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Interview: Musiker Wolfgang Ambros: Ich hatte Prostatakrebs, das ist kein Spaß

Interview

Musiker Wolfgang Ambros: Ich hatte Prostatakrebs, das ist kein Spaß

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    Der österreichische Liedermacher Wolfgang Ambros  hat mit seinen teils makaberen und provokanten Songs auch im Ausland Erfolge gefeiert.
    Der österreichische Liedermacher Wolfgang Ambros hat mit seinen teils makaberen und provokanten Songs auch im Ausland Erfolge gefeiert. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Es ist vormittags, elf Uhr. Wolfgang Ambros sitzt in seinem Büro in Waidring auf der Steinplatte (er lebt seit 2010 in Tirol) und hat offenbar an diesem Tag noch nicht viel gesprochen. Seine Stimme klingt noch abgewetzter als sonst. Bei der nachträglichen Gratulation zum 60. Geburtstag winkt Ambros ab, als wolle er nicht mehr daran erinnert werden: „Ach Gott, des war Wahnsinn, so etwas habe ich noch nie erlebt.“

    Herr Ambros, was war so schlimm an diesem Geburtstag, dass Sie sich gar nicht mehr daran erinnern wollen?

    Ambros: Ich hab’ extra ein Konzert auf diesen Termin gelegt – und zwar weit weg von daheim. Aber trotzdem san sie alle dahergekommen und alle haben gewusst, dass ich Geburtstag habe. Am nächsten Tag ist bei mir daheim plötzlich die örtliche Musikkapelle aufgetreten, der Gemeinderat war da – oiso, es war Irrsinn! Zum Schluss hab’ ich 30 Leute im Haus gehabt, die mir den ganzen Wein weggesoffen haben. Ich war schon sehr froh, als es vorbei war.

    Fällt einem das Komponieren eigentlich im Laufe des Lebens schwerer?

    Ambros: Wenn Sie jetzt ansprechen, dass ich sechs Jahre lang keine neue Platte herausgebracht habe, dann muss ich dazu sagen: Wissen S’, so eine CD ist ein Haufen Arbeit, der Lohn wird aber immer geringer. Die Verkäufe gehen zurück. (Er wechselt komplett in den Dialekt.) Des is heit a zaache Partie. Aber die von der Plattenfirma kamen auf mich zu und sagten: Ah geh, Wolferl, du hast doch sicher deine Schublade voller Lieder. Das entsprach der Wahrheit. Sie sagten, es wäre Zeit, anlässlich dieses runden Geburtstages eine Platte zu machen. Und dann haben wir sie gemacht – so wie es mir einigermaßen passte.

    Wie meinen Sie das?

    Ambros: Na, ich musste nicht wochenlang ins Studio, sondern wir spielten die Gesänge und Gitarren bei mir daheim in Waidring ein, wo ich nebenbei eine Kleinkunstbühne betreibe, die mir viel Freude macht.

    Und wie verkauft sich das Album?

    Ambros: Ich glaube ganz gut. In Österreich stehen wir vor Gold.

    Sie singen auf Ihrer CD von einer schweren Krankheit.

    Ambros: Sie meinen meine Krebserkrankung. Also, das war ja schon vor sieben Jahren. Ich hatte Prostatakrebs. Das ist kein Spaß, wenn einem diese Diagnose gestellt wird. Heute, sagen mir die Ärzte, ist der Krebs geheilt.

    Gott sei Dank! Sie haben eine junge Frau ...

    Ambros: ... und mittlerweile zwei Kinder, Zwillinge, die auch schon wieder zwei Jahre alt sind. Aber ich sag’s Ihnen, die Angst bleibt.

    Der Zentralfriedhof ist nach wie vor einer Ihrer größten Hits. Würden Sie es genauso wieder aufnehmen?

    Ambros: Ja freilich.

    Sie haben sich also früh im Leben mit dem Friedhof beschäftigt. Haben Sie dazu eine besondere Beziehung?

    Ambros: Na, ich geh’ nur auf Friedhöfe, wenn ich muss.

    Und wie kam es zum Lied „Zentralfriedhof“?

    Ambros: Sie kennen die Geschichte nicht?

    Nein.

    Ambros: Also. Der Joesi Prokopetz hat damals diesen Text für mich geschrieben. Es muss im November 1974 gewesen sein. Da rief er mich an und sagte, er käme aus Simmering, wo der Zentralfriedhof liegt. Wahrscheinlich war er wieder bei irgendeiner Oidn. Jedenfalls fuhr er mit der Straßenbahn an einem Plakat vorbei. Da stand drauf: Feier zu „100 Jahren Zentralfriedhof“. Da hat sich der Joesi gedacht, ein Friedhof feiert Geburtstag – wie makaber! Er sagte mir die ersten Textzeilen am Telefon durch, ich komponierte. In sechs Stunden war der Titel fertig.

    Sind Sie religiös?

    Ambros: Nicht im Sinn der katholischen Kirche. Aber ich bin ein Christ und glaube an Gott den Allmächtigen.

    Wie, glauben Sie denn, schaut das Jenseits aus?

    Ambros: Man hört von Leuten mit Grenzerfahrung, die vom weißen Licht erzählen. Aber ich weiß es nicht.

    Glauben Sie, dass nach dem Tod zwischen guten und schlechten Menschen sortiert wird? Und was passiert dann mit einem Investmentbanker?

    Ambros: Es wird nix passieren mit ihm. Denn ich glaube nicht an den Himmel und nicht an die Hölle. Nach dem Tod werden wir jedenfalls keine Menschen mehr sein. Und das, was der Mensch auf Erden Gutes getan oder verbrochen hat, wird keine Rolle mehr spielen. Geh’n S’ mir mit dem Paradies: Tot ist tot.

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