicherheit eines freien Staates erforderlich ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden», heißt es dort.

    Das US-Waffenrecht ist von Bundesstaat zu Bundesstaat verschieden. Entwickelt hat sich ein Durcheinander von mehr als 20.000 nationalen, einzelstaatlichen und kommunalen Vorschriften.

    Auch ein Verkaufsverbot der von Obama besonders ins Visier genommenen Sturmgewehre und Schnellfeuerwaffen mit großen Magazinen an Privatpersonen lehnt die NRA ab. "Es wird nicht helfen. Es hat nicht geholfen", sagte LaPierre mit Hinweis auf ein bereits zwischen 1994 und 2004 bestehendes Verbot, das unter US-Präsident George W. Bush ausgelaufen und nicht verlängert worden war. "Ich halte das für ein falsches Stück Gesetzgebung, und aus diesem Grund glaube ich nicht, dass es durchkommen wird: Es ist nur auf Lügen aufgebaut, die bereits aufgedeckt sind."

    LaPierre hatte am Freitag mit seiner Forderung weltweit für Empörung gesorgt, als Konsequenz aus dem Schulmassaker in Connecticut mit 26 Opfern landesweit bewaffnete Wächter in Grundschulen einzusetzen. Am Sonntag wiederholte er die Forderung. "Wenn es verrückt ist, nach der Polizei zur Sicherung der Schulen zu rufen, um unsere Kinder zu schützen, dann nennen Sie mich verrückt. Ich denke, dass die Amerikaner es verrückt finden, es nicht zu tun."  dpa

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